Arbeitszeiterfassung meint das Dokumentieren der Arbeitszeit von Arbeitnehmern mithilfe von Stundenzetteln, Hardware-Lösungen oder mittels webbasierter oder mobiler Softwarelösungen. Lesen Sie, ob die Erfassung von Arbeitszeiten hierzulande für Arbeitgeber verpflichtend ist, welche Modelle es zur Zeiterfassung gibt und für welche Betriebe sie sich eignen.
- Gesetzliche Regelungen zur Arbeitszeiterfassung
- Arbeitszeiterfassung 2022: Wann wird die Arbeitszeiterfassung Pflicht?
- Wo ist die Erfassung der Arbeitszeit jetzt schon verpflichtend?
- Arbeitszeiterfassungssysteme: Wie kann ich meine Arbeitszeiten erfassen?
- Welches Arbeitszeiterfassungssystem eignet sich für welchen Betrieb?
Gesetzliche Regelungen zur Arbeitszeiterfassung
Nicht nur Regelungen aus dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) spielen bei der Arbeitszeiterfassung eine Rolle. Mit den modernen digitalen Möglichkeiten der Arbeitszeitendokumentation rückt auch immer mehr das Thema Datenschutz in den Vordergrund. Aus diesem Grund sind auch die gesetzlichen Regelungen aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union und aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) im Zusammenhang mit der Arbeitszeiterfassung wichtig.
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Jetzt kostenlos prüfenArbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz
Im Arbeitszeitgesetz ist eine gesetzliche Regelung zur Arbeitszeiterfassung enthalten, die besagt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die über die werktäglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit aufzuzeichnen (§ 16 ArbZG). Das bedeutet, der Arbeitgeber muss zusätzliche Arbeitszeit beziehungsweise Überstunden seiner Arbeitnehmer dokumentieren. Weiterhin steht zur Arbeitszeiterfassung im Gesetz, dass der Arbeitgeber ein Verzeichnis darüber führen muss, welche Mitarbeiter einer Verlängerung der Arbeitszeit eingewilligt haben. Beide Nachweise sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
Das Arbeitszeitgesetz zielt bei Arbeitszeiterfassung also nicht darauf ab, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer minutiös zu dokumentieren. Vielmehr geht es darum, dass die maximale Arbeitszeit von acht Stunden am Tag oder 40 Stunden je Woche nicht überschritten wird. Die Arbeitszeitkontrolle dient demnach dazu, die vertraglich vereinbarte Mindest- und Höchstarbeitszeit nachweislich zu belegen. Wie die Arbeitszeiterfassung genau aussehen soll, darüber trifft das Arbeitszeitgesetz keine Aussagen.
Versäumt ein Arbeitgeber es, Überstunden zu erfassen, drohen dem Unternehmen drastische Strafen. Es gibt allerdings auch besondere Berufsgruppen, für die die Pflicht zur Überstundenerfassung nicht gilt; dazu gehören Ärzte, Steuerberater, Politiker, Rechtsanwälte und Architekten.
Datenschutz bei Arbeitszeiterfassung
Da moderne Zeiterfassungssysteme nicht ausschließlich den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende aufzeichnen, sondern teils in der Lage sind, auch Daten abseits der Arbeitszeiterfassung zu dokumentieren, greifen hier das Bundesdatenschutzgesetz sowie die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die Zeiten, die digitale Arbeitszeiterfassungssysteme dokumentieren, zählen nämlich zu den personenbezogenen Daten. Das Bundesdatenschutzgesetz regelt, dass automatisiert verarbeitete oder genutzte personenbezogene Daten besonderen Anforderungen des Datenschutzes gerecht werden müssen, was durch die innerbetriebliche oder innerbehördliche Organisation zu gewährleisten ist (§ 9 BDSG).
Sowohl die Datenschutz-Grundverordnung als auch das Bundesdatenschutzgesetz halten Prinzipien fest, die den Missbrauch und die Weitergabe personenbezogener Daten (inklusive der Daten durch Arbeitszeitverfassung) verhindern sollen. So ist auch geregelt, dass die Daten zu den Arbeitszeiten einem Datenschutz unterliegen. Die aufgezeichneten Arbeitszeiten dürfen nur zur Bestimmung der Arbeitszeiten dienen und nicht für andere Zwecke eingesetzt werden.
Hinweis: DSGVO und BDSG werden seit Mai 2018 parallel angewendet. Während die DSGVO für alle EU-Mitgliedsstaaten gilt, ist das BDSG ausschließlich auf den nationalen Raum anzuwenden. Das BDSG kann von jedem EU-Land selbst bestimmt werden.
Arbeitszeiterfassung 2022: Wann wird die Arbeitszeiterfassung Pflicht?
