Viele, die eine Dienstreise antreten, fragen sich, ob Dienstreisen Arbeitszeit sind oder was alles zur Arbeitszeit dazugehört. Und ist die An- und Abreisezeit Arbeitszeit, die zu vergüten ist? Wir erläutern Ihnen, welche Regeln für die Arbeitszeit auf Geschäftsreisen gelten und wann Reisezeit vergütungspflichtig ist.
- Was ist eine Dienst- oder Geschäftsreise?
- Arbeitszeitgesetz: Dienstreise und Arbeitszeit
- Was zählt bei Dienstreisen als Arbeitszeit?
- Zählt Arbeitszeit zur Reisezeit? Wann ist Reisezeit Arbeitszeit?
- Erfolgt bei der Dienstreise eine Vergütung der Reisezeit?
Was ist eine Dienst- oder Geschäftsreise?
Voraussetzung für eine Dienstreise ist, dass Mitarbeiter mit einer festen Arbeitsstätte an einem anderen Ort für ihr Unternehmen im Einsatz sind. Dieser Ort befindet sich nicht in unmittelbarer Nähe des Betriebs oder in derselben Stadt, denn sonst würde man von einem Dienstgang sprechen. Damit von einer Dienstreise die Rede sein kann, muss der Mitarbeiter eine gewisse räumliche Entfernung überwinden. Eine Mindestentfernung gibt es nicht; manchmal gilt die Überschreitung von Stadtgrenzen als Entscheidungskriterium, ob es sich um einen Dienstgang oder vielmehr um eine Dienstreise beziehungsweise eine Dienstfahrt handelt.
Der Arbeitgeber darf aufgrund seines Weisungs- und Direktionsrechts Dienstreisen anordnen. Das ist auch dann der Fall, wenn Dienstreisen im Arbeitsvertrag nicht explizit erwähnt werden. Insofern die angeordnete Dienstreise oder Dienstfahrt mit den Aufgaben des Arbeitnehmers in Verbindung stehen, muss er die Dienstreise antreten. Typische Beispiele für Dienstreisen sind der Besuch von Messen, Tagungen oder Schulungen, auswärtige Kundentermine oder Besuche von Geschäftspartnern.
Zu Dienst- oder Geschäftsreisen gibt es im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) keine ausdrücklichen Regelungen. Bestimmungen zur Arbeitszeit bei Dienstreisen findet man häufig in Arbeits- und Tarifverträgen sowie in Betriebsvereinbarungen. Steuerrechtlich ist von „beruflich veranlassten Auswärtstätigkeiten“ die Rede.
Arbeitgeber müssen Dienstreise-Regelungen aber nicht zwangsläufig im Arbeitsvertrag mit aufnehmen. Es ist möglich, zu einzelnen Dienstreisen konkrete Anweisungen zu erteilen. Sie können selbst festlegen, ob sie Reisezeiten von und zum Dienstort stets als Arbeitszeit vergüten oder ob der Arbeitnehmer auf der Dienstreise anfallende Überstunden zu einem späteren Zeitpunkt ausgleichen kann.
Was ist Wegezeit? Mit Wegezeit ist der Arbeitsweg gemeint – die Strecke, die ein Arbeitnehmer von seinem Zuhause bis zur regelmäßigen Arbeitsstätte zurücklegen muss. Die Wegezeit zählt nicht als Arbeitszeit und wird nicht vergütet.
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Jetzt kostenlos prüfenArbeitszeitgesetz: Dienstreise und Arbeitszeit
Grundsätzlich gilt für die Arbeit auf der Dienstreise das Arbeitszeitgesetz, an dessen Vorgaben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer halten müssen:
- Arbeitnehmer dürfen maximal 8 Stunden am Tag arbeiten, in Ausnahmefällen sind 10 Stunden erlaubt. Eine Arbeitszeit auf der Dienstreise, die über 10 Stunden hinausgeht, darf weder vom Arbeitgeber gefordert noch vom Arbeitnehmer geleistet werden.
- Auch auf der Dienstreise werden Pausenzeiten von der Arbeitszeit abgezogen.
- Zwischen dem Arbeitsende des einen Tages und dem Arbeitsbeginn am Folgetag muss eine Ruhezeit von mindestens 11 Stunden liegen.
- Arbeitet der Arbeitnehmer auf der Dienstreise am Sonntag, muss er – wie es bei Feier- und Sonntagsarbeit üblich ist – innerhalb von zwei Wochen einen Ersatzruhetag erhalten (§ 11 ArbZG).
- Wenn auf der Dienstreise Überstunden entstehen, werden diese vergütet, insofern der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet hat oder billigt.
Was zählt bei Dienstreisen als Arbeitszeit?
Am Zielort der Dienstreise gelten für den Arbeitnehmer die üblichen Arbeitszeiten; grundsätzlich sind das acht Stunden Arbeitszeit. Das ist auch der Fall, wenn ein Meeting erst eine Stunde nach regulärem Arbeitsbeginn startet. Der Mitarbeiter muss diese Stunde dann nicht nachholen. Allerdings kann sein Arbeitgeber ihn dazu anhalten, die eine Stunde vor dem Meeting für die Arbeit zu nutzen.
