Verschiedene Gesetze widmen der Nachtarbeit besondere Aufmerksamkeit, denn beim Arbeiten entgegen der „inneren Uhr“ kann die Konzentrationsfähigkeit sinken und die Unfallgefahr wachsen. Lesen Sie, für wen Nachtarbeit erlaubt ist, welche Vorschriften gelten und ob Arbeitgeber verpflichtet sind, Arbeitnehmern Nachtzuschläge zu zahlen.
- Was ist Nachtarbeit?
- Gesetzliche Regelungen zur Nachtarbeit
- Ausnahmen: Sind 12 Stunden Nachtschicht erlaubt?
- Diese Rechte haben Nachtarbeitnehmer
- Ist laut Arbeitsrecht ein Nachtzuschlag Pflicht?
- Dürfen Schwangere nachts arbeiten?
Was ist Nachtarbeit?
Laut Arbeitszeitgesetz ist Nachtarbeit Arbeit, die zwischen 23 und 6 Uhr geleistet wird (§ 2 ArbZG). Für Bäckereien und Konditoreien verschiebt sich das Zeitfenster auf 22 bis 5 Uhr. Gesetzliche Regelungen zur Nachtarbeit finden nur dann Anwendung, wenn ein Arbeitnehmer mehr als zwei Stunden während der Nachtarbeitszeit arbeitet. Endet beispielsweise die Schicht eines Arbeitnehmers regelmäßig um 24 Uhr, gilt er nicht als Nachtarbeiter, insofern er in keiner Bäckerei oder Konditorei angestellt ist.
Um als Nachtarbeiter zu zählen und besondere Rechte zu haben, müssen Arbeitnehmer in Wechselschicht mit Nachtarbeit arbeiten. Andernfalls müssen sie an mindestens 48 Tagen im Jahr beziehungsweise durchschnittlich einmal wöchentlich bei Nacht arbeiten, um als Nachtarbeiter zu gelten (§ 2-5 ArbZG).
In Deutschland ist Nachtarbeit nicht genehmigungspflichtig. Jedem Arbeitgeber steht es frei, seinen volljährigen Mitarbeitern Nachtarbeit ohne behördliche Genehmigung und ohne zwingendes Erfordernis anzuordnen. Dies steht im Kontrast zur Sonntags- oder Feiertagsarbeit hierzulande, die genehmigungspflichtig ist.
Anders verhält es sich beispielsweise in der Schweiz, Nachtarbeit ist dort gesetzlich verboten. Ausnahmen sind bewilligungspflichtig. Für regelmäßige oder dauernde Nachtarbeit muss der Arbeitgeber ein wirtschaftliches oder technischen Bedürfnis nachweisen. Für vorübergehende Nachtarbeit (auch unregelmäßige Nachtarbeit) ist durch den Arbeitgeber ein dringendes Bedürfnis nachzuweisen.
Muss Nachtarbeit im Arbeitsvertrag stehen? Wie auch Schichtarbeit muss Nachtarbeit im Arbeitsvertrag nicht festgeschrieben werden. Arbeitgeber können Schicht- und Nachtarbeit einführen, insofern sie sich an die gesetzlichen Vorgaben aus dem Arbeitszeitgesetz halten.
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Jetzt kostenlos prüfenGesetzliche Regelungen zur Nachtarbeit
Gesetzliche Regelungen zur Nachtarbeit befinden sich nicht nur im Arbeitszeitgesetz, sondern auch im Mutterschutzgesetz (MuSchG), im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG), im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG):
- Für die Nachtarbeit gilt gemäß Arbeitszeitgesetz, dass die maximale Arbeitszeit pro Tag oder Schicht eine Arbeitszeit von acht Stunden umfasst, die auf höchstens zehn Stunden erhöht werden darf. Dauert die Nachtarbeit länger als acht Stunden, muss die darüber hinausgehende Zeit innerhalb von vier Wochen ausgeglichen werden (§ 6 Abs. 2 ArbZG). Bei Tagarbeit haben Arbeitnehmer ein halbes Jahr Zeit, um die Mehrarbeit auszugleichen.
- Außerdem schreibt das Arbeitszeitgesetz vor, dass der Arbeitnehmer für die geleistete Nachtarbeit eine angemessene Zahl freier Tage als Ausgleich erhalten muss oder ihm ein Lohnzuschlag zu gewähren ist (§ 6 Abs. 5 ArbZG).
