Artikel 4: Persönlicher Anwendungsbereich
Inhalt des Artikels
(1) Diese Richtlinie gilt für Hinweisgeber, die im privaten oder im öffentlichen Sektor tätig sind und im beruflichen Kontext Informationen über Verstöße erlangt haben, und schließt mindestens folgende Personen ein:
a) Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 45 Absatz 1 AEUV, einschließlich Beamte;
b) Selbstständige im Sinne von Artikel 49 AEUV;
c) Anteilseigner und Personen, die dem Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan eines Unternehmens angehören, einschließlich der nicht geschäftsführenden Mitglieder, sowie Freiwillige und bezahlte oder unbezahlte Praktikanten;
d) Personen, die unter der Aufsicht und Leitung von Auftragnehmern, Unterauftragnehmern und Lieferanten arbeiten.
(2) Diese Richtlinie gilt auch für Hinweisgeber, die Informationen über Verstöße melden oder offenlegen, von denen sie im Rahmen eines inzwischen beendeten Arbeitsverhältnisses Kenntnis erlangt haben.
(3) Diese Richtlinie gilt auch für Hinweisgeber, deren Arbeitsverhältnis noch nicht begonnen hat und die während des Einstellungsverfahrens oder anderer vorvertraglicher Verhandlungen Informationen über Verstöße erlangt haben.
(4) Die Maßnahmen zum Schutz von Hinweisgebern gemäß Kapitel VI gelten, soweit einschlägig, auch für
a) Mittler,
b) Dritte, die mit den Hinweisgebern in Verbindung stehen und in einem beruflichen Kontext Repressalien erleiden könnten, wie z. B. Kollegen oder Verwandte des Hinweisgebers, und
c) juristische Personen, die im Eigentum des Hinweisgebers stehen oder für die der Hinweisgeber arbeitet oder mit denen er in einem beruflichen Kontext anderweitig in Verbindung steht.
Kommentar zu Artikel 4
Der persönliche Anwendungsbereich der Richtlinie ist in Art. 4 Whistleblower-Richtlinie (WBRL) definiert. Maßgeblich für den Schutz des Hinweisgebers ist lediglich, dass er die zu meldende Information „im beruflichen Kontext“ erlangt hat. Unbeachtlich ist hingegen, ob der Hinweisgeber überhaupt schutzbedürftig ist. Nach der Legaldefinition von Art. 5 Nr. 9 WBRL meint „beruflicher Kontext“ „laufende oder frühere Arbeitstätigkeiten im öffentlichen oder im privaten Sektor, durch die Personen unabhängig von der Art der Tätigkeiten Informationen über Verstöße erlangen und bei denen sich diese Personen Repressalien ausgesetzt sehen könnten, wenn sie diese Informationen melden würden“. Die Formulierung dient letztlich lediglich dazu, die rein private Informationsbeschaffung vom persönlichen Schutzbereich der Whistleblower-Richtlinie auszuschließen.
Schutz von Arbeitnehmern, Praktikanten und Selbstständigen
Der Schutz ist allumfassend und schützt nicht nur Arbeitnehmer im Sinne von Art 45 Abs. 1 AEUV, sondern nach Art. 4 Abs. 1 lit. c WBRL auch Praktikanten und nach Art. 4 Abs. 2, Abs. 3 WBRL Bewerber und ehemalige Arbeitnehmer. Weiter umfasst von dem persönlichen Anwendungsbereich sind Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorgane und Anteilseigner des Unternehmens.
Vollkommen unterschiedslos werden auch Selbstständige nach Art. 49 AEUV in den Schutzbereich der Richtlinie einbezogen.
Schutz Dritter durch die Richtlinie
Weiterhin umfasst vom Schutz der Whistleblower-Richtlinie sind nach Art. 4 Abs. 4 lit. b WBRL Dritte, die in Verbindung zu dem Hinweisgeber stehen und ebenso Repressalien ausgesetzt sein könnten. Namentlich nennt die Richtlinie hier Kollegen und Verwandte des Hinweisgebers. Die Richtlinie nennt daneben noch den so genannten „Mittler“ (engl. „facilitator“), der dem Hinweisgeber etwa bei der Aufarbeitung und Versendung des Hinweises unterstützt.
Schutz von juristischen Personen
Die Richtlinie schützt nicht nur natürliche Personen, sondern auch (nicht rechtsfähige) juristische Personen. Die englische Sprachfassung spricht insoweit von „legal entity“. Dies dürfte weiter zu verstehen sein als die deutsche Sprachfassung „juristische Personen“ in Art. 4 Abs. 4 lit. c WBRL. Danach unterliegen auch die sog. außen-GbR und nicht rechtsfähige Vereine dem Schutzbereich der Whistleblower-Richtlinie. Insoweit sollte sich bei der Auslegung des Begriffs „juristische Person“ an dem Begriffsverständnis aus Art. 19 Abs. 3 GG orientiert werden.
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