Findet die Dienstreise außerhalb der regulären Arbeitszeit statt (abends oder am Wochenende), muss zwischen Arbeits- und Ruhezeit unterschieden werden. Vor allem für mehrtägige Dienstreisen gilt, dass Arbeitszeit schwer von Freizeit abzugrenzen ist. Zur Arbeitszeit zählen alle geschäftlichen Tätigkeiten wie beispielsweise:
- Termine mit Kunden und Geschäftspartnern
- Vorbereiten von Terminen und Meetings
- Meetings und Besprechungen
- berufliche Telefonate, das Beantworten beruflicher E-Mails und Gespräche
- Geschäftsessen
Die Zeit, die der Mitarbeiter mit anderen Dingen verbringt (etwa Essen in der Unterkunft, privater Restaurantbesuch, Aufenthalt im Hotelzimmer), gilt als Freizeit beziehungsweise Ruhezeit, die der Arbeitgeber nicht vergüten muss. Damit gilt auf der Dienstreise nicht als Arbeitszeit die Übernachtung in einem Hotel oder das Abendessen nach einer auswärtigen Besprechung.
Bezüglich der Arbeitszeit bei einer Dienstreise innerhalb der regulären Arbeitszeit des Arbeitnehmers, kommt es normalerweise kaum zu Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz. Anderes gilt für Dienstreisen über größere Entfernungen oder außerhalb der regulären Arbeitszeit. Dabei kann es passieren, dass gesetzlich vorgeschriebene maximale Arbeitszeiten überschritten werden. Hier ist danach zu fragen, welcher Teil der Dienstreise als Arbeitszeit zu betrachten ist.
Zählt Reisezeit zur Arbeitszeit? Wann ist Reisezeit Arbeitszeit?
Grundsätzlich ist die Reisezeit gemäß Arbeitszeitgesetz im Gegensatz zur Arbeit vor Ort nicht als Arbeitszeit einzustufen. Ob die Hin- und Rückfahrt bei einer Dienstfahrt als Arbeitszeit im Sinne des Gesetzes gelten, hängt unter anderem von der Weisung des Arbeitgebers ab.
Dienstreise innerhalb oder außerhalb der regulären Arbeitszeit
Anders verhält es sich mit der An- und Abreise beziehungsweise der Reise- oder Fahrzeit zum jeweiligen Dienstort. Hierbei ist zu unterscheiden, ob die Dienstfahrt innerhalb oder außerhalb der regulären Arbeitszeit stattfindet:
- Bei einer Dienstreise zählt Fahrzeit als Arbeitszeit, wenn die Fahrten mit dem Auto oder dem Zug oder der Flug während der Arbeitszeit stattfinden und vom Arbeitgeber veranlasst sind. Das gilt auch, wenn der Mitarbeiter währenddessen nicht arbeitet.
- Die Fahrt vom Dienstort zurück zur Wohnung des Arbeitnehmers außerhalb der regulären Arbeitszeit zählt nicht als Arbeitszeit, sondern als Reisezeit.
- Findet die Dienstreise außerhalb der regulären Arbeitszeit statt und erledigt der Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers während der Fahrt Arbeit, gilt die Reisezeit als Arbeitszeit.
- Arbeitet ein Mitarbeiter während der Fahrzeit freiwillig, ist Reisezeit nicht automatisch Arbeitszeit. Reisezeit ohne Arbeit gilt normalweise als Ruhezeit, daher kann der Arbeitgeber entscheiden, ob er die Zeit in diesem Fall vergütet.
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Jetzt kostenlos prüfenWahl des Fortbewegungsmittels für die Dienstreise
Bei der Anrechnung von Reisezeiten bei Dienstreisen kommt es den Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nach auch auf die Art des Fortbewegungsmittels an:
- Weist der Arbeitgeber den Mitarbeiter an, die Dienstreise mit dem Pkw anzutreten, ist Reisezeit gleich Arbeitszeit. Für den Beifahrer ist die Fahrzeit nicht als Arbeitszeit zu werten, denn passive Reisezeit ist keine Arbeitszeit.
- Verlangt der Arbeitgeber die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln und kann der Mitarbeiter aufgrund mangelnder Weisung durch den Arbeitgeber über seine Zeit frei verfügen, ist die Fahrt als Ruhezeit und somit nicht als Arbeitszeit anzusehen. Reisezeit ist auch keine Arbeitszeit, laut einem Urteil des BAG vom 11.07.2006, wenn der Arbeitnehmer während der Fahrt freiwillig arbeitet.
- Überlässt der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Wahl des Fortbewegungsmittels, liegt keine Arbeitszeit, sondern Ruhezeit vor. Der Grund: Der Arbeitnehmer hätte theoretisch die Möglichkeit, sich zu erholen. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer einen Pkw nutzt, obwohl der Arbeitgeber öffentliche Verkehrsmittel vorschreibt.
Hinweis: Für Dienstreise und Arbeitszeit laut Tarifvertrag öffentlicher Dienst und Bundesangestelltentarifvertrag gilt, dass Reisezeit außerhalb der regulären Arbeitszeit nur im Ausnahmefall vergütet wird (§ 44 Abs. 2 TVöD, § 17 BAT).
