Lassen sich Punkte, Bußgeld oder ein Fahrverbot verhindern?

Augenblicksversagen: Wie man ein Fahrverbot umgeht

Nur einmal über die rote Ampel gefahren oder die zulässige Geschwindigkeit überschritten, schon erhält man einen Geldstrafe gemäß Bußgeldkatalog samt Fahrverbot. Doch möglicherweise lässt sich die Strafe abmildern. Nämlich dann, wenn es sich beim Verstoß gegen die Verkehrsregeln um Augenblicksversagen gehandelt hat.

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Einspruch wegen Augenblicksversagens

Wer mit dem Handy in der Hand fährt, hat keine Chance auf Augenblicksversagen.

Um ein Augenblicksversagen geltend zu machen, ist ein Einspruch gegen den ergangenen Bußgeldbescheid nötig. Dieser muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids eingelegt werden, dann landet der Fall vor Gericht. Dort sollte man sich unbedingt von einem Verkehrsrechtsanwalt vertreten lassen, um die Chancen auf ein positives Urteil zu maximieren.

Wann liegt ein Augenblicksversagen vor?

Nach einer Entscheidung des OLG (Oberlandesgericht) Hamm muss es sich beim Augenblicksversagen um ein „sehr kurzfristiges Fehlverhalten bzw. Außerachtlassen der unter gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt“ handeln. Das heißt konkret, dass dem Verstoß nur ein kurzer Moment zugrunde liegen darf und im übrigen Verhalten eine Sorgfalt erkennbar sein muss. Außerdem verweist die Formulierung „unter gegebenen Umständen“ darauf, dass Augenblicksversagen immer fallbezogen zu entscheiden ist.

Um mit seinem Einspruch Erfolg zu haben, muss man also im speziellen Fall das Augenblicksversagen begründen. Hierbei ist vor allem wichtig, dass externe Faktoren zur Verletzung der Sorgfaltspflicht im Straßenverkehr geführt haben. Bloße Unachtsamkeit genügt nicht als Begründung. Auch darf es sich um kein langanhaltendes Vergehen gegen die StVO (Straßenverkehrsordnung) handeln – zum Beispiel bei längerer Nicht-Einhaltung des Mindestabstands oder Fahren entgegen der Fahrtrichtung. Schlussendlich darf man auch nicht durch fahrlässige Handlungen selbst Schuld am Augenblicksversagen sein – etwa wenn man während der Fahrt telefoniert.

Typische Fälle von Augenblicksversagen

Im Folgenden sind einige Fälle gelistet, in denen zugunsten des Verkehrssünders auf Augenblicksversagen entschieden wurde.

  • Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts kurz nach einem Ortseingangsschild, das fehlerhaft aufgestellt war. Außerdem war nicht erkennbar, dass es sich um eine geschlossene Ortschaft handelte.
  • Im Falle einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn, bei der man mit weniger als 120 km/h gefahren ist, es waren allerdings für eine kurze Teilstrecke nur 80 km/h erlaubt.
  • Bei einem Rotlichtverstoß, bei dem der Fahrer seinen Fehler sofort erkannte und anhielt, ohne eine Verkehrsbehinderung darzustellen.
  • Bei einem Rotlichtverstoß, als der Wagen wegen Glatteis nicht rechtzeitig zum Stehen kam, aber ein Bremsvorgang klar erkennbar war.
  • Wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoß, bei dem der Fahrer nach mehrminütigem Warten über die rote Ampel fuhr, weil er glaubte, sie wäre defekt.

Keinen Erfolg hatten Einsprüche, bei denen die Fahrer zum Beispiel mit ihren Mitinsassen stritten, mit den Gedanken woanders waren oder durch Sonneneinstrahlung geblendet wurden. Auch eine Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 50 km/h in einer 30 km/h-Zone wurde nicht als Augenblicksversagen gewertet.

Wichtig: Auch wenn das Gericht zugunsten des Verkehrssünders auf Augenblicksversagen entscheidet, entfällt die Strafe nicht komplett. Es kann lediglich ein Fahrverbot umgangen werden. Eine Verringerung von Bußgeldern oder Punkten in Flensburg ist möglich, aber seltener.

Unfall durch Augenblicksversagen – Wer zahlt den Schaden?

Nicht nur für die eigene Strafe ist die Anerkennung des Augenblicksversagens von großer Bedeutung. Baut man beispielsweise einen Unfall durch seine Unachtsamkeit, weigert sich die Versicherung häufig zu zahlen – insbesondere dann, wenn Fahrlässigkeit vorlag. Entscheidet das Gericht jedoch auf Augenblicksversagen, muss die Versicherung den Schaden ersetzen.

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