Rund ein Fünftel aller derzeit auf dem Markt erhältlichen Medikamente haben Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit. Ein Gesetz, das das Autofahren wegen einer Medikamenteneinnahme verbietet, gibt es dennoch nicht. Was viele nicht wissen: Jeder Autofahrer ist für seine Fahrtauglichkeit selbst verantwortlich.
Ob Nasenspray, Hustensaft oder Appetitzügler – die Liste von Medikamenten, die verkehrsrelevant sind, ist lang. Und die meisten Konsumenten ahnen gar nicht, dass sich ihr Fahrverhalten aufgrund der Einnahme verändern kann. Dennoch schreibt kein Gesetz vor, bei welchem konkreten Medikament man nicht mehr Auto fahren darf. Das liegt im Ermessen des Führerscheinbesitzers. Das sind einige Beispiele von Medikamenten, die die Fahrzüchtigkeit beeinflussen können:
Während es bei Drogen am Steuer in Deutschland ganz klare Regeln für die Teilnahme am Straßenverkehr gibt, sieht der Gesetzgeber die Einnahme von Medikamenten am Steuer auf den ersten Blick eher locker: Jeder muss selbst entscheiden, wie es um seine Fahrtauglichkeit bestellt ist. Ob die Medikamente die Fahrtauglichkeit einschränken, erfahren Patienten aber von ihrem Arzt. Er ist verpflichtet, Führerscheininhaber entsprechend aufzuklären und auf die Gefahren hinzuweisen. Tut er das nicht, kann der Arzt für die Kosten möglicher Unfälle haftbar gemacht werden.
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Zum Blitzer-CheckAuch wenn es kein Gesetz gibt, das bestimmte Medikamente ganz konkret verbietet, kann man dennoch für die Einnahme bestimmter Präparate bestraft werden. Denn: Nach § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) handelt eine Person ordnungswidrig, die berauschende Mittel zu sich nimmt und anschließend ein Kfz lenkt. Betroffene müssen dann laut Bußgeldkatalog mit einer Geldbuße von bis zu 3000 Euro rechnen. Wenn die Fahrtauglichkeit aufgrund von Medikamenten sogar so stark eingeschränkt wird, dass der Fahrer Ausfallerscheinungen zeigt und Fahrfehler begeht, kann sogar § 316 Strafgesetzbuch (StGB) angewendet werden. Dieses Verhalten gilt dann als Straftat, die mit einer Geld- oder sogar Freiheitsstrafe sanktioniert wird.
Es gibt kein Gesetz, das es verbietet. Aber man sollte vorher unbedingt mit seinem Arzt darüber reden! Wichtige Grundlage ist generell: Der Autofahrer benötigt das Medikament tatsächlich zur Behandlung einer Erkrankung und hat es – sofern es sich um ein rezeptpflichtiges Medikament handelt – von einem Arzt verschrieben bekommen. Anderenfalls gilt die Einnahme als Drogenkonsum. Wer ein starkes Schmerzmittel einnimmt, muss also vor dem Fahren eines Autos hohe Eigenverantwortung beweisen. Betroffene sollten sich von ihrem Arzt gut über die Wirkung und Nebenwirkungen des Medikaments aufklären lassen und darüber hinaus auf auch nur kleinste Mengen Alkohol verzichten. Wer sich überfordert fühlt mit der Verantwortung, kann Beratung von Verkehrsmedizinern oder Verkehrspsychologen in Anspruch nehmen. Kontakte findet man beispielsweise über TÜV oder DEKRA. Außerdem gibt es die Möglichkeit, sich vom Arzt einen Medikamentenausweis ausstellen zu lassen, der die Notwendigkeit der verordneten Dosis eines bestimmten Präparats bescheinigt.
Tilidin ist ein Opioid, das zur Behandlung starker und sehr starker Schmerzen angewendet wird. Eventuell auftretende Nebenwirkungen sind Schwindel, Benommenheit, Müdigkeit, Kopfschmerzen und Nervosität. Tilidin kann darüber hinaus die Aufmerksamkeit und das Reaktionsvermögen beeinträchtigen. Mit Tilidin Autofahren ist zwar nicht explizit vom Gesetzgeber verboten, aber aufgrund der Wirkungen und Nebenwirkungen keine gute Idee.
Auch hier gibt kein Gesetz vor, dass Autofahren mit Antidepressiva verboten ist. Allerdings ist in den Beipackzetteln der Medikamente in der Regel zu lesen, dass die Einnahme das Reaktionsvermögen reduziert und daher vor dem Autofahren mit einem Antidepressivum gewarnt wird. Dennoch lässt sich nicht pauschal sagen, dass Menschen, die Antidepressiva nehmen, nicht in der Lage sind, sicher Auto zu fahren. Es gibt Studien, die beispielsweise darauf hinweisen, dass Patienten, die mit Antidepressiva behandelt werden, besser fahren als Patienten, die unbehandelt bleiben. Dennoch lässt sich keinesfalls eine generelle Aussage treffen. Betroffene Personen sollten sich unbedingt mit ihrem Arzt absprechen, wenn sie mit Antidepressiva Auto fahren möchten. Bei Zweifeln sind eine neuropsychologische Leistungsdiagnostik sowie eine Beratung durch einen Verkehrsmediziner ratsam.
Es gibt auch Antibiotika, die die Reaktionsfähigkeit beeinflussen können. Inwieweit das auf ein bestimmtes Präparat zutrifft, sollte ein Patient immer mit dem behandelnden Arzt besprechen. Bei ihm liegt letztlich die endgültige Entscheidung über die Fahrtüchtigkeit. Klärt der Arzt hier nicht umfassend auf, kann er dafür haften. Setzt sich der Patient wiederum über den ärztlichen Rat hinweg und fährt Auto, macht auch er sich strafbar.
Benzodiazepine sind verschreibungspflichtige Medikamente, die als Schlaf- oder Beruhigungsmittel eingesetzt werden. Sie zählen zur Gruppe der Psychopharmaka. Bei der Einnahme kann es zu einer verminderten Reaktionsfähigkeit kommen, die wiederum die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen kann. Pauschal lässt sich sagen: Wer Benzodiazepine einnimmt, ist mindestens so eingeschränkt wie mit 0,5 Promille Alkohol im Blut. Wer Benzodiazepine verschrieben bekommen hat, wird vom behandelnden Arzt in der Regel sehr genau darüber aufgeklärt, inwieweit er aktiv am Straßenverkehr teilnehmen kann. Üblicherweise raten Ärzte zumindest in der Anfangszeit der Einnahme vom Autofahren ab. Benzodiazepine lassen sich recht lange durch einen Drogentest nachweisen – auch durch einen Drogenschnelltest während einer Straßenkontrolle. Wer das Medikament verschrieben bekommen und sogar grünes Licht fürs Autofahren erhalten hat, sollte unbedingt einen Medikamentenausweis bei sich tragen, um einen missbräuchlichen Drogenkonsum vor den Beamten widerlegen zu können.
Auch wenn das Schmerzmittel Aspirin Complex frei verkäuflich ist, ist es nicht ganz so harmlos, wie viele Konsumenten vielleicht denken. Aspirin Complex kann die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen, was durch gleichzeitigen Alkoholkonsum noch verstärkt werden kann. Autofahrer sollten sich also selbst kritisch prüfen, bevor sie sich mit Aspirin hinters Steuer setzen und das Gespräch mit ihrem Arzt suchen.
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