- Kindern und Jugendlichen ist Nachtarbeit laut Jugendarbeitsschutzgesetz für den Zeitraum von 20 bis 6 Uhr verboten (§ 14 JArbSchG). In einigen Berufsfeldern sind allerdings Ausnahmen möglich, sodass etwa ein Bäcker-Azubis ab 16 Jahren morgens bereits ab 5 Uhr und Azubis ab 17 Jahren ab 4 Uhr mit der Arbeit beginnen können.
- Schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen dürfen gemäß Mutterschutzgesetz nicht von 20 bis 6 Uhr arbeiten, wobei das Gesetz auch Ausnahmen dazu regelt (§ 5 MuSchG).
- Im Arbeitsschutzgesetz steht zur Nachtarbeit, dass der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchführen muss, bei der die Belastungen, die mit Nachtarbeit einhergehen, in der Beurteilung besonders berücksichtigt werden sollten (§ 5 Abs. 3 Satz 1 ArbSchG.
- Laut Betriebsverfassungsgesetz hat der Betriebsrat in einem Unternehmen ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um die Lage und Dauer der Arbeitszeit beziehungsweise Nachtarbeitszeit sowie um das Schichtmodell geht (§ 87 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG).
Ruhezeit bei Nachtarbeit: Bei Schicht- und Nachtarbeit sind dieselben Ruhezeiten wie für andere Arbeitnehmer vorgesehen. Das bedeutet, zwischen den Schichten muss eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden liegen. Dasselbe gilt für gesetzliche Pausenzeiten.
Ausnahmen: Sind 12 Stunden Nachtschicht erlaubt?
Eine Nachtschicht darf gemäß Arbeitszeitgesetz von acht auf maximal zehn Stunden ausgeweitet werden. Das ist nur möglich, wenn innerhalb eines Monats ein Ausgleich stattfindet und durchschnittlich lediglich acht Stunden pro Tag gearbeitet wurde. Einige Vorschriften aus dem Arbeitszeitgesetz erlauben eine Abweichung von dieser Regelung, sodass die Arbeitszeit über die zehn Stunden hinaus erhöht werden darf:
- Über eine auf einen Tarifvertrag beruhende Betriebsvereinbarung oder über einen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) kann Nachtarbeit laut Arbeitszeitgesetz werktags länger als zehn Stunden Arbeitszeit umfassen, „wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt“ (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 ArbZG).
- Auch in Notfällen und außergewöhnlichen Fällen, die nicht anders zu beseitigen sind, dürfen Arbeitnehmer mehr als zehn Stunden arbeiten (§ 14 Abs. 1 ArbZG).
- Weiterhin kann die zuständige Aufsichtsbehörde Überschreitungen von acht oder zehn Arbeitsstunden unter bestimmten Voraussetzungen zulassen.
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Jetzt kostenlos prüfenDiese Rechte haben Nachtarbeitnehmer
Nacht- und Schichtarbeit gehören zu den Arbeitszeitmodellen, die als gesundheitsbelastend gelten. So kommt es bei Nachtarbeitnehmern oder Schichtarbeitern häufig zu chronischen Schlafstörungen oder Magen-Darm-Beschwerden. Um Nachtarbeitnehmer zu schützen, legt des Arbeitszeitgesetz fest, dass Nachtarbeit nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen zu gestalten ist (§ 6 Abs. 1 ArbZG). Empfehlungen zur Gestaltung von Nachtarbeit sind etwa, dass ein kurzer Wechsel zwischen Früh-, Spät- und Nachtschichten stattfindet oder dass höchstens drei Nachtschichten aufeinander folgen sollen. Inwieweit diese arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen umsetzbar sind, hängt vom jeweiligen Betrieb ab.
Weiterhin haben Nachtarbeitnehmer das Recht, sich vor Beginn der Beschäftigung in Nachtarbeit auf Kosten des Arbeitgebers arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Arbeitnehmer, die in der Nacht arbeiten, haben alle drei Jahre einen Anspruch darauf, sich von einem Arbeitsmediziner untersuchen zu lassen. Ab einem Alter von 50 Jahren können sich Nachtarbeiter sogar jährlich untersuchen lassen. Wird während der Untersuchung festgestellt, dass die Gesundheit des Nachtarbeitnehmers gefährdet ist, ist er in den Tagdienst zu versetzen.
Auch Arbeitnehmer, die ein Kind unter 12 Jahren alleine betreuen oder Pflegebedürftige versorgen müssen, haben einen Anspruch darauf, sich in den Tagdienst versetzen zu lassen. Falls dies arbeitgeberseitig nicht ohne Weiteres möglich ist, muss der Betriebs- oder Personalrat angehört werden, um Lösungsvorschläge zu erarbeiten (§ 6 Abs. 4 ArbZG).
