Die Verkehrsminister von Bund und Ländern haben sich auf einen neuen Bußgeldkatalog geeinigt. Der Streit über den neuen Bußgeldkatalog hatte sich seit Februar 2020 hingezogen. Die Änderung der StVO war bereits beschlossen, wegen eines Formfehlers jedoch zurückgenommen worden. Seitdem galten wieder die Sanktionen des vorherigen Bußgeldkatalogs. Für den neuen Bußgeldkatalog wurden höhere Bußgelder für Falschparken und Geschwindigkeitsübertretungen vereinbart. Die umstrittenen Fahrverbote bei relativ geringen Geschwindigkeitsverstößen kommen darin aber nicht mehr vor.
Neuer Bußgeldkatalog – ein „Riesendurchbruch“
Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums haben Bund und Länder sich auf einen neuen Bußgeldkatalog geeinigt. Die plötzliche Einigung nach monatelangem Ringen wurde bei der Verkehrsministerkonferenz (VMK) unter dem Vorsitz Bremens erzielt. Der neue Bußgeldkatalog sieht deutlich höhere Bußgelder für Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) vor.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) feiert die Einigung als einen „Riesendurchbruch“. Es handele sich um einen sehr fairen Kompromiss, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Es geht an den Geldbeutel, aber nicht an den Führerschein. Die Verhältnismäßigkeit ist gewahrt.“ Die neuen Regeln seien einstimmig beschlossen worden und Fahrverbote vom Tisch, bestätigte das Bundesverkehrsministerium in einer ersten Stellungnahme. Die VMK-Vorsitzende und Bremer Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) hatte ein Kompromisspapier vorgelegt, das als Basis für die Neuregelungen diente.
Rasern drohen höhere Bußgelder, aber kein Führerscheinentzug
Laut dem Beschluss sollen die Bußgelder für Geschwindigkeitsüberschreitungen künftig teilweise doppelt so hoch ausfallen wie bisher. Das teilte der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) mit. Eine Überschreitung von zehn Kilometern pro Stunde innerorts soll zum Beispiel in Zukunft 30 statt 15 Euro kosten. Außerorts kostet eine Überschreitung von 20 km/h mit Inkrafttreten des neuen Bußgeldkatalogs 60 anstelle von 30 Euro.
Dafür bleiben die Fahrverbotsregelungen mit Punkten und Führerscheinentzug des alten Bußgeldkatalogs bestehen. Ursprünglich war geplant, Fahrverbote für Tempoverstöße schon ab 21 km/h innerorts, statt wie bisher erst ab 26 km/h auszusprechen. Doch das erschien Kritikern der neuen StVO als unverhältnismäßig. Die geplante Verschärfung ist mit dem Beschluss der Länder-Verkehrsminister vom Tisch.
Ob höher Bußgelder allein dazu führen, dass Temposünder sich mäßigen, kann jedoch bezweifelt werden. Gerrit Reichel, Pressesprecher des Automobilclubs ACV, sagt dazu: „Bei Tempo 70 haben Fußgänger und Radfahrer im Fall einer Kollision praktisch keine Überlebenschance mehr. Das muss sich jeder Autofahrer klarmachen. Und dafür hätte ein Bußgeldkatalog, der in solchen Fällen den Führerscheinentzug vorsieht, ein deutlicheres Signal gesetzt.“ Wer in einer geschlossenen Ortschaft so schnell fährt, gehöre zumindest vorübergehend aus dem Verkehr gezogen.
Auch Falschparken wird teurer
Neben Geschwindigkeitsüberschreitungen werden auch Parkverstöße demnächst strenger geahndet – vor allem, wenn sie Radfahrer gefährden. Parken auf Geh- und Radwegen, das unerlaubte Halten auf Schutzstreifen und das Parken und Halten in zweiter Reihe werden teurer: Diese Verstöße kosten künftig bis zu 110 Euro.Wer unberechtigt auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz parkt, muss mit 55 statt mit 35 Euro Bußgeld rechnen.
Das Zuparken eines E-Auto-Ladeplatz oder eines Parkplatzes für Carsharing-Fahrzeuge kostet künftig ebenfalls 55 Euro.Bei Parkverstößen in amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrten oder mit Behinderung von Rettungsfahrzeugen drohen bis zu 100 Euro und ein einfaches „Knöllchen“ kostet Falschparker bis zu 55 Euro.
Welche weiteren Strafen und Bußgelder sieht der neue Bußgeldkatalog vor?
- Autofahrer, die bei einem Stau keine Rettungsgasse bilden oder sie selbst nutzen, müssen künftig mit einem Bußgeld zwischen 200 und 320 Euro und einem Monat Fahrverbot rechnen.
- Lkw dürfen laut dem neuen Bußgeldkatalog innerorts nur noch in Schrittgeschwindigkeit abbiegen. Wer beim Rechtsabbiegen innerorts nicht Schrittgeschwindigkeit fährt und erwischt wird, zahlt 70 Euro.
- Die vorschriftswidrige Nutzung von Gehwegen, linksseitig angelegten Radwegen und Seitenstreifen durch Fahrzeuge wird künftig mit bis zu 100 Euro Geldbuße geahndet.
- Auto-Posing, belästigendes Hin- und Herfahren und das Verursachen von unnötigem Lärm und vermeidbarer Abgasbelästigung kostet demnächst nicht mehr 20, sondern bis zu 100 Euro.
Das Bundesverkehrsministerium will die Reform umgehend auf den Weg bringen. Die neuen Regelungen sollen bis Spätsommer 2021 durch den Bundesrat bestätigt werden und noch vor der Bundestagswahl in Kraft treten.
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