In den vergangenen Jahren gab es auf der Bundesstraße 6 zwischen Hildesheim und Hannover immer wieder Testläufe für einen neuartigen stationären Blitzer: die Section Control oder Abschnittskontrolle. Dabei handelt es sich um ein System zur Kontrolle des Tempolimits im Straßenverkehr, bei dem nicht die punktuelle Geschwindigkeit entscheidend ist, sondern die Durchschnittsgeschwindigkeit.
In der Schweiz, in Österreich, Italien, Polen, Großbritannien und den Niederlanden wird die Abschnittsmessung schon länger erfolgreich eingesetzt. Hierzulande verhinderte ein Rechtsstreit den dauerhaften Probebetrieb der Abschnittskontrolle in Niedersachsen. Doch mit Beilegung des Rechtsstreits Mitte 2020 wurde die Messung mit Section Control für zulässig erklärt und der Probebetrieb auf der B6 wieder aufgenommen. Möglicherweise entscheiden sich zukünftig auch andere Bundesländer für den Einsatz von Abschnittsmessungen.
Bei einem Blitzer in der Abschnittskontrolle, drohen die üblichen Geldbußen und Sanktionen gemäß Bußgeldkatalog, die für Tempoverstöße innerorts und außerorts vorgesehen sind.
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Zum Blitzer-CheckMit der Abschnittskontrolle oder Section Control wird die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs nicht wie beim klassischen Blitzer zu einem bestimmten Zeitpunkt erfasst, sondern die Geschwindigkeitsmessung findet an mehreren Stellen auf einem Streckenabschnitt statt. Die ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit entscheidet dann darüber, ob ein Bußgeldbescheid droht.
Die Abschnittskontrolle wird umgangssprachlich auch als Streckenradar bezeichnet. Allerdings beruht die Section-Control-Funktionsweise nicht auf Radartechnik: Ein Trigger unter einer Messbrücke zu Beginn eines Streckenabschnitts registriert zunächst das Fahrzeug. Woraufhin eine Kamera verdachtsunabhängig ein Bild das Fahrzeughecks mit Zeitstempel anfertigt. Ist der Streckenabschnitt zu Ende, fährt das Kfz erneut durch eine Messbrücke. Dabei errechnet das Section-Control-System aus der für die Strecke benötigten Zeit die Kfz-Durchschnittsgeschwindigkeit. Liegt diese höher als die zulässige Höchstgeschwindigkeit, löst die Kamera erneut aus. Wie bei anderen Blitzern auch, wird schließlich ein Frontfoto des Kfz aufgenommen, sodass Fahrer und Kennzeichnen zu sehen sind. Anschließend werden die verschlüsselten Daten automatisch an die zuständige Behörde weitergeleitet und den Fahrer erwartet ein Bußgeldbescheid. Die Daten der Fahrzeuge, die sich ans Tempolimit gehalten haben, löscht das System sofort.
Mittels automatischer Nummernschilderkennung kann das System den Fahrzeughalter identifizieren. Auch individuelle Fahrzeugmerkmale (Pkw oder Lkw, mit oder ohne Anhänger und ähnliches) erfasst das Section-Control-System für die Berücksichtigung jeweiliger Höchstgeschwindigkeiten. Zur Fahrzeugerkennung sind auf jedem Fahrstreifen eine Kamera und ein Radarsensor im Einsatz. Somit kann die Section Control ein Motorrad auch problemlos erkennen.
Ein Beispiel: Für das Durchfahren eines zwei Kilometer langen Kontrollbereichs benötigt ein Auto 60 Sekunden. Daraus berechnet sich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 120 km/h. Wenn das Tempolimit für diese Strecke auf 80 km/h begrenzt ist, hat der Fahrer gegen die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verstoßen. Mithilfe der Fotos, die die Kameras am Anfang und Ende der Kontrollstrecke aufgenommen haben, werden Fahrzeug und Fahrer identifiziert, und die ermittelten Daten weitergeleitet.
Ein klarer Vorteil, der sich für Verkehrsteilnehmer mit dem Section-Control-Blitzer ergeben dürfte, ist, dass nicht punktuell geblitzt wird. Auf diese Weise bestraft die Polizei keine kurzzeitigen Beschleunigungen, sondern nur länger andauernde Geschwindigkeitsüberschreitungen. Diese Form der Tempoerfassung erscheint vielen Fahrern als fair.