Was gilt für Dienstreisen ins Ausland?
Führt eine Dienstreise ins Ausland, ist Reisezeit gleich Arbeitszeit, so ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17.10.2018. Im Fall ging es um eine mehrtägige Dienstreise nach China, bei der der Arbeitgeber dem Mitarbeiter pro Tag acht Stunden Arbeitszeit, aber keine Reisezeit vergütet hat. Da die Reise nach China und zurück insgesamt 37 Stunden in Anspruch nahm, forderte der Kläger die Vergütung dieser Reisezeit. Das BAG urteilte, dass die gesamte Reisezeit als Arbeitszeit zu vergüten ist, denn es handele sich um erforderliche Reisezeiten zu einer auswärtigen Arbeitsstelle, die ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers sind.
Ob dieses Urteil noch Auswirkungen auf die Regelungen zur Reisezeit innerhalb Deutschlands haben wird, bleibt abzuwarten. Für die Geschäftsreise ins Ausland gilt aber: Reisezeit ist als Arbeitszeit anzusehen, wenn der Arbeitgeber die Dienstfahrt so angeordnet hat.
Dienstreise vs. Entsendung: Sobald ein Arbeitnehmer für seinen Arbeitgeber außerhalb Deutschlands tätig ist, spricht man auch von einer Entsendung. Dabei spielt keine Rolle, ob die Dienstreise nur ein paar Stunden andauert oder ob es sich um einen längeren Aufenthalt handelt. Für die Dienstreise gilt eine maximale Dauer von drei Monaten meist als steuerrechtlich unbedenklich, da die Zahlung von Dienstreise-Zulagen steuerfrei bleibt.
Erfolgt bei der Dienstreise eine Vergütung der Reisezeit?
Grundsätzlich ist dienstlich veranlasste Reisezeit zu vergüten. Dabei brauchen Reisezeiten nicht mit demselben Stundenlohn vergütet werden, mit dem die sonstige Arbeitsleistung vergütet wird. Wie Reisezeiten zu vergütet sind, hängt in erster Linie von den Regelungen im Arbeits- oder Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ab. Möglich ist, vertraglich zu vereinbaren, dass eine bestimmte Anzahl an Fahrtstunden täglich oder monatlich mit der üblichen Vergütung abgegolten werden. Weiterhin ist die Vergütung einer bestimmten Anzahl an Stunden pro Reisetag denkbar. So findet sich manchmal in Tarifverträgen eine Regelung, dass an Reisetagen pauschal 12 Stunden bezahlt werden. Für die Vergütung ist dann unerheblich, ob am Reisetag die Reise- und Arbeitszeit auf der Dienstreise tatsächlich 12 Stunden umfasst hat.
Reisezeiten innerhalb der Arbeitszeit
Gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch sind Reisezeiten zu vergüten, wenn sie während der regulären Arbeitszeit stattfinden (§ 611a Abs. 2 BGB). Weiterhin gilt:
- Wenn Fahrzeiten zur Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers (etwa bei Außendienstmitarbeitern oder Lkw-Fahrern) gehört, sind sie zu vergüten.
- Sofern das Fahren der Durchführung der Hauptleistungspflicht dient (etwa bei Handelsvertretern), ist die Reisezeit zu vergüten.
- Kommt der Arbeitnehmer während der Dienstfahrt seiner arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht nach, indem er etwa eine Präsentation für einen anstehenden Termin vorbereitet oder geschäftliche E-Mails unterwegs beantwortet, ist die Reisezeit Arbeitszeit und somit zu vergüten.
Reisezeiten außerhalb der Arbeitszeit
Zählt die Reisezeit nicht zur Hauptleistung des Arbeitnehmenden, bildet das Bürgerliche Gesetzbuch die Anspruchsgrundlage für die Vergütung von Reisezeiten (§ 612 Abs. 1 BGB). Demnach gilt:
- Reisezeiten im Interesse des Arbeitgebers außerhalb der regulären Arbeitszeit sind zu vergüten, wenn das vereinbart wurde oder eine Vergütung „den Umständen nach“ zu erwarten ist.
- Wurde keine Regelung getroffen, kommt es auf den konkreten Einzelfall an. Es existiert kein Rechtssatz, nach dem Reisezeiten stets oder regelmäßig vergütet werden müssen. Insbesondere bei Führungskräften oder Beschäftigten, die deutlich mehr als der Durchschnitt verdienen, besteht keine Vergütungspflicht.
- Je nach Beurteilung der Umstände der Reise kommt auch eine Vergütung eines Teils der Reisezeit in Betracht.
Ohne eine Regelung im Tarifvertrag, kommt es immer darauf an, ob im Arbeitsvertrag oder auf andere Weise eine Bezahlung der Reisezeit vereinbart wurde. Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist zu beachten, dass der Arbeitgeber lediglich die „erforderlichen“ Reisezeiten vergüten muss. Im Rahmen einer Flugreise ist das die Reisezeit, die bei einem Direktflug in der Economy-Class anfällt.
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