Bewertungsportale nehmen für immer mehr Verbraucher eine entscheidende Rolle ein. Sie entscheiden anhand der Bewertungen, ob sie ihr Vertrauen dem Unternehmen entgegenbringen wollen, oder sich nach Alternativen umsehen wollen. Neben Qualitätssiegeln wie von der Stiftung Warentest messen Verbraucher den Bewertungen durch andere Nutzer eine sehr hohe Glaubwürdigkeit zu. Umso wichtiger ist es für Unternehmer, schnell gegen negative Bewertungen vorzugehen, da diese auch von den meisten Portalen weiter oben angezeigt werden. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen aufzeigen, was möglich ist und was nicht – wie sie gegen negative Bewertungen vorgehen können und wie Sie auch als Verbraucher, der möglicherweise unberechtigt auf Unterlassung einer Bewertung in Anspruch genommen wurde, vorgehen können.
Bewertungsportale müssen Inanspruchnahme nachweisen
Der Bundesgerichtshof hat sich in den vergangenen Jahren bereits mehrfach mit Bewertungsportalen wie Jameda befassen müssen. Im Jahr 2016 entschied der Bundesgerichtshof, dass Bewertungsportale ein hohes Risiko in sich tragen, zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen beizutragen. Daher müsste das Portal – wenn es von dem Bewerteten angesprochen wird – detailliert darlegen können, dass und wann beispielsweise die Behandlung oder die Dienstleistung an Anspruch genommen wurde. Bereits hier kann ein Unterlassungsanspruch erfolgreich durchgesetzt werden, da in vielen Fällen – dies betrifft vor allem Google- und Facebook-Bewertungen – die Portale nicht hinreichend darlegen können, dass hinreichende Anknüpfungstatsachen für die Bewertung, vorliegen – wie zum Beispiel eine ärztliche Behandlung. Weil eine Bewertung eine äußert prominente und zugleich aumerksamkeitserregende Wirkung entfalte, darf die Bewertungsfunktion nicht dazu missbraucht werden, um Kritik an dem Unternehmen als solches, oder gar der gesamten Branche zu üben.
In der beruflichen Sphäre muss sich der Einzelne von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch die breite Öffentlichkeit wegen seiner Wirkung, die seine Tätigkeit für die breite Masse hat, einstellen. Wer sich im Wirtschaftsleben betätigt, setzt sich in erheblichem Umfang der Kritik an seinen Leistungen aus, entscheid bereits 2006 der Bundesgerichtshof. Deshalb dürfen Äußerungen, sofern sie wahr sind oder nur eine Meinung enthalten, nur bei schwerwiegenden Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden.
Abgrenzung zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung
Maßgeblich für die Frage, ob eine Bewertung zu löschen ist, ist zunächst überhaupt immer die Frage, ob der Bewerter eine Dienstleistung des Unternehmens in Anspruch genommen hat. Eine Bewertung dazu zu nutzen, um beispielsweise allgemein sein Unbehagen gegenüber einem Unternehmen zum Ausdruck zu bringen ist nicht erlaubt. Dies sehen auch die allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Teil so vor. So heißt es in den AGB von Facebook:
„Bewertungen und Rezensionen müssen den Standards der Facebook-Gemeinschaft entsprechen, sich primär auf die Produkte oder Dienstleistungen beziehen, die auf der Seite angeboten werden, und auf persönlichen Erfahrungen basieren. Rezensionen, die diesen Richtlinien nicht entsprechen, können entfernt werden.“
Ob eine Bewertung zu löschen ist, richtet sich danach, ob die Bewertung unwahre Tatsachenbehauptungen enthält, oder entscheidend von Meinungsäußerungen geprägt wird. Tatsachenbehauptungen sind dadurch geprägt, dass sie dem Beweis der Wahrheit zugänglich wären und sie entweder wahr oder unwahr sein können. Grundsätzlich gilt, dass sich Unternehmer die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen nicht gefallen lassen müssen und den sich äußernden auf Unterlassung in Anspruch nehmen können. An der Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen besteht kein schützenswertes Interesse. Dagegen ist ein Unterlassungsanspruch gegen reine Meinungsäußerungen meist nicht durchsetzbar. Meinungsäußerungen sind dadurch geprägt, dass die Äußerungen Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens enthalten und ihnen dadurch ein wertendes Element zu entnehmen ist. Die Abgrenzung zwischen unwahrer Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung ist für den Laien oftmals schwer und lässt sich auch für den Rechtsanwalt nur nach einer sehr genauen Analyse der gesamten Bewertung zuverlässig einsortieren.
Äußerungen sind im gesamten Kontext zu beachten
So handelt es sich beispielsweise bei der Äußerung „Sie hatte eine aggressive Art und Weise mit mir zu sprechen“, eine zulässige Meinungsäußerung dar, da die in dem Verfahren beteiligte Patientin das Gespräch zwischen ihr und der Ärztin als unangenehm wahrgenommen hat. Auch bei der Äußerung „Sie ist nicht richtig auf meine Fragen eingegangen“ handelt es sich um eine zulässige Meinungsäußerung, da die Patientin damit zum Ausdruck brachte, dass sie sich möglicherweise falsch verstanden fühlte, oder die Ärztin aus ihrer Sicht inhaltlich nicht hinreichend auf ihre Fragen eingegangen ist. Zu beachten ist, dass Gerichte bei der Zulässigkeit der Meinungsäußerungen einen durchaus großen Beurteilungsspielraum haben und oftmals als Anknüpfungstatsache den Behandlungskontakt als solches ausreichen lassen. Auf den genauen Inhalt des Behandlungsgesprächs stellen die Gerichte in den meisten Fällen nicht mehr ab.
Maßgeblich ist auch, ob es sich bei der Bewertung um eine reine Sternebewertung, oder eine Bewertung handelt, die einen Text enthält. Die reine Sternebewertung kann grundsätzlich nicht angegriffen werden, weil die Vergabe von Sternen eine Meinungsäußerung darstellt. Gehen die Sterne jedoch in eine Gesamtbewertung ein und ist aus der Gesamtsternebewertung nicht sofort ersichtlich, dass sich die einzelne Bewertung nicht auf eine persönliche Erfahrung des Bewerters zurückzuführen ist, kann bei der Betrachtung der Gesamtsternebewertung der falsche Eindruck entstehen, diese sei aber auf eine tatsächliche Erfahrung zurückzuführen. In diesem Fall kann auch ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden.
Vorgehen gegen unberechtigte Bewertungen
Inanspruchnahme des Bewertungsportals
Sehr ähnlich läuft das Verfahren bei der Inanspruchnahme von dem Bewertungsportal. Auch hier muss zunächst in einem ersten Schritt dargelegt werden, dass beispielsweise kein wahrer Kontakt bestand, der eine Bewertung rechtfertigen würde. Anschließend kann auch gegen das Bewertungsportal eine einstweilige Verfügung beantragt werden.
Inanspruchnahme des Bewerters
Ist der Bewerter namentlich bekannt, weil er beispielsweise durch die Angaben in seiner Bewertung, oder durch eine Rückfrage bei dem Bewertungsportal hinreichend individualisierbar ist, schlagen wir unseren Mandanten in den meisten Fällen vor, den Bewerter zunächst außergerichtlich abzumahnen und ihm im Rahmen der anwaltlichen Abmahnung darzulegen, wieso seine Bewertung nicht mehr vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist. Es wird sogleich die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gefordert, um zu verhindern, dass der Bewerter seine Bewertung in den kommenden Wochen erneut veröffentlicht. In den meisten Fällen führt dies zu einem Einlenken auf der Seite des Bewerters und die Bewertung wird gelöscht.
Wird die Bewertung dagegen nicht innerhalb der von uns gesetzten Frist gelöscht, bereiten wir nach Absprache mit dem Mandanten die gerichtliche Inanspruchnahme vor. Hierzu gehört der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Da diese besonders eilig ist und bei den Gerichten sehr starre Fristen gelten, muss der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung innerhalb von einem Monat ab Kenntnis von der Bewertung eingehen. Daher sollten Betroffene bei der Kenntnis einer Bewertung nicht allzu lange warten, sondern schnell einen Anwalt konsultieren.
Kontakt aufnehmen
Haben Sie als Unternehmer eine negative Bewertung erhalten, die sie gerne löschen möchten, oder werden Sie als Verbraucher durch ein Unternehmen auf Löschung einer Bewertung in Anspruch genommen, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Stelle.