Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat einen neuen Referentenentwurf für das ausstehende Hinweisgeberschutzgesetz vorgelegt. Mit dem Gesetz soll die EU-Whistleblower-Richtlinie 2019/1937 in nationales Recht umgesetzt werden. Der Referenten-Entwurf aus dem FDP-geführten Justizministerium basiert zu großen Teilen auf dem alten Gesetzentwurf der großen Koalition, der aufgrund des Widerspruchs aus der Union nicht verabschiedet werden konnte.
Mit dem kommenden Hinweisgeberschutzgesetz sollen Whistleblower, die auf Missstände in Unternehmen aufmerksam machen, vor Repressalien geschützt werden. Zudem sollen Unternehmen und Behörden Meldekanäle, etwa in Form von Hinweisgebersystemen, zur Verfügung stellen, über die Whistleblower Hinweise abgeben können. „Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber übernehmen Verantwortung für die Gesellschaft und verdienen daher Schutz, wenn sie Missstände bei ihren Arbeitgebern melden“, erklärt Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann. „Der nun vorgelegte Referentenentwurf soll ihnen Rechtsklarheit darüber geben, wann und durch welche Vorgaben sie bei der Meldung oder Offenlegung von Verstößen geschützt sind.“
Hinweisgeberschutzgesetz-Entwurf konkretisiert Anforderungen an Meldungsbearbeitung
Die Ausgestaltungsspielräume der EU-Richtlinie hat das BMJ genutzt, um Anforderungen an die Meldungsübermittlung und -bearbeitung zu konkretisieren. So sollen laut Hinweisgeberschutzgesetz-Entwurf anonym abgegebene Hinweise nicht zwingend bearbeitet werden müssen. Zudem sollen Unternehmen und Organisationen mit weniger als 250 Mitarbeitern bis Ende 2023 Zeit zur Einrichtung der Meldekanäle haben. Größere Unternehmