Hat jeder Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ein Recht darauf, dass ihm ein Arbeitszeugnis ausgestellt wird? Müssen Arbeitnehmer beim Anfordern ihres Zeugnisses eine Frist einhalten? Wir erklären Ihnen, wer ein Anrecht auf ein Arbeitszeugnis hat und wie lange Arbeitnehmer ein Zeugnis verlangen können.
- Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
- Gesetzliche Grundlagen für Arbeitszeugnisse
- Muss der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis ausstellen?
- Anspruch auf Arbeitszeugnis: Welche Frist ist einzuhalten?
Wer hat einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Prinzipiell hat jeder Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis endet, ein Recht auf ein Arbeitszeugnis oder Dienstzeugnis. Das gilt für:
- Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte
- Nebenjobber
- Arbeitnehmer in befristeten und unbefristeten Arbeitsverhältnissen
- Freiberufler und fest angestellte Arbeitnehmer
- Aushilfsjobber
- Praktikanten
- Arbeitnehmer in der Probezeit
- Auszubildende
- leitende Angestellte
Keinen Rechtsanspruch auf ein Arbeitszeugnis haben Selbstständige, da sie weisungsfreie Dienstleistungen erbringen. Leiharbeiter haben einen Anspruch auf ein Zeugnis ausschließlich gegenüber der Leiharbeitsfirma. Leiharbeiter können im Entleiherbetrieb dennoch um eine Arbeitsbeurteilung bitten. Stellt der Betrieb ihnen ein positives Zeugnis aus, kann dieses nützlich für die nächsten Bewerbungen sein.
Habe ich einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis nach der Probezeit? Wurde das Arbeitsverhältnis nach der Probezeit gekündigt, hat der Arbeitnehmer ein Recht auf ein Arbeitszeugnis nach der Probezeit. Es besteht aber kein generelles Anrecht auf ein Zwischenzeugnis, weil die Probezeit in einem Arbeitsverhältnis als bestanden gilt.
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Jetzt Kontakt aufnehmenGesetzliche Grundlagen für Arbeitszeugnisse
Im Arbeitsrecht bildet die rechtliche Grundlage für den Arbeitszeugnis-Anspruch die Gewerbeordnung (§ 109 GewO). Dort ist festgelegt, dass dem Arbeitnehmer bei Ende des Arbeitsverhältnisses ein Endzeugnis auszustellen ist, das auf Verlangen des Arbeitnehmers hin auch die Leistung und das Verhalten des ausscheidenden Mitarbeiters bewertet (qualifiziertes Arbeitszeugnis). Fordert der Arbeitnehmer kein berufsförderndes qualifiziertes Zeugnis ein, so ist ein einfaches Arbeitszeugnis Pflicht für den Arbeitgeber.
Für Auszubildende bildet das Berufsbildungsgesetz die gesetzliche Grundlage (§ 16 BBiG). Nach der Prüfung haben Azubis einen Anspruch auf ihr Prüfungszeugnis und auf ein einfaches Ausbildungszeugnis. Dieses beinhaltet Informationen über die Art der Ausbildung, ihrer Dauer und dem Ausbildungsziel sowie auch erworbene berufliche Fähigkeiten und Kenntnisse. Der Auszubildende kann auch ein qualifiziertes Arbeitszeugnis verlangen, in dem zusätzlich seine Leistung und sein Verhalten bewertet wird.
Mitarbeiter, die nicht als Arbeitnehmer gelten (etwa Gesellschafter oder Beamte), aber Dienstleistungen erbringen, haben ebenfalls ein Arbeitszeugnis-Anrecht, das sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ergibt (§ 630 BGB). Da sich die einzelnen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen entsprechen, unabhängig davon, welche Beschäftigtengruppe betroffen ist, spricht man hierzulande von einem einheitlichen Zeugnisrecht.
Wichtig: Ein Arbeitszeugnis muss schriftlich abgefasst und unterschrieben worden sein. Eine E-Mail oder ähnliches reicht nicht aus. Das Zeugnis kann vom Arbeitgeber selbst oder in Vertretung von seinen Angestellten, die in leitender Position zum Arbeitnehmer tätig sind, unterschrieben werden.
Muss der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis ausstellen?
