Das Landgericht Stuttgart hat die Klage eines Hasskommentators gegen das soziale Netzwerk Facebook abgewiesen. Das Urteil bestätigt: Facebook besitzt das „Hausrecht“ an seiner Plattform und darf strenger gegen Hassreden vorgehen, die gegen die Gemeinschaftsstandards des Netzwerks verstoßen – bis hin zur Sperrung von Nutzerkonten.
Der Fall: Das soziale Netzwerk Facebook hatte einen Post gelöscht, in dem der Nutzer „Migranten auf dem Mittelmeer“ pauschal unterstellt hatte, in Zukunft schwere Straftaten zu begehen. Zwar handelte es sich „nur“ um einen geteilten Beitrag, doch der Nutzer distanzierte sich nicht von der Äußerung und kommentierte ihn mit den Worten: „Für sowas wird man im Merkel-Deutschland 2018 30 Tage gesperrt. Da kann man sich mal wieder vorstellen was da so vor den Zensurhebeln hockt.“
Landgericht Stuttgart hält Vorgehen von Facebook für legitim
Facebook stufte den Post als „Hassrede“ ein, löschte ihn und sperrte das Nutzerkonto des Users für 30 Tage. Dagegen klagte der Nutzer vor dem Stuttgarter Landgericht. Ohne Erfog: Die Klage wurde am 29. August 2019 abgewiesen. Nach Ansicht der Zivilkammer waren sowohl die Löschung als auch die vorübergehende Sperrung des Nutzerkontos rechtens. Der Beitrag habe gegen die aktuellen Gemeinschaftsstandards des sozialen Netzwerks verstoßen und sei als Hassrede einzustufen (Az.: 11 O 291/18).
Das soziale Netzwerk hat seine Definition des Begriffs „Hassrede“ kürzlich erweitert: Es zählt jetzt auch Äußerungen im Bereich „weißer Nationalismus“ und „weißer Separatismus“ zur Hassrede und will entsprechende Posts zügig aufspüren und löschen.
Bagatellisierung der Abwertung von Flüchtlingen
In den Gemeinschaftsstandards des Online-Netzwerks, die unter anderem Hassbotschaften und Gewaltaufrufe verbieten, wird kein Unterschied gemacht, ob ein User einen als Hassrede einzustufenden Beitrag selbst verfasst oder fremde Äußerungen geteilt hat. In diesem Fall habe sich der Kläger nicht vom Inhalt distanziert. Damit habe er die Abwertung von Flüchtlingen zumindest bagatellisiert, so die Richter des Landgerichts Stuttgart.
Meinungsfreiheit im eigenen Garten
Und was ist mit dem Recht auf Meinungsfreiheit? Dazu merkte die Gerichtssprecherin an, dass es einen Unterschied mache, wo man seine Botschaft verbreite – auf einen öffentlichen Platz oder in einem Privatgarten. Als Hausherrin könne man dann selbstverständlich sagen: „Das möchte ich nicht, dass das in meinem Garten gezeigt wird.“ Der Kläger kann gegen das Urteil Berufung am Oberlandesgericht Stuttgart einlegen – möglicherweise ja mit Erfolg …
Gratwanderung zwischen Meinungsfreiheit und Menschenverachtung
Die Gerichte gehen mit Hasskommentaren unterschiedlich um: 2018 hatte das Landgericht Berlin Facebook in einem ähnlichen Fall die Löschung eines Kommentars verboten. Der Nutzer kommentierte einen Zeitungsartikel über Äußerungen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban zur Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland wie folgt: „Die Deutschen verblöden immer mehr. Kein Wunder, werden sie doch von linken Systemmedien mit Fake-News über «Facharbeiter», sinkende Arbeitslosenzahlen oder Trump täglich zugemüllt.“
Gegen die Löschung dieses Kommentars und die Sperrung des Nutzerkontos gab es eine einstweilige Verfügung. Facebook fügte sich – halb: Nach der Abmahnung wurde die Sperrung des Nutzerkontos aufgehoben, nicht aber die Löschung des Kommentars. Laut Facebook habe eine erneute sorgfältige Überprüfung ergeben, „dass die Gemeinschaftsstandards korrekt angewendet worden waren und der Inhalt daher nicht wiederhergestellt werden kann“.