Zudem spielen auch einzelne Messfehler keine so große Rolle. Während einer Abschnittskontrolle erfasst das System mehrere voneinander unabhängige Messungen, die einen Durchschnittswert ergeben. Misst zum Beispiel eine Radarfalle nach einem Blitzer eine falsche Geschwindigkeit, ist die ganze Messung wertlos.
Bisherige Section-Control-Testläufe in Niedersachen deuten auf eine geringe Fehlerquote hin. So konnte das System auch bei schlechten Witterungsverhältnissen oder Dunkelheit die meisten Fahrzeuge identifizieren.
Hinweisschilder müssen eine Abschnittskontrolle anzeigen. Dies führt dazu, dass ein Großteil der Fahrer tatsächlich über eine längere Strecke hinweg vorsichtig fährt, was eine Verkehrsberuhigung zur Folge hat. Oft setzt die Polizei Section Control daher an Orten ein, an denen ein hohes Unfallrisiko besteht, wie zum Beispiel an Baustellen, auf Autobahnen, in Hanglagen oder in Tunnel.
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Zum Blitzer-CheckManch einer mag es als einen Nachteil der Abschnittskontrollmessung betrachten, dass Tempoverstöße laut Verkehrsrecht generell eine Ordnungswidrigkeit darstellen – die Dauer des Verstoßes ist dabei unbedeutend. Die Abschnittskontrolle registriert aber keine kurzzeitigen Geschwindigkeitsübertretungen, sondern ermittelt lediglich einen Durchschnittswert. Den Fahrer erwartet bei der Messung mit Section Control eine Strafe gemäß Bußgeldkatalog demnach nur, wenn er tatsächlich über einen längeren Streckenabschnitt zu schnell gefahren ist.
Wurde man bei einer Abschnittskontrolle geblitzt und man vermutet einen Messfehler, kann es sich lohnen, gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen. Wenn nachgewiesen wird, dass innerhalb einer Kontrollreihe eine einzelne Messung falsch ist, gilt die gesamte Abschnittskontrolle als hinfällig. Für den betroffenen Kfz-Fahrer bedeutet das, dass ihm keine Sanktionen aus dem Bußgeldkatalog drohen. Auch nach einem Blitzer von einer Section-Control-Anlage im Ausland, kann ein Einspruch Aussicht auf Erfolg haben.
Wie bei anderen stationären und mobilen Blitzern auch, treten im Zusammenhang mit Section Control Fehler auf. Fehlerquellen, die die Prüfung eines Bußgeldvorwurfes rechtfertigen können:
Wichtig: Wie bei allen anderen Blitzern auch, wird beim Messverfahren Section Control eine Toleranz von der ermittelten Geschwindigkeit abgezogen. Der Toleranzabzug beträgt bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h drei km/h und von Geschwindigkeiten über 100 km/h werden drei Prozent subtrahiert.
Bis vor kurzem war das Messverfahren Section Control in Deutschland rechtlich umstritten. Das Ende 2018 gestartete Pilotprojekt auf einem drei Kilometer langen Abschnitt der B6 in der Region Hannover musste bereits im März 2019 wieder abgebrochen werden. Der Grund: Klagen wegen datenschutzrechtlicher Bedenken, da die Section Control alle Kennzeichen unabhängig vom Tempo der Fahrzeuge im Kontrollbereich erfasst. Vielfach kritisierte man daher, dass jeder Fahrer zunächst als potenziell verdächtig gilt.
Eine den Rechtsstreit abschließende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Mitte 2020 sorgte dafür, dass Messungen mit dem Streckenradar der B6 zulässig sind. Das Section-Control-B6–Pilotprojekt hat den Betrieb wieder aufgenommen.
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg konnte die Abschnittsmessung vor dem Hintergrund der nachträglichen Anpassung des niedersächsischen Polizeigesetzes (NPOG) für rechtmäßig erklären. Ein neuer Abschnitt im Paragraf 32 NPOG regelt nun ausschließlich die Geschwindigkeitsüberwachung mit Section Control. Insofern auch andere Bundesländer in Deutschland gesetzliche Anpassungen vornehmen, können auch diese Abschnittskontrollen-Blitzer einsetzen.
Zur Wahrung des Datenschutzes gelten bei der Datenerfassung mit Section-Control-Blitzer folgende Vorschriften:
Andere Länder, die die Abschnittsmessung schon länger einsetzen, nutzen unterschiedliche Section-Control-Messgeräte: etwa Specs3 Vector von Jenoptik oder Poliscan Seco von Vitronic. In Deutschland erfolgt die Messung auf dem B6-Streckenabschnitt bislang ausschließlich mit TraffiSection (Jenoptik).
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