Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den geplanten Mietendeckel klagen. Der Gesetzesentwurf geht auf eine Initiative der Berliner Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) zurück und sieht vor, die Mieten in den nächsten fünf Jahren auf dem Niveau vom 18. Juni 2019 einzufrieren. Doch der CDU-Abgeordnete und ehemalige Berliner Justizsenator Thomas Heilmann hält das Vorhaben des Landes Berlin für verfassungswidrig. Der Bund habe das Mietrecht abschließend geregelt, deshalb habe das Land keine Gesetzgebungskompetenz für den geplanten Mietendeckel. Er sei nicht nur eine falsche Entscheidung, sondern ein klarer Angriff auf die soziale Marktwirtschaft.
Katastrophe für Mieter und Wirtschaft
In einem Interview mit dem Tagesspiegel kündige Heilmann ein entsprechendes Normenkontrollverfahren an: „Der Mietendeckel ist in jeder Hinsicht eine Katastrophe für die Mieter und die Wirtschaft in Berlin. Eine solche Kompetenzüberschreitung und eine solche vollständig grundgesetzwidrige Neuordnung der Wirtschaftsstruktur Deutschlands können wir nicht zulassen.“ Die Linkspartei wolle den Wohnungsmarkt verstaatlichen.
Bei der Normenkontrolle prüft das Verfassungsgericht, ob eine Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Ein Antrag auf Normenkontrolle kann nur von der Bundesregierung, einer Landesregierung oder einem Viertel der Mitglieder des Bundestags gestellt werden.
Zuzug nach Berlin nur noch für Millionäre
Die erzwungene Senkung der Mieten bedeutet laut Heilmann einen enteignungsgleichen Eingriff, weil das Grundeigentum der Vermieter drastisch an Wert verliere, wenn sich die Mieteinnahmen plötzlich halbierten. Zudem kritisierte er, dass der Mietendeckel den Neubau von Wohnungen verhindere und den Zuzug nach Berlin teuer mache.
Die Bereitschaft in der Hauptstadt in Wohnungen zu investieren, dürfte jedenfalls rapide zurückgehen. Durch den Mietendeckel würden dann diejenigen, die heute in Berlin wohnen, gut gestellt und Zuzug wäre dann faktisch nur noch für Millionäre möglich. Das sei gob unsozial.
Zweifel an Gesetzgebungskompetenz
Ob das Mietendeckelgesetz, das am 22. Oktober 2019 vom rot-rot-grünen Senat beschlossen wurde, gegen die Verfassung verstoßen könnte, bleibt umstritten. Unklar ist, ob das Land Berlin überhaupt ein solches Gesetz auf den Weg bringen darf.
Auch CDU-Fraktionschef Burkard Dregger hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Mietendeckel-Gesetz. „Wir wollen schnellstmöglich Rechtssicherheit für Mieter und Vermieter, daher werden wir in jedem Fall klagen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben alle ein Interesse daran, dass das Gesetz möglichst schnell überprüft wird. Wir als CDU-Fraktion stehen dazu bereit und haben das im Fraktionsvorstand beschlossen.“ Dregger ist der festen Überzeugung, dass die Gesetzgebungskompetenz für das Land nicht vorliegt“. Sogar das Land Berlin rechne mit einer Aufhebung des Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht oder den Verfassungsgerichtshof.
Mit einem Normenkontrollverfahren könne man den direkten Zugang zu beiden Verfassungsgerichten ebnen, so Dregger. „Da müssen sich nicht Mieter oder Vermieter durch die Instanzen klagen, wir können diesen Weg abkürzen. Ich glaube, es ist verantwortungsvoll, das zu ermöglichen, damit Rechtssicherheit für alle Beteiligten besteht.“
Rechtliche Zweifel am Mietendeckel-Gesetz des Senats hat auch der Wissenschaftliche Dienst des Berliner Abgeordnetenhauses geäußert. Ein Gutachten stellt fest, dass das rückwirkende Einfrieren der Mieten auf dem Niveau vom 18. Juni 2019 aus rechtsstaatlichen Gründen nicht unbedenklich ist. Die Begünstigung der Mieter bedeute eine Belastung für die Eigentümer, weil die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erlaubten Mieterhöhungen dann nicht mehr möglich seien.
Linke und SPD für bundesweiten Mietendeckel
Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Linken im Bundestag, fordert dagegen, den Mietendeckel auf Bundesebene einzuführen. Gegenüber der Osnabrücker Zeitung erklärte sie, die Bundesregierung solle sich am Entwurf des Berliner Mietendeckels ein Beispiel nehmen. Es sei unerträglich, „dass die große Koalition seit Jahren zuschaut, wie große Immobilienfonds die Mieten nach oben treiben, um ihren Anlegern Traumrenditen zu bieten, während Familien mit normalen Einkommen aus den Innenbezirken großer Städte vertrieben werden“. Wohnen sei ein Menschenrecht, kein Spekulationsobjekt.
Auch SPD-Fraktionschef Raed Saleh verteidigt den Mietendeckel als Vorbild für ganz Deutschland. Er kritisierte den Entschluss der CDU, gegen den Mietendeckel klagen zu wollen, und fand deutliche Worte: „Schämen sollten Sie sich dafür. Ich glaube, Ludwig Erhard würde sich im Grab umdrehen.“ Beim SPD-Landesparteitag in Berlin sagte er: „Es dauert nicht lange und dann wird Berlin kopiert, landauf landab macht man uns nach. Ich bin überzeugt, der Mietendeckel wird bald in allen 16 Landesparlamenten diskutiert, und das ist vernünftig.“