Ein Arbeitszeugnis ausstellen muss der Arbeitgeber nur dann, wenn der Arbeitnehmer, der aus dem Unternehmen ausscheidet, ein Zeugnis verlangt. Ist dies der Fall, ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Zeugnis auszustellen. Dies gilt nicht für Ausbildungszeugnisse: Mit dem Abschluss der Berufsausbildung muss der Azubi sein Recht auf ein Arbeitszeugnis nach der Ausbildung nicht eigens einfordern.
Arbeitnehmer haben grundsätzlich ein Recht auf ein Arbeitszeugnis nach einer Kündigung. Stellt ein Arbeitgeber kein Zeugnis aus, obwohl der Arbeitnehmer eines verlangt, verstößt er gegen seine Rechtspflichten. In solchen Fällen können Arbeitnehmer den Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht auf Erteilung eines Zeugnisses verklagen.
Ein Recht auf ein Arbeitszeugnis ohne Kündigung beziehungsweise auf ein Zwischenzeugnis besteht dann, wenn der Arbeitnehmer laut Arbeits- oder Tarifvertrag einen Anspruch darauf hat oder wenn er ein berechtigtes Interesse geltend machen kann. Für Arbeitnehmer besteht zum Beispiel das Recht auf ein Arbeitszeugnis bei einem Vorgesetztenwechsel oder wenn der Arbeitnehmer in eine andere Abteilung wechselt und sich seine Tätigkeiten ändern. Verweigert der Arbeitgeber die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses, kann der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses klagen.
Gibt es ein Recht auf ein gutes Arbeitszeugnis? Laut Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom November 2014 haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ein gutes Zeugnis. Für den Arbeitnehmer besteht aber ein Recht auf ein befriedigendes Zeugnis.
Anspruch auf Arbeitszeugnis: Welche Frist ist einzuhalten?
Ist abzusehen, dass ein Arbeitsverhältnis demnächst endet, sollte der Arbeitnehmer bereits dem Arbeitgeber gegenüber den Wunsch äußern, ein Zeugnis haben zu wollen. Je länger Mitarbeiter mit der Bitte nach einem Zeugnis warten, desto eher besteht die Möglichkeit, dass sich durch die Kündigung aufgetretene Konflikte auf den Inhalt des Zeugnisses auswirken.
Arbeitnehmer sollten weiterhin bedenken, dass für ihr Arbeitsverhältnis womöglich Ausschlussfristen (Verfallsfristen) gelten. Wenn der Arbeitnehmer die arbeits- oder tarifvertraglich genannte Frist für das Arbeitszeugnis nicht einhält, verliert er sein Anrecht auf ein Arbeitszeugnis. Meist gilt eine solche Ausschlussfrist für das qualifizierte Zeugnis. Ein einfaches Zeugnis kann der Arbeitnehmer grundsätzlich so lange verlangen, wie es Unterlagen über die Art und Dauer der Beschäftigung im Unternehmen gibt.
Hinweis: Ein Vorteil, den das frühzeitige Anfordern eines Zeugnisses mit sich bringt, ist, dass sich eventuelle Korrekturen vor Ort leichter durchsetzen lassen. Außerdem gilt: Je eher der Arbeitnehmer die Arbeitsbeurteilung erhält, desto eher kann er sie für Bewerbungen um eine neue Arbeitsstelle verwenden.
Laut der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht dem Arbeitnehmer das Zeugnis nicht erst am letzten Arbeitstag zu, sondern unmittelbar nach der Eigenkündigung oder der Kündigung durch den Arbeitgeber. Dabei kann es sich zunächst um ein „vorläufiges Zeugnis“ handeln, das dann am letzten Arbeitstag durch ein Schlusszeugnis ersetzt wird.
Auch wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag keine Ausschlussfrist vorsieht, sollten Arbeitnehmer nicht zu lange mit der Forderung nach einem Zeugnis warten. Viele Arbeitsgerichte sind der Meinung, dass ein qualifiziertes Zeugnis spätestens kurz nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt werden soll. Andernfalls besteht kein Anspruch mehr. Versäumen Arbeitnehmer es, zeitnah nach einem Zeugnis zu fragen, lassen Arbeitsgerichte ihnen zwischen sechs Monate und drei Jahren Zeit, um ihren Anspruch geltend zu machen. Der Zeitraum für die Geltendmachung ist stark einzelfallabhängig.
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