Kann man einen einmal unterschriebenen arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag rückgängig machen? Grundsätzlich muss an einem unterschriebenen Vertrag festgehalten werden, aber es gibt Ausnahmen. Lesen Sie, welche Gründe eine Anfechtung des Aufhebungsvertrages rechtfertigen und wie Sie bei der Rückabwicklung vorgehen müssen.
- Aufhebungsvertrag ungültig: Wann lässt sich ein Aufhebungsvertrag anfechten?
- Gründe für die Rückabwicklung eines Aufhebungsvertrages
- Kann man einen Aufhebungsvertrag widerrufen?
- Wie lange kann man einen Aufhebungsvertrag anfechten? – Aufhebungsvertrag widerrufen: Frist
- Wie kann man einen Aufhebungsvertrag widerrufen? – Ablauf der Anfechtung
- Muster: Anfechtungserklärung
- Aufhebungsvertrag anfechten: Welche Chancen haben Arbeitnehmer?
- Sonderfall: Klageverzichtsklausel im Aufhebungsvertrag
Aufhebungsvertrag ungültig: Wann lässt sich ein Aufhebungsvertrag anfechten?
Ein Aufhebungs- oder Auflösungsvertrag kann aus unterschiedlichen Gründen im Nachhinein als ungültig angesehen werden:
- Schriftform: Ein Aufhebungsvertrag muss stets schriftlich geschlossen werden. Er muss in Schriftform vorliegen und von beiden Parteien eigenhändig unterschrieben worden sein.
- Geschäftsunfähigkeit: War eine der beiden Vertragsparteien zum Vertragszeitpunkt geschäftsunfähig (etwa aufgrund eines Drogen- oder Alkoholrauschs), ist der Aufhebungsvertrag unwirksam.
- Verstoß gegen gesetzliches Gebot oder gute Sitten: Ein gesetzliches Verbot gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch liegt vor, wenn der Aufhebungsvertrag bei Betriebsübergang geschlossen wird (§ 613a Abs.4 BGB). Auch wenn ein Aufhebungsvertrag etwa unter Druck unterschrieben wurde, gilt dies als sittenwidrig und der Vertrag als ungültig.
- Gebot des fairen Verhandelns: Ein Aufhebungsvertrag ist unwirksam, wenn im Rahmen des Vertragsschlusses gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen wird. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zuhause aufsucht und diesen zum Unterschreiben eines Aufhebungsvertrages ohne Abfindung drängt.
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Jetzt kostenlos prüfenGründe für die Rückabwicklung eines Aufhebungsvertrages
Die wichtigsten Gründe, die laut Bürgerlichem Gesetzbuch vorliegen müssen, damit ein Aufhebungsvertrag rückgängig gemacht werden kann:
- Irrtum: unklarer Vertragsinhalt, unabsichtliche Zustimmung zum Aufhebungsvertrag durch den Arbeitnehmer (§ 119 BGB); Verständnisprobleme aufgrund einer Sprachbarriere sind kein Grund für eine Anfechtung.
- Arglistige Täuschung: Arbeitgeber verschweigt bewusst Tatsachen oder behauptet bewusst falsche Tatsachen (§ 123 BGB).
- Widerrechtliche Drohung: Androhung von Gewalt, einer Strafanzeige, einer Versetzung, der Nichtzahlung von Arbeitslohn oder einer fristlosen Kündigung, die der Arbeitgeber nicht wirklich in Betracht zieht (§ 123 BGB).
- Überrumpelung: plötzliche Konfrontation mit dem Aufhebungsvertrag ohne Begründung, unter Umständen kommt der Arbeitgeber einer Bitte um Bedenkzeit nicht nach.
Aufhebungsvertrag-Widerruf und Bedenkzeit: Normalerweise räumt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach Vorlage des Aufhebungsvertrages eine Bedenkzeit ein. In der Bedenkzeit kann der Arbeitnehmer gegebenenfalls einen Anwalt oder die Arbeitsagentur kontaktieren. Viele Arbeitgeber gewähren ihren Mitarbeitern eine Bedenkzeit von zwei Wochen. Wird keine Bedenkzeit eingeräumt, bedeutet das aber nicht zwangsläufig, dass der Aufhebungsvertrag unter Druck unterschrieben wurde.
