Welche Gründe gibt es für eine Abmahnung im Öffentlichen Dienst? Muss der Betriebs- oder Personalrat über eine TVöD-Abmahnung in Kenntnis gesetzt werden? Haben Angestellte des Öffentlichen Dienstes ein Recht auf eine Anhörung bei einer Abmahnung? Diese und weitere Fragen klären wir hier.
- Ermahnung und Abmahnung – Öffentlicher Dienst
- Typische Abmahnungsgründe Öffentlicher Dienst
- Abmahnung Öffentlicher Dienst: Gründe für fristlose Kündigung
- Fristen und Verjährung: Abmahnung Öffentlicher Dienst
- Abmahnung Öffentlicher Dienst: Anhörung und Anhörungsrecht
- Abmahnung: Öffentlicher Dienst und Personalrat
Ermahnung und Abmahnung – Öffentlicher Dienst
Mit einer Abmahnung im Öffentlichen Dienst beanstandet der Dienstherr oder der öffentliche Arbeitgeber Vertragsverstöße oder Pflichtverletzungen eines Beschäftigten und weist darauf hin, dass im Falle der Wiederholung der Bestand des Beschäftigungsverhältnisses gefährdet ist. Ein Arbeitnehmer kann nur für ein Verhalten abgemahnt werden, das auch eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen würde. Es muss für eine Abmahnung also grundsätzlich ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund vorliegen; für eine Lappalie darf niemand abgemahnt werden. Und der Arbeitnehmer muss durch eine Verhaltensänderung selbst steuern können, dass das abgemahnte Verhalten nicht erneut auftritt.
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Jetzt kostenlos prüfenVerwarnungen oder Ermahnungen sind von Abmahnungen zu unterscheiden, denn bei ersteren handelt es sich lediglich um einfache Vertragsrügen. Ermahnungen haben keine Warn-Funktion, denn der Arbeitgeber macht dem Arbeitnehmer mit einer Ermahnung nicht deutlich, dass er im Wiederholungsfall mit einer Kündigung rechnen müssen.
Nicht selten sprechen Arbeitgeber eine Ermahnung im Öffentlichen Dienst als Vorstufe zu einer Abmahnung aus. Ermahnungen erfolgen in der Regel mündlich und haben keine rechtlichen Konsequenzen.
Typische Abmahnungsgründe Öffentlicher Dienst
Als Gründe für eine Abmahnung im TVöD-Geltungsbereich (Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst) aufgrund schuldhafter Verletzungen arbeitsvertraglicher Pflichten kommen Störungen im Leistungs- und Vertrauensbereich infrage. Für eine Abmahnung im Öffentlichen Dienst können unter anderem diese Gründe bestehen:
- Schlechtleistungen
- langsamen Arbeiten, Nichteinhalten von Deadlines oder Zeitvorgaben
- Fehlleistungen infolge von Nichtbeachtung von Arbeitsvorgaben
- Arbeitsverweigerung
- Störungen des Betriebsfriedens beziehungsweise der betrieblichen Ordnung
- Beschädigung von Betriebseigentum durch unsachgemäßen Umgang
- häufiges Zuspätkommen
- Arbeitszeitbetrug (etwa durch Überziehen von Pausen)
- unentschuldigtes Fehlen
- zu spätes Einreichen von Krankmeldungen
- unerlaubte Privatnutzung von Internet, Telefon und Laptop
- Unhöflichkeit gegenüber Kunden
- Beleidigung des Arbeitgebers, von Vorgesetzten, Kollegen oder Kunden
- Diebstahl im Bagatellbereich
- Nebentätigkeiten mit Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot
- Verstöße gegen das Alkohol– oder Rauchverbot am Arbeitsplatz
- weniger gravierende und einmalige Tätlichkeiten
- nicht schwerwiegende sexuelle Belästigung (etwa Bemerkungen sexuellen Inhalts oder das Anbringen pornografischer Darstellungen)
Abmahnung Öffentlicher Dienst: Gründe für fristlose Kündigung
Nicht jede verhaltensbedingte Kündigung setzt eine vorher vergeblich erteilte Abmahnung voraus. Gleichwohl ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sowohl bei Störungen im Leistungs- als auch im Vertrauensbereich zu prüfen, ob eine Abmahnung erforderlich ist. Wenn eine Wiederherstellung des Vertrauens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erwartet werden kann, ist die Abmahnung im Öffentlichen Dienst grundsätzlich auszusprechen.
Eine fristlose Kündigung darf nicht unverhältnismäßig sein, da sie sonst unwirksam ist. Das heißt, wenn ein Angestellter dem Dienst unentschuldigt fernbleibt, darf er aufgrund dessen nicht sofort entlassen werden. In diesem Fall ist eine Abmahnung angebracht. Nach aktueller Rechtsprechung berechtigen etwa auch Diebstähle, bei denen sich der Schaden im Bereich weniger Euro bewegt, nicht mehr zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Vor allem dann nicht, wenn das Dienstverhältnis schon mehrere Jahre beanstandungsfrei bestanden hat.
Täuscht ein Arbeitnehmer seine Krankheit trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesenermaßen nur vor, kann eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung wegen Betrugsversuchs ausgesprochen werden. Auch schwerwiegende sexuelle Belästigungen müssen nicht erst abgemahnt werden, sondern berechtigen zur sofortigen Kündigung des Mitarbeiters.
Bei Tätlichkeiten und Körperverletzungen während der Arbeit ist häufig eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung angemessen. Handelt es sich allerdings um einen einmaligen Ausrutscher und einer wenig gravierenden Tätlichkeit, ist der Mitarbeiter lediglich abzumahnen.
