Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie für Gemeinden, Kommunen und Behörden

Die Mitgliedsstaaten hatten bis zum 17. Dezember 2021 die Pflicht, die Whistleblower-Richtlinie (WBRL) in nationales Recht umzusetzen. Seit dem 18. Dezember 2021 haben ausnahmslos alle Gemeinden, Behörden und Kommunen die Pflicht, zumindest interne Meldekanäle nach den Vorgaben der Hinweisgeber-Richtlinie zu installieren und zu betreiben. Die zuständigen Mitarbeiter müssen speziell geschult sein, wenn nicht auf eine externe Lösung gesetzt wird. Wir zeigen in diesem Artikel auf, weswegen juristische Personen des öffentlichen Sektors seit dem 18. Dezember 2021 zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie verpflichtet sind und wie eine solche Umsetzung durch externe Anwendungen funktionieren kann.

Neben juristischen Personen des Privatrechts haben auch alle juristischen Personen des öffentlichen Sektors die Pflicht, interne Meldekanäle einzurichten und zu betreiben. Diese Verpflichtung ergibt sich unmittelbar aus Artikel 8 Abs. 1 WBRL. Hierbei handelt es sich um eine besonders gesicherte Mailadresse, ein in der Behörde zu benennender Mitarbeiter, die Einrichtung eines besonders gesicherten Briefkastens oder – vorzugswürdiger – das Einrichten eines externen Meldekanals über eine Onlineplattform.

Hinweisgeberschutzgesetz: Behörden mit mehr als 50 Mitarbeitern müssen interne Meldekanäle einrichten

Nach Art. 8 Abs. 1, Abs. 9 WBRL können die Mitgliedsstaaten für Gemeinden, die entweder weniger als 10.000 Einwohner oder weniger als 50 Arbeitnehmer haben, Ausnahmen zulassen. Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat in dem Referentenentwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und verpflichtet nur Behörden oder Gemeinden mit mehr als 50 Mitarbeitern dazu, interne Meldesysteme einzuführen (§ 12 Abs. 2 HinSchG-E.). Ob diese Regelung auch in den Referentenentwurf 2022 übernommen wird, bleibt abzuwarten.

Artikel 8 Absatz 9 WBRL: Absatz 1 gilt für alle juristischen Personen des öffentlichen Sektors, einschließlich Stellen, die im Eigentum oder unter der Kontrolle einer solchen juristischen Person stehen. Die Mitgliedstaaten können Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern oder weniger als 50 Arbeitnehmern oder sonstige juristische Personen im Sinne von Unterabsatz 1 dieses Absatzes mit weniger als 50 Arbeitnehmern von der Verpflichtung nach Absatz 1 ausnehmen. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass interne Meldekanäle entsprechend dem nationalen Recht von Gemeinden gemeinsam oder von gemeinsamen Behördendiensten betrieben werden können, sofern die geteilten internen Meldekanäle von den einschlägigen externen Meldekanälen getrennt und gegenüber diesen autonom sind.

Dienststellen sind nach § 12 HinSchG-E verpflichtet, bei sich eine Stelle für interne Meldung einzurichten und zu betreiben. Dienststellen sind nach § 3 Abs. 10 HinSchG-E die einzelnen Behörden, Verwaltungsstellen und Betriebe der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie die Gerichte. Die Agenturen für Arbeit, die Regionaldirektionen, die besonderen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit, die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b und die zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch sind keine eigenen Dienststellen, stellt der Referentenentwurf klar.

Whistleblower-Richtline und Gemeinden – Besonderheiten bei Arbeitsagentur

Mit dem letzten Satz soll klargestellt werden, dass die einzelnen Agenturen für Arbeit und Regionaldirektionen nicht als einzelne Dienststellen im Sinne des HinSchG-E angesehen werden sollen.

Hinweisgeberschutzgesetz – Kirchen müssen interne Meldekanäle einrichten

Von dem Begriff der Dienststellen sollen auch Anstalten wie zum Beispiel die Landesrundfunkanstalten und öffentlich-rechtliche Stiftungen, die evangelische und die katholische Kirche mit ihren Kirchengemeinden und sonstigen nach Art. 140 GG, 137 Abs. 5 der Weimarer Reichsverfassung erfasst sein.

Hinweisgeberschutzgesetz: Jede Behörde muss eigene Kanäle offenhalten

Die Frage, ob jede Behörde eine eigene Lösung anbieten muss, ist umstritten und letztlich noch nicht klar beantwortet. Im Juni 2021 haben sich allerdings einige dänische Konzerne an die Europäische Union gewandt und angefragt, ob Tochtergesellschaften für sich selbst eigene Lösungen bereithalten müssen oder ob konzernübergreifende Hinweisgebersysteme ausreichend seien. Die Kommission antwortete seinerzeit, dass der Wortlaut der Richtlinie eindeutig sei: Danach seien alle selbstständigen Einheiten mit mehr als 50 Mitarbeitern dazu verpflichtet, eigene Meldekanäle bereitzuhalten. Dies sei auch sachgerecht, führt die Kommission aus. Schließlich gäbe es Anliegen, die auf unterer Ebene besser adressiert und bearbeitet werden können als auf Konzernebene. Diese Argumentation lässt sich auch auf Behörden übertragen. Es würde dem Konzern aber nicht verboten werden, neben den Hinweisgebersystemen auf Tochterebene weitere zusätzliche Meldesysteme auf Konzernebene zu betreiben. Auch dürfen Unternehmen mit einer Größe zwischen 50 und 249 Mitarbeitern sich zusammenschließen, um zumindest die Bearbeitung der Meldungen von einer zentralen Stelle bearbeiten zu lassen.

Whistleblower-Richtlinie gilt für alle Gemeinden und Behörden unmittelbar

Obwohl der bundesdeutsche Gesetzgeber die Whistleblower-Richtlinie noch nicht in nationales Recht umgesetzt hat, gilt sie im Mindestmaß unmittelbar – darin sind sich Experten einig. Behörden, Kommunen und Gemeinden sind danach seit dem 18. Dezember 2021 verpflichtet, entsprechende Hinweisgebersysteme bereitzuhalten. Rechtlich möglich ist das auf zwei Wegen: Einerseits durch eine unionsrechtlich zwingende Direktwirkung einzelner Richtlinienvorgaben sowie durch eine richtlinienkonforme Auslegung des aktuellen deutschen Whistleblowing-Rechts. Dritte, insbesondere Private, könnten sich seit dem 18. Dezember 2021 unmittelbar auf die Direktwirkung der Richtlinie berufen.

Auch Kommunen, Behörden und Gemeinden mit weniger als 50 Arbeitnehmern bzw. 10.000 Einwohnern sind seit dem 18. Dezember 2021 zur Einführung interner Meldekanäle verpflichtet, denn die Ausnahme in Artikel 8 Abs. 9 UAbs. 2 WBRL ist nur als reine Abweichungsoption ausgestaltet, so dass die Umsetzungspflicht ohne entsprechenden Umsetzungsakt keinen Einschränkungen unterliegt. Die Verlängerungsmöglichkeit aus Art. 26 Abs. 2 WBRL macht lediglich für juristische Personen des Privatrechts eine Ausnahme.

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