Die Rückabwicklung beziehungsweise der Rücktritt vom Aufhebungsvertrag ist auch möglich, wenn sich die vertraglichen Grundlagen ändern. Beispiele für solche Veränderungen sind Aufhebungsverträge…
- aufgrund von Betriebsschließungen, die dann doch nicht schließen.
- wegen wirtschaftlichen Krisen des Unternehmens, die sich dann zum Positiven wenden.
- aufgrund von Betriebsaufgaben, die schließlich zu einer Betriebsübernahme durch die Konkurrenz führen.
Auch wenn sich nach Abschluss des Aufhebungsvertrages herausstellt, dass der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist und die versprochene Abfindung nicht zahlen kann, kann der Arbeitnehmer von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen. Voraussetzung ist, dass bei Vertragsschluss die Zahlungsunfähigkeit nicht absehbar war. Der Arbeitnehmer, der eine Abfindung hätte erhalten sollen, hat laut Bürgerlichem Gesetzbuch ein Rücktrittsrecht (§ 323 Abs.1 BGB).
Kann man einen Aufhebungsvertrag widerrufen?
Auf Grundlage der Verbraucherschutzvorschriften gibt es für einen Aufhebungsvertrag kein Widerrufsrecht (§ 312 BGB). Die Vorschrift gibt für bestimmte Verträge dann ein Recht, diese innerhalb einer Woche zu widerrufen, wenn sie „außerhalb von Geschäftsräumen“ geschlossen werden. Doch selbst wenn ein Aufhebungsvertrag nicht in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers unterschrieben wird, ist das Widerrufsrecht nicht anwendbar, denn es handelt sich um keine entgeltliche Leistung des Unternehmens.
Trotzdem kann ein bereits unterschriebener Aufhebungsvertrag widerrufen werden, wenn das Recht auf einen Widerruf vom Aufhebungsvertrag im Vertrag selbst oder tarifvertraglich gewährt wird.
Einige Aufhebungsverträge enthalten Klauseln zum Widerruf der Zustimmung, sodass Arbeitnehmer nach der Unterzeichnung die Möglichkeit haben, ihre Unterschrift rückgängig zu machen. Auch im Tarifvertrag können derartige Klauseln festgelegt sein. Eine mögliche Formulierung für das Widerrufsrecht beim Aufhebungsvertrag könnte lauten:
„Dem Arbeitnehmer steht nach Abschluss dieses Aufhebungsvertrages zu, diesen zu widerrufen. Der Widerruf muss schriftlich innerhalb einer Frist von sieben Tagen gegenüber dem Arbeitgeber erklärt werden.“
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Jetzt kostenlos prüfenWie lange kann man einen Aufhebungsvertrag anfechten? – Aufhebungsvertrag widerrufen: Frist
Will ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag anfechten, muss er dies unverzüglich nach Bekanntwerden des Anfechtungsgrundes tun. Das Gesetz legt für die geläufigsten Gründe für eine Anfechtung unterschiedliche Fristen fest:
- Irrtum: Den Aufhebungsvertrag anfechten mit einer Frist von zwei Wochen, ist aufgrund eines Irrtums bei Vertragsschluss möglich (§ 626 BGB).
- Arglistige Täuschung oder Drohung: Arbeitnehmer können den Aufhebungsvertrag innerhalb eines Jahres anfechten (§ 124 BGB).
Wie kann man einen Aufhebungsvertrag widerrufen? – Ablauf der Anfechtung
Für die erfolgreiche Anfechtung des Aufhebungsvertrages muss der Arbeitnehmer nicht nur die Frist im Auge behalten, sondern auch auf die Formvorschriften achten. Grundsätzlich muss die Anfechtungserklärung gegenüber dem Arbeitgeber vorgebracht werden (§ 143 BGB). Dies kann mündlich geschehen, wobei der Arbeitnehmer eine schriftliche Anfechtungserklärung aus Beweisgründen aber vorziehen sollte.
Sobald der Arbeitnehmer einen Grund für die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages hat, kann er dazu übergehen, diesen anzufechten. Die Anfechtung des Aufhebungsvertrages erfolgt in drei Schritten:
- Anfechtungsgrund finden: Mögliche Gründe, die einen Aufhebungsvertrag unwirksam machen können, sind etwa ein Irrtum, eine arglistige Täuschung, eine Überrumpelung oder eine Drohung.
- Anfechtungserklärung formulieren: In der Anfechtungserklärung erläutert und begründet der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber, warum der Aufhebungsvertrag rückgängig gemacht werden soll.
- Einigung mit dem Arbeitgeber: Erkennt der Arbeitgeber die Anfechtungserklärung kann, wird der Aufhebungsvertrag unwirksam und der Arbeitnehmer wird zu den bisherigen Bedingungen seines Arbeitsvertrages weiter beschäftigt. Erkennt der Arbeitgeber die Anfechtungserklärung nicht an, ist eine Klage vor Gericht oder eine außergerichtliche Einigung, bei der die Vertragsparteien die Konditionen des Aufhebungsvertrages neu verhandeln, möglich.
Aufhebungsvertrag anfechten und Klagefrist: Bestätigt der Arbeitgeber die Nichtigkeit des Aufhebungsvertrages nicht oder reagiert dieser auf die Anfechtungserklärung nicht, sollte der Arbeitnehmer sofort nach Ablauf seiner dem Arbeitgeber gesetzten Frist Klage beim Arbeitsgericht einreichen.
Muster: Anfechtungserklärung
Um einen Aufhebungsvertrag rückgängig zu machen, muss der Arbeitnehmer (gegebenenfalls unter Zuhilfenahme juristischer Beratung) dem Arbeitgeber eine Anfechtungserklärung zukommen lassen. Die Anfechtungserklärung sollte folgende Elemente beinhalten:
- Adressen von Absender und Empfänger
- Ort und Datum
- Verweis auf den Aufhebungsvertrag, um den es geht (Datum des Vertragsschlusses)
- Anrede
- Grund für die Anfechtung und dessen gesetzliche Grundlage
- Erörterung des widerrechtlichen Verhaltens
- Forderung einer schriftlichen Bestätigung über die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages
- Forderung der damit einhergehenden Weiterbeschäftigung
- Grußformel und Unterschrift
Ein Muster, das als Grundlage dienen kann, um einen Aufhebungsvertrag anzufechten:
Aufhebungsvertrag anfechten: Welche Chancen haben Arbeitnehmer?
Will ein Arbeitnehmer einen bereits unterzeichneten Aufhebungsvertrag rückgängig machen, ist er in der Beweis- und Darlegungspflicht. Unter Umständen muss der Arbeitnehmer seine Gründe für die Anfechtung in einem Gerichtsprozess ausführen und beweisen. Erschwert wird die Beweisführung dadurch, dass Aufhebungsverträge meist nur unter vier Augen – zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – besprochen werden.
Der Arbeitnehmer ist zunächst nicht verpflichtet, einen Anwalt hinzuziehen, wenn er gegen einen Aufhebungsvertrag vorgehen will. Dennoch kann ein Anwalt die Chancen auf Erfolg deutlich steigern:
- Ein Rechtsanwalt kann zunächst prüfen, ob es überhaupt erfolgversprechend ist, den Aufhebungsvertrag anzufechten.
- Er kann helfen, Beweise ausfindig zu machen und rechtssicher darzulegen.
- Weiterhin kann ein Anwalt den Arbeitnehmer auch über andere juristische Optionen oder Alternativen informieren.
Wenn der Arbeitnehmer gegen das erste Gerichtsurteil Berufung einlegt und die Angelegenheit vor dem Landesarbeitsgericht landet, besteht die Pflicht, einen Anwalt hinzuziehen.
Sonderfall: Klageverzichtsklausel im Aufhebungsvertrag
Manche Aufhebungsverträge enthalten eine Klageverzichtsklausel, die meist in etwa lautet: „(…) die Vertragsparteien verzichten auf die Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Vertrag“. Diese Klausel bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Aufhebungsvertrag nicht angefochten werden darf.
Der Gesetzgeber sieht vor, dass mit dem Aufhebungsvertrag ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Vor- und Nachteilen einhergehen muss. Das bedeutet wiederum: Eine Klageverzichtsklausel ohne jegliche Gegenleistung ist unangemessen. Eine solche Gegenleistung kann eine Abfindung oder ein gutes Arbeitszeugnis sein. Ob eine Gegenleistung angemessen ist, hängt vom Einzelfall ab; eine Abwägung muss gegebenenfalls durch ein Gericht vorgenommen werden.
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