Fristen und Verjährung: Abmahnung Öffentlicher Dienst
Laut der Rechtsprechung des BAG existiert für die Abmahnung im Öffentlichen Dienst keine Frist, nach derer es zur Verjährung der Abmahnung kommt. Dennoch kann sich ein öffentlicher Arbeitgeber bei einer verhaltensbedingten Kündigung nicht auf eine Abmahnung berufen, die vor langer Zeit ausgesprochen wurde und nach der sich der abgemahnte Arbeitnehmer einwandfrei verhalten hat. Auch wenn eine TVöD-Abmahnung nicht verjährt, hat sich in der Praxis folgende Wirkungsdauer von Abmahnungen durchgesetzt:
- leichte Pflichtverletzungen (zum Beispiel geringe Verspätungen): sechs bis zwölf Monate
- mittelschwere Pflichtverletzungen (etwa bei Fehlverhalten, das zur Beeinträchtigung des Betriebsablaufs führte): drei Jahre
- schwere Pflichtverletzungen (Beleidigungen oder Tätlichkeiten etwa): bis zu fünf Jahre
Allein das Verstreichen einer bestimmten Zeitspanne führt noch nicht dazu, dass ein Arbeitnehmer für seine TVöD-Abmahnung die Entfernung aus der Personalakte fordern kann. Eine Löschung der Abmahnung ist möglich, wenn die Aufbewahrung des Dokuments dem Arbeitnehmer Nachteile bringt oder die Abmahnung für das Arbeitsverhältnis rechtlich bedeutungslos geworden ist. Der Arbeitnehmer kann darauf klagen, dass eine zu Unrecht erteilte Abmahnung aus seiner Personalakte entfernt wird. Für die Erhebung einer Klage gibt es keine Fristen.
Abmahnung Öffentlicher Dienst: Anhörung und Anhörungsrecht
Der Tarifvertrag kann ein Anhörungsrecht für Mitarbeiter beziehungsweise ein Personalgespräch vor einer Abmahnung vorsehen. Gemäß Bundes-Angestelltentarifvertrag ist ein Mitarbeiter, bevor eine Abmahnung in seine Personalakte aufgenommen wird, anzuhören (§ 13 Abs. 2 BAT). Und auch für die Abmahnung im öffentlichen Dienst TV-L (Tarifvertrag der Länder) ist festgelegt, dass ein Mitarbeiter bei Beschwerden und Behauptungen tatsächlicher Art, die für ihn ungünstig oder nachteilig werden können, vor Aufnahme in die Personalakte angehört werden muss (§ 3 Abs. 6 TV-L).
Hat der öffentliche Arbeitgeber nicht vor, die Abmahnung in die Personalakte des Mitarbeiters aufzunehmen, muss auch keine Anhörung vor der Abmahnung laut TVöD stattfinden. Die Anhörung kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Die Äußerungen während der Anhörung oder eine Gegendarstellung des Abgemahnten werden mit in die Personalakte aufgenommen.
Verstößt ein öffentlicher Arbeitgeber gegen die Vorschriften und verzichtet auf die Anhörung des abgemahnten Mitarbeiters, hat der betroffene Arbeitnehmer Anspruch auf Entfernung der TVöD-Abmahnung aus der Personalakte. Dennoch kann eine Abmahnung, mit der gegen das Anhörungsrecht verstoßen wurde, als Grundlage für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung dienen. Das heißt, die rechtliche Wirkung als Vorstufe zur verhaltensbedingten Kündigung verliert eine Abmahnung im Öffentlichen Dienst auch dann nicht, wenn keine Anhörung des Arbeitnehmers erfolgt ist.
Fazit: Der Tarifvertrag sieht zwar ein Anhörungsrecht des betroffenen Mitarbeiters vor einer Abmahnung vor, dennoch ist die TVöD-Abmahnung auch ohne Anhörung wirksam und sie kann der Vorbereitung einer verhaltensbedingten Kündigung dienen.
Abmahnung: Öffentlicher Dienst und Personalrat
Was der Betriebsrat in der Privatwirtschaft ist, ist der Personalrat im Öffentlichen Dienst: Personalräte bestimmen bei der Gestaltung betrieblicher Prozesse mit und achten auf die korrekte Umsetzung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD).
Für die Abmahnung im Öffentlichen Dienst gilt im Allgemeinen, dass der Personalrat keine Anhörungs-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte hat. Allerdings kann in den Landespersonalvertretungsgesetzen (LPVG) der Bundesländer etwas anderes geregelt sein, wie diese Beispiele zeigen:
- Baden-Württemberg: Insofern der Beschäftigte dies beantragt, muss der Personalrat bei der Erteilung einer schriftlichen Abmahnung mitwirken (§ 81 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LPVG). Die Dienststelle unterrichtet den Personalrat über die beabsichtigte Abmahnung im Entwurf. Bei mündlichen Abmahnungen hat der Personalrat kein Mitwirkungsrecht.
- Bayern: Das Bayerische Personalvertretungsgesetz (BayPVG) sieht keine Beteiligung des Personalrats im Zusammenhang mit Abmahnungen vor.
- Berlin: Da Abmahnungen keine Disziplinarverfügungen (beamtenrechtliche Maßnahmen), sondern individualrechtliche Rügen des Arbeitgebers sind, besteht für den Personalrat kein Beteiligungsrecht an Abmahnungen (§ 90 Nr. 8 PersVG).
- Brandenburg: Das Personalvertretungsgesetz für das Land Brandenburg sieht ein Mitwirkungsrecht bei mündlichen und schriftlichen Abmahnungen vor (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 PersVG).
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