Am 14. Mai 2019 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Arbeitgeber aller EU-Länder die gesamten Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter systematisch aufzeichnen müssen. Nur so lasse sich sicherstellen, dass Maximalarbeitszeiten nicht überschritten werden. In der Urteilsbegründung heißt es, es sei ein Grundrecht aller europäischen Arbeitnehmer, einen Anspruch auf die Einhaltung wöchentlicher zulässiger Arbeitszeiten und täglicher Ruhezeiten zu haben. Ohne eine Erfassung aller Arbeitszeiten ist dieses Grundrecht nicht zu realisieren, so die Meinung der Richter.
Das Urteil zur Arbeitszeiterfassung des EuGH richtet sich zunächst an die Länder der Europäischen Union, die nun verpflichtet sind, das Urteil möglichst zeitnah über die Einführung neuer Gesetze umzusetzen. Bislang gilt für Deutschland noch das durch das Arbeitszeitgesetz festgelegte Recht auf die Dokumentation von Arbeitszeiten, das im Unterschied zur Rechtsprechung des EuGH Arbeitgeber nur zur Erfassung von Überstunden verpflichtet.
Wann das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung in Deutschland in Kraft treten und Arbeitszeiterfassung zur Pflicht wird, ist noch nicht abzusehen. Das geltende Recht aus dem Arbeitszeitgesetz wird abgelöst, sobald der Bundestag das Urteil des EuGH in ein neues Gesetz verpackt und verabschiedet.
Wo ist die Erfassung von Arbeitszeit jetzt schon verpflichtend?
Zwar ist die Arbeitszeiterfassung in Deutschlang bislang keine gesetzliche Pflicht, dennoch existieren besondere Regeln zur Stundenerfassung für einige Branchen, die das Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) benennt. So ist es für Arbeitgeber dieser Wirtschaftszweige bereits jetzt verpflichtend, Arbeitszeiten zu erfassen:
- Gaststätten und Herbergen
- Baugewerbe
- Forstwirtschaft
- Gewerbe zur Personenbeförderung
- Transport- und Logistikunternehmen, Speditionen
- Messebau
- Fleischwirtschaft
- Gebäudereinigung
- Paket- und Zeitungszustellung
Für Arbeitgeber, die Arbeitnehmer mit dem Mindestlohn beschäftigten, gilt schon seit Januar 2015, dass sie alle Arbeitszeiten der Mitarbeiter minutengenau dokumentieren müssen. Auch für die Arbeitszeiterfassung im Minijob gilt gemäß Mindestlohngesetz eine Dokumentationspflicht über Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit (§ 17 MiLoG). Das Arbeitszeitgesetz schreibt zudem vor, dass die Arbeitszeiten von Berufskraftfahrern genau zu dokumentieren sind, etwa die Lenkzeit von Lkw-Fahrern (§ 21a ArbZG).
Achtung: Arbeitgeber müssen dokumentierte Arbeitszeiten mindestens zwei Jahre nach Beginn der Aufzeichnung aufbewahren. Zudem sind Arbeitszeiten spätestens nach dem 7. Tag der erbrachten Arbeitsleistung zu erfassen.
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Jetzt kostenlos prüfenArbeitszeiterfassungssysteme: Wie kann ich meine Arbeitszeiten erfassen?
Viele Unternehmen nutzen schon heute Zeiterfassungssysteme. Vor allem zur Stundenerfassung, wenn Mitarbeiter nach Stunden bezahlt werden, ist es ein Muss, Arbeitszeiten zu erfassen. Für die Arbeitszeitendokumentation gibt es unterschiedliche Modelle. Bislang ist Zeiterfassung noch an keine feste Form gebunden, was sich aber zukünftig ändern könnte, wenn Arbeitszeiterfassung zur Pflicht wird.
Einfache Arbeitszeiterfassung (Stundenzettel)
Hierbei handelt es sich wohl um die älteste Form zur Erfassung von Arbeitszeit. Mitarbeiter füllen meistens einen unternehmensinternen Vordruck eigenständig aus, auf dem sie Arbeitsbeginn, Arbeitsende und Pausenzeiten dokumentieren. Dieser Stundenzettel ist dann regelmäßig beim Arbeitgeber einzureichen. In manchen Betrieben nutzen Mitarbeiter zur Stundenerfassung auch Excel-Tabellen, um ihre Arbeitszeiten zu protokollieren.
Dieses Modell zur Erfassung der Arbeitszeiten ist kostengünstig und einfach zu handhaben, denn der Betrieb ist an keine externe Software oder ähnliches gebunden. Allerdings ist diese Vorgehensweise zur Stundenerfassung aufgrund ihres hohen Zeit- und Arbeitsaufwandes bei der Auswertung nicht mehr zeitgemäß. Ein Problem ist auch, dass Stundenzettel verloren gehen können. Die einfache Zeiterfassung eignet sich allenfalls für Betriebe mit einer übersichtlichen Anzahl von Mitarbeitern.
Elektronische Arbeitszeiterfassung (digitale Stempeluhr)
Hardware-Lösungen für die stationäre Zeiterfassung bieten eine weitere Möglichkeit, um Arbeitszeiten zu protokollieren. Für die digitale Arbeitszeiterfassung melden Arbeitnehmer sich an einem fest installierten Hardware-Terminal, das mit einer Software verbunden ist, im Betrieb mittels RFID-Transponder oder -Karte, Smartphone oder Fingerabdruck selbst an und ab. Die Arbeitszeitdaten der einzelnen Mitarbeiter werden automatisch in einer Datenbank gespeichert und können für die Entgeltabrechnung abgerufen werden.
Diese Form der digitalen Arbeitszeiterfassung bedeutet für das Unternehmen wenig Verwaltungs- und Zeitaufwand, vor allem bei der Lohnbuchhaltung. Für Beschäftigte hat es – im Vergleich zur einfachen Zeiterfassung per Stundenzettel – den Vorteil, dass sie ihre geleistete Arbeitszeit sowie ihre Überstunden jederzeit einsehen können. Für die Arbeitszeiterfassung im Homeoffice oder während der Dienstreise ist dieses Modell nicht geeignet.
Arbeitszeiterfassung online
Webbasierte oder mobile Lösungen können anstelle von fest installierten Hardware-Terminals genutzt werden, um Arbeitszeiten zu dokumentieren. Dabei checken Arbeitnehmer über eine zentrale Zeiterfassungs-Software (etwa ein Onlinedienst oder Onlineportal) über den eigenen PC oder über eine App ein. Bei Arbeitsende melden sich die Mitarbeiter wieder aus dem Zeiterfassungssystem ab.
Der Vorteil dieses Zeiterfassungssystems ist, dass es auch Mitarbeiter, die im Homeoffice arbeiten, auf Dienstreise sind oder im Außendienst arbeiten, nutzen können. Beschäftigten ermöglichen mobile oder webbasierte Zeiterfassungsmodelle mehr Transparenz, da sie jederzeit ihre geleistete Arbeitszeit, ihre Überstunden und Fehlzeiten sowie ihre Resturlaubstage einsehen können.
Über die meisten Anwendungen zur Arbeitszeiterfassung können Arbeitnehmer heutzutage sogar Urlaubsanträge einreichen und genehmigen lassen sowie Urlaubstage stornieren. Hierdurch verringert sich der Arbeits- und Zeitaufwand für die Buchhaltung enorm. Voraussetzung für dieses Zeiterfassungssystem ist, dass jeder Beschäftigte über einen eigenen PC beziehungsweise über ein eigenes Firmenhandy verfügt.
Welches Arbeitszeiterfassungssystem eignet sich für welchen Betrieb?
Welches das richtige System zur Erfassung der Arbeitszeit ist, hängt letztendlich von verschiedenen Faktoren ab:
- Branche: Nicht bei jeder Art von Betrieb ist es sinnvoll, Arbeitszeit genauestens zu dokumentieren. Bei Büro- und Beamtentätigkeiten rechnen Arbeitgeber häufig mit pauschalen Arbeitszeiten.
- Unternehmensgröße: Die Anzahl der Mitarbeiter spielt eine Rolle bei der Erfassung von Arbeitszeit. So greifen Kleinbetriebe eher auf einfache Systeme der Arbeitszeiterfassung zurück, während größere Unternehmen mit mehreren Tausend Mitarbeitern die Arbeitszeiten digital erfassen.
- Digitalisierungsgrad: Der Digitalisierungsgrad des Betriebs ist ebenfalls von Bedeutung, wenn es darum geht, ob Online-Arbeitszeiterfassung oder elektronische Zeiterfassung zum Einsatz kommt. Arbeitet ein Großteil der Mitarbeiter etwa ausschließlich im Homeoffice eignen sich zum Arbeitszeit erfassen andere Zeiterfassungssysteme als für Beschäftigte vor Ort.
- Arbeitszeitmodell: Ob in Schichtdienst, Gleitzeit oder mit Vertrauensarbeitszeit gearbeitet wird, hat auch Einfluss auf die Wahl des Systems zur Zeiterfassung. Der Grund ist, dass nicht immer einheitliche Kernzeiten existieren, in denen alle Mitarbeiter vor Ort sind.
In Deutschland hat der Betriebsrat eines Unternehmens ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um die Einführung und Anwendung von Arbeitszeiterfassungssystemen geht. Der Betriebsrat darf dabei mitbestimmen, wie das Zeiterfassungssystem in der Praxis umgesetzt werden soll. Nicht mitbestimmen darf der Betriebsrat dagegen bei der Wahl des Modells zur Zeiterfassung. Die Geschäftsführung und der Betriebsrat können dann eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeiterfassung schließen.
Falsche Arbeitszeiterfassung durch Arbeitgeber? Rechnet der Arbeitgeber keine Überstunden ab oder manipuliert er Zeiterfassungssysteme zu Lasten seiner Arbeitnehmer, ist es möglich, den Betriebsrat einzuschalten und Klage beim Arbeitsgericht gegen den Arbeitgeber einzureichen.
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