Arbeitnehmer, die freiwillig aus einem Arbeitsverhältnis ausscheiden, müssen im Sozialplan nicht mit einer Abfindung berücksichtigt werden. Aber: Hat der Arbeitgeber das Ausscheiden „veranlasst“, steht dem Arbeitnehmer eine Sozialplanabfindung zu. Wann eine Kündigung als „veranlasst“ gilt, wie sich die Abfindungshöhe berechnen lässt und welche Besonderheiten für rentennahe Jahrgänge gelten, erfahren Sie bei uns.
- Gibt es bei einer Kündigung nach Sozialplan eine Abfindung?
- Abfindung nach Sozialplan berechnen
- Sozialplanabfindung – Nur für gekündigte Arbeitnehmer?
- Wann hat der Arbeitgeber das Ausscheiden veranlasst?
- Sozialplan: Abfindung für rentennahe Jahrgänge – Besonderheiten für ältere Arbeitnehmer
- Wie ältere Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten können
- Wird eine Abfindung auf die Rente oder das Arbeitslosengeld angerechnet?
- Wann lohnt sich eine Kündigungsschutzklage trotz Sozialplan?
Gibt es bei einer Kündigung nach Sozialplan eine Abfindung?
Häufig, aber nicht immer erhalten Arbeitnehmer eine Abfindung nach Sozialplan. Es besteht nämlich keine gesetzliche Verpflichtung für eine Sozialplanabfindung. Der Arbeitgeber und der Betriebsrat können frei darüber entscheiden, wie sie ihre Mitarbeiter bei einer Kündigung nach Sozialplan unterstützen wollen.
Nicht nur der Sozialplan kann bei Kündigung eine Abfindung vorsehen. Oft bieten Arbeitgeber ihren Mitarbeitern auch eine Abfindung an, wenn sie einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen oder wenn sie selbst kündigen. Eine weitere Möglichkeit für Arbeitnehmer ist das Einreichen einer Kündigungsschutzklage, um an eine Abfindung zu gelangen.
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Jetzt kostenlos prüfenAbfindung nach Sozialplan berechnen
Die Höhe der Abfindung ist vom jeweiligen Sozialplan abhängig. Will man die Abfindung berechnen, sind jedoch stets die vier Sozialauswahl-Kriterien relevant, die auch eine Rolle spielen, wenn Mitarbeiter betriebsbedingt zu kündigen sind:
- Alter des Mitarbeiters
- Dauer seiner Betriebszugehörigkeit
- eventuelle Unterhaltspflichten
- mögliche Schwerbehinderung des Arbeitnehmers
Eine Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber regelt die Berechnung der Abfindung im Sozialplan. Zur Abfindungsberechnung stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
- Abfindungsformel oder
- Punkteverfahren.
Berechnung der Sozialplanabfindung mit Abfindungsformel
Der Großteil der Arbeitgeber und Betriebsräte greifen im Sozialplan für die Abfindungsberechnung auf die Abfindungsformel zurück. Es existiert allerdings keine gesetzlich festgelegte einheitliche Faustformel zur Sozialplanabfindung, die für alle Sozialpläne bindend ist. Berechnungen können deshalb im Einzelfall abweichen.
Eine Faustformel zur Berechnung der Sozialplanabfindung, die häufig verwendet wird, ist jedoch diese:
Die Berechnung der Höhe der Abfindung hängt von der Höhe des halben Brutto-Monatsgehalts und der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers im Betrieb ab. Ab einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten wird auf ein ganzes Jahr aufgerundet.
Rechenbeispiel mit Abfindungsformel:
Arbeitnehmerin A verdient 2.600 Euro brutto monatlich und arbeitet seit 13 Jahren und 7 Monaten im Betrieb.
2.600 € x 0,5 x 14 Jahre = 18.200 € Abfindung
Gut zu wissen: Insofern Arbeitnehmerin A als Sonderfall gilt, weil sie etwa an einer Schwerbehinderung leidet, erhöht sich die Abfindung noch einmal um einen im Sozialplan festgelegten Sozialbetrag.
Der Abfindungsrechner berechnet die sogenannte Regelabfindung. Dabei suggeriert der Begriff Regelabfindung etwas Falsches, eine wirkliche „Regel“ gibt es nicht. Die Regelabfindung dient dem Fachanwalt für Arbeitsrecht als Untergrenze, unter welche die Höhe der Abfindung nicht fallen sollte. Die „Regelabfindung“ beträgt 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr.
Oft werden statt Abfindungen auf Basis von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr auch Abfindungen mit einem Faktor von 1,0 oder sogar 1,5 ausgehandelt. Selbst ein Faktor von 2,5 wurde von unserem Fachanwalt für Arbeitsrecht, Herrn Wünsche, bereits erreicht.
Sozialplan: Abfindung berechnen nach Punkteverfahren
Bei dieser Art der Berechnung gibt es eine zuvor festgelegte Höchstsumme an auszuzahlenden Abfindungen. Jeder Arbeitnehmer, der gekündigt werden soll, wird zu einem bestimmten Prozentsatz an der Höchstsumme beteiligt. Der Prozentsatz einzelner Mitarbeiter hängt wiederum von den vier Sozialauswahl-Kriterien ab. Je Kriterium gibt es eine im Sozialplan festgelegte Punktzahl.
Letztendlich werden alle Punktzahlen der zu kündigenden Arbeitnehmer zusammengerechnet. Indem die Abfindungshöchstsumme durch die Gesamtpunktzahl aller Mitarbeiter geteilt wird, erhält man den Geldwert eines einzelnen Punktes.
Rechenbeispiel zum Punkteverfahren:
Der Betrieb kann 45.000 Euro als Gesamtbudget für Abfindungszahlungen zur Verfügung stellen. Vier Mitarbeiter sollen entlassen werden.
Mitarbeiter A erreicht 9 Punkte basierend auf den Punkten für die Kriterien der Sozialauswahl.
Mitarbeiter B erreicht 11 Punkte.
Mitarbeiter C und D erreichen jeweils 12 Punkte.
Die Gesamtpunktzahl liegt bei 44.
Für einen einzelnen Punkt ergibt sich ein Wert von 1.022,73 Euro (45.000 : 44).
Der Geldwert eines einzelnen Punktes multipliziert mit der Anzahl der durch den jeweiligen Arbeitnehmer erreichten Sozialplan-Punkte ergibt die Abfindung:
Mitarbeiter A erhält 9 x 1.022,73 € = 9.204,57 € Abfindung
Mitarbeiter B erhält 11 x 1.022,73 € = 11.250,03 € Abfindung
Mitarbeiter C und D erhalten jeweils 12 x 1.022,73 € = 12.272,76 € Abfindung
Sozialplanabfindung – Nur für gekündigte Arbeitnehmer?
Ein Sozialplan enthält oftmals die Regelung, dass Abfindungen nur Arbeitnehmern zustehen, denen gekündigt wird. Das bedeutet, kündigt ein Mitarbeiter selbst oder schließt er einen Aufhebungsvertrag ab, steht ihm keine Sozialplanabfindung zu. Oder doch?
Es besteht die Möglichkeit, dass Arbeitnehmer, nachdem sie einen Aufhebungsvertrag unterschrieben oder selbst gekündigt haben, eine Sozialplanabfindung verlangen können. Ein Aufhebungsvertrag ist eine freiwillige Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer; unterzeichnet ein Arbeitnehmer diesen, stimmt er der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu. Deshalb behandelt die Agentur für Arbeit die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages wie eine Eigenkündigung und verhängt in der Regel eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld.
Der Arbeitnehmer kann eine Sozialplanabfindung verlangen, wenn der Arbeitgeber den Abschluss des Aufhebungsvertrages oder die Eigenkündigung „veranlasst“ hat. Ist von einer Veranlassung auszugehen, stehen Arbeitnehmer mit Aufhebungsvertrag oder Eigenkündigung den Arbeitnehmern gleich, die vom Arbeitgeber eine Kündigung erhalten haben. Der Grund: Die Betriebsparteien sind an den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Betriebsverfassungsgesetz gebunden (§ 75 BetrVG).
Es handelt sich um einen Sonderfall, wenn die Eigenkündigung oder die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages durch den Arbeitgeber veranlasst wurde. Dem Arbeitnehmer stehen dann aber die im Sozialplan festgelegten Leistungen zu, die allenfalls gekürzt werden können.
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Jetzt kostenlos prüfenWann hat der Arbeitgeber das Ausscheiden veranlasst?
Nicht jede Äußerung zur Betriebslage des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer ist als Veranlassung zum freiwilligen Ausscheiden zu werten. Als sozialplanrelevante Veranlassung durch den Arbeitgeber gelten nicht:
- allgemeine Hinweise auf eine unsichere Lage des Betriebs
- Andeutungen bezüglich notwendig werdende Betriebsänderungen
- der Rat, sich eine neue Stelle zu suchen
Von einer „Veranlassung“ durch den Arbeitgeber ist allerdings auszugehen, wenn:
- der Arbeitgeber auf der Betriebsversammlung die Empfehlung ausspricht, sich aufgrund bevorstehender Entlassungen nach neuen Arbeitsplätzen umzusehen.
- der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mitteilt, dass nach der Betriebsänderung keine Weiterbeschäftigung mehr für diesen bestehen wird.
Von einer Veranlassung ist also auszugehen, wenn der Arbeitgeber im Hinblick auf eine konkret geplante Betriebsänderung die objektiv berechtigte Annahme beim Arbeitnehmer hervorruft, dass ohnehin eine betriebsbedingte Kündigung bevorsteht. Der Arbeitnehmer muss davon ausgehen, dass er mit einer Eigenkündigung oder dem Unterzeichnen eines Aufhebungsvertrages lediglich der notwendigen betriebsbedingten Kündigung zuvorkommt.
In vielen Aufhebungsverträgen wird vereinbart, dass der Arbeitnehmer auf sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verzichtet. Eine solche Klausel kann dem Arbeitnehmer nicht den Anspruch auf eine Abfindung aus dem Sozialplan verwehren, insofern der Betriebsrat der Klausel aus dem Aufhebungsvertrag nicht zugestimmt hat. Meistens ist der Betriebsrat an einem Aufhebungsvertrag nicht beteiligt, sodass die Chancen auf eine Sozialplanabfindung für den Arbeitnehmer steigen.
Tipp: Wenn der Aufhebungsvertrag keine eigene Abfindung vorsieht, sollten Arbeitnehmer vor Unterzeichnung desselben, anwaltlich prüfen lassen, ob sie auch tatsächlich im Nachhinein eine Sozialabfindung verlangen können.
Sozialplan: Abfindung für rentennahe Jahrgänge – Besonderheiten für ältere Arbeitnehmer
Es ist möglich, dass bei einer Kündigung nach Sozialplan ältere Arbeitnehmer auch eine höhere Abfindung erhalten. Das ist aber nicht immer Fall: Ältere Arbeitnehmer, sogenannte rentennahe Jahrgänge, die in Kürze das Rentenalter erreichen, wollen manche Arbeitgeber eine geringere Sozialplanabfindung zahlen, da sie durch die baldige Rente finanziell abgesichert sind.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Arbeitgeber rentennahen Jahrgängen eine geringere Abfindung zahlen darf. Diese Entscheidung beruft sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (§ 10 Satz 3 Nr. 6 AGG). Ein Sozialplan soll als Überbrückungshilfe dienen und zukünftige Nachteile ausgleichen, nicht für Vergangenes belohnen. Des Weiteren sollen die Gelder im Sozialplan so verteilt werden, dass schutzbedürftigere Arbeitnehmer mehr Geld bekommen. Im Einzelfall ist es gemäß BAG sogar möglich, ältere Arbeitnehmer ganz aus dem Sozialplan auszuschließen – selbst wenn der ältere Arbeitnehmer nur eine gekürzte (vorzeitige) Rente erhält.
Wie ältere Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten können
Ältere Mitarbeiter genießen keinen besonderen Kündigungsschutz, wie es bei Betriebsratsmitgliedern, Schwangeren oder Schwerbehinderten der Fall ist. Wie auch jüngere Arbeitnehmer haben ältere Arbeitnehmer über 50 keinen grundsätzlichen Anspruch auf eine Abfindung bei Kündigung. Dennoch können auch ältere Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten, wenn:
- sie mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag schließen und darin eine Abfindung vereinbaren oder wenn sie sich vor Gericht in einem Vergleich einigen.
- der Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung von sich aus eine Abfindung anbietet.
- bei Kündigung nach Sozialplan eine Abfindung vorgesehen ist.
- das Arbeitsgericht im Rahmen einer Kündigungsschutzklage die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt und sich nach einem Auflösungsantrag das Arbeitsverhältnis gegen eine Abfindung beenden lässt.
Wird eine Abfindung auf die Rente oder das Arbeitslosengeld angerechnet?
Eine „echte“ Abfindung, die gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer gekündigt beziehungsweise das Arbeitsverhältnis beendet wird, gilt nicht als Arbeitsentgelt und wird nicht auf die Rente angerechnet. Dasselbe gilt für das Arbeitslosengeld, mit einer Ausnahme: Wenn das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag vorzeitig, ohne Einhaltung der eigentlichen Kündigungsfrist beendet wurde. Je nach Einzelfall werden 25 bis 60 Prozent der Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet.
Die Agentur für Arbeit ist zudem berechtigt bei einer Eigenkündigung oder bei Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages eine ALG-Sperre zu verhängen. Dabei verkürzt sich die Arbeitslosengeldbezugsdauer ab einem Alter von 55 oder 58 Jahren in der Regel um 4,5 oder sechs Monate.
Als „echte“ Abfindungen gelten auch jene, die der Arbeitgeber auf Grundlage eines Auflösungsvertrages oder im Rahmen eines Sozialplans auszahlt. Auch hier wird die Abfindung nicht auf das Arbeitslosengeld oder die Rente angerechnet.
Eine „unechte“ Abfindung wäre, wenn der Arbeitgeber die Abfindungszahlung aufgrund von rückständigem Lohn oder anderer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis heraus zahlt – häufig in Abwicklungs- oder Aufhebungsverträgen. Diese unechten Abfindungen werden normalerweise auf die Rente angerechnet.
Wann lohnt sich eine Kündigungsschutzklage trotz Sozialplan?
Nicht selten kann der Arbeitnehmer bei einer Kündigung mit Sozialplan eine bessere Abfindung verhandeln. Fälle, bei denen es sich meistens lohnt, gegen die Kündigung zu klagen:
- Arbeitnehmer mit besonderem Kündigungsschutz wie zum Beispiel Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder oder Mitarbeiter in Elternzeit.
- Schließt der Betrieb nicht gänzlich und es werden nicht alle Arbeitnehmer entlassen, lässt sich die Sozialauswahl in Frage stellen. War die Sozialauswahl fehlerhaft, ist die Kündigung unwirksam.
- Arbeitnehmer, die durch einen Tarifvertrag besonderen Kündigungsschutz genießen.
- Bei der Entlassung vieler Mitarbeiter in einem kurzen Zeitraum muss der Arbeitgeber dieses bei der Bundesagentur für Arbeit zuvor anzeigen. So eine Massenentlassungsanzeige ist fehleranfällig, wodurch Kündigungen unwirksam werden können.
- Im Sozialplan ist eine Regelung, die den Arbeitnehmer vor die Wahl stellt, in eine Transfergesellschaft einzutreten oder die Abfindung zu erhalten. Derartige Regelungen sind unzulässig.
Wenn Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber deutlich machen, dass sie mit der Höhe der Abfindung nicht einverstanden sind und klagen wollen, bietet der Arbeitgeber ihnen unter Umständen eine bessere Abfindung an, sodass eine Klage nicht vonnöten ist. Eine Einigung lässt sich auch per Vergleich vor Gericht erzielen. In der Regel ist ein langwieriger Rechtsstreit für den Arbeitgeber kostenintensiver als die Zahlung einer höheren Abfindung.
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