Zudem gilt, dass Arbeitnehmer, die am Tage arbeiten, nicht ohne Zustimmung zur Nachtarbeit eingeteilt werden dürfen. Außerdem stehen Nachtarbeitern dieselben Weiterbildungen oder Aufstiegsmöglichkeiten zu wie den Tagarbeitern in demselben Betrieb.
Ist laut Arbeitsrecht ein Nachtzuschlag Pflicht?
Da Nachtarbeitnehmer besonderen Belastungen ausgesetzt sind, haben sie einen Anspruch auf eine Ausgleichsleistung. Diese Ausgleichsleistung wird auch als Nachtzulage, Nachtzuschlag oder Nachtschichtzuschlag bezeichnet. Wenn keine tariflichen Ausgleichsregelungen bestehen, entscheidet der Arbeitgeber, ob er den Nachtarbeitnehmenden einen Freizeitausgleich gewährt oder Zuschläge für Nachtarbeit zahlt (§ 6 ArbZG). Laut Arbeitszeitgesetz soll der Nachtzuschlag „angemessen“ sein. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat 2015 in einem Urteil klargestellt, dass Zuschläge für die Nachtschicht 25 Prozent des Bruttostundenlohns betragen müssen. Es existieren jedoch auch einige Ausnahmen, in denen die Zuschläge bei Nachtarbeit anders berechnet werden:
- Ein Tarifvertrag kann eine andere Berechnung für den Nachtzuschlag festlegen.
- Die Nachtzulage kann geringer ausfallen, wenn die Nachtschicht deutlich weniger anstrengend als die Tagschicht ist, wie das etwa beim Bereitschaftsdienst der Fall sein kann.
- Ist die Belastung durch die nächtliche Arbeit besonders groß, weil ein Arbeitnehmer beispielsweise dauerhafte Nachtarbeit leistet, stehen ihm höhere gesetzliche Zuschläge für Nachtarbeit zu. Die Nachtzulage beträgt dann laut BAG-Urteil 2015 in der Regel 30 Prozent.
Der Freizeitausgleich für Arbeitnehmer, die in der Nacht arbeiten, bemisst sich nach denselben Prozentsätzen, die für Nachtzuschläge gelten. Grundsätzlich kann man von 25 Prozent ausgehen und wenn ein Arbeitnehmer vier achtstündige Nachtschichten hinter sich hat, hat er einen Anspruch auf einen zusätzlichen freien Tag.
Ist die Nachtzulage steuerfrei für Arbeitnehmer? Bei einem Grundlohn von maximal 50 Euro ist ein Nachtzuschlag von bis zu 25 Prozent steuerfrei. Für die als besonders belastend geltenden Nachtarbeitsstunden zwischen 0 und 4 Uhr setzt der Gesetzgeber eine höhere Steuerfreigrenze an. So ist in diesem Zeitraum eine Nachtzulage von 40 Prozent erlaubt, sofern die Arbeit vor Mitternacht aufgenommen wurde.
Dürfen Schwangere nachts arbeiten?
Das Mutterschutzgesetz verbietet grundsätzlich Nachtarbeit in der Schwangerschaft sowie für stillende Frauen für den Zeitraum von 20 bis 6 Uhr (§ 5 MuSchG). Es besteht allenfalls die Ausnahme, dass Schwangere oder Stillende zwischen 20 und 22 Uhr arbeiten dürfen (§ 28 MuSchG). Dies ist der Fall, wenn
- sich die schwangere oder stillende Arbeitnehmerin ausdrücklich dazu bereit erklärt,
- aus einem ärztlichen Gutachten hervorgeht, dass nichts gegen eine Beschäftigung bis 22 Uhr spricht,
- eine unverantwortbare Gefährdung für die Schwangere oder Stillende beziehungsweise ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
Die Ausweitung der Arbeitszeit auf den Zeitraum von 20 bis 22 Uhr für schwangere oder stillende Frauen muss schriftlich bei der zuständigen Aufsichtsbehörde beantragt werden und ist daher an deren Genehmigung gebunden.
Übrigens: Mütter, die in Elternzeit sind, können einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, bei der sie im Monatsdurchschnitt maximal 30 beziehungsweise 32 Stunden wöchentlich arbeiten. Auch für sie gilt das Nachtarbeitsverbot, insofern sie erneut schwanger sind und/oder ihr Kind stillen.
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