BGH entscheidet über Reichweite der Störerhaftung im Internet

Veröffentlicht am in Internetrecht, Wettbewerbsrecht

Der Bun­desparagraphge­richts­hof kon­kre­ti­siert er­neut die Grund­sät­ze der Stö­rer­haf­tung im In­ter­net: Ein Stö­rer kann dem­nach nicht nur auf Be­sei­ti­gung von un­wah­ren Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen auf der ei­ge­nen Web­site in An­spruch ge­nom­men wer­den. Wur­de die Be­haup­tung von Drit­ten über­nom­men und ist sie auf der Web­site des Drit­ten noch sichtbar, so ist der Stö­rer ver­pflich­tet, ak­tiv dar­auf hin­zu­wir­ken, dass rechts­wid­rig auf­ge­stell­te Be­haup­tun­gen auch auf den Sei­ten Drit­ter ge­löscht werden. Vor­aus­set­zung ist, dass die be­an­stan­de­te Tat­sa­chen­be­haup­tung nachweisbar falsch ist und die be­gehr­te Ab­hil­fe­maß­nah­me un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen Rechts­po­si­tio­nen zur Be­sei­ti­gung ge­eig­net, er­for­der­lich und dem Stö­rer zu­mut­bar ist (BGH, Urt. v. 28. Ju­li 2015, Az.: VI ZR 340/14).

Hin­ter­grund

Die Par­tei­en stritten über ei­nen Bei­trag des Be­klag­ten, der un­wah­re Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen über die Klä­ge­rin ent­hielt. Die Klä­ge­rin mahn­te den Be­klag­ten ab, wor­auf­hin die­ser den Bei­trag auch um­ge­hend von sei­ner Web­site lösch­te. In der Zwi­schen­zeit wur­den Tei­le des Bei­trags je­doch von ei­nem Drit­ten in des­sen ei­ge­ne Web­site ein­ge­bun­den. Da­her ver­folg­te die Klä­ge­rin die Lö­schung die­ser Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen durch den Be­klag­ten vor Ge­richt.

Das LG Ham­burg wies die Kla­ge erst­in­stanz­lich ab (LG Ham­burg, Urt. v. 31. Mai 2013, Az.: 324 O 550/12). Auch das Han­sea­ti­sche OLG ent­schied ge­gen die Klä­ge­rin und wies die Be­ru­fung zu­rück (Hans. OLG, Urt. v. 8. Ju­li 2014, Az.: 7 U 60/13). Ei­ne Haf­tung des Be­klag­ten sei auf den Bei­trag der ei­ge­nen Web­site be­schränkt. Ei­ne Stö­rer­haf­tung kom­me nicht in Be­tracht, da es nicht dem ge­wöhn­li­chen Ver­lauf der Din­ge ent­spre­che, dass In­hal­te im In­ter­net oh­ne Zu­tun des Ur­he­bers von Drit­ten ver­öf­fent­licht wer­den. Au­ßer­dem ha­be der Be­klag­te kei­ner­lei Zu­griffs­mög­lich­kei­ten auf die Web­sites der Drit­ten.

Störerhaftung: mittelbare Mitwirkung ausreichend

In der Re­vi­si­ons­in­stanz ­sieg­te nun­ die Klä­ge­rin. Der Be­klag­te sei für die Ver­öf­fent­li­chung der un­wah­ren Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen auf den Web­sites Drit­ter ver­ant­wort­lich. Dies er­ge­be sich aus den von der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­ten Grund­sät­zen zur Stö­rer­haf­tung. Da­nach reicht auch ei­ne mit­tel­ba­re Mit­wir­kung aus, so­fern in ir­gend­ei­ner Wei­se wil­lent­lich und ad­äquat kau­sal an der Her­bei­füh­rung der rechts­wid­ri­gen Be­ein­träch­ti­gung mit­ge­wirkt wur­de. Mit der Erst­ver­öf­fent­li­chung des Bei­trags durch den Be­klag­ten ha­be die­ser die maß­geb­li­che Ur­sa­che für die be­an­stan­de­te „er­neu­te” Ver­öf­fent­li­chung ge­schaf­fen. Für das In­ter­net sei ge­ra­de ty­pisch, dass Mel­dun­gen von Drit­ten ver­linkt und ko­piert wer­den.

Störer ist verpflichtet auf die Beseitigung der rechtswidrigen Beeinträchtigung hinzuwirken

Man­gels tat­säch­li­cher Zu­griffs­mög­lich­kei­ten des Stö­rers erstreckt sich der An­spruch hin­ge­gen nicht auf die ak­ti­ve Lö­schung des Bei­trags auch auf Dritt­sei­ten. Der Stö­rer ist je­doch im Rah­men des ihm Mög­li­chen und Zu­mut­ba­ren da­zu ver­pflich­tet, auf die Be­sei­ti­gung hin­zu­wir­ken, in dem er ef­fek­tiv auf den Drit­ten ein­wirkt. Was im kon­kre­ten Fall zu­mut­bar ist, hängt von den Um­stän­den des Ein­zel­falls ab. Dem­entspre­chend hat der Bun­des­ge­richts­hof den Streit zur Sach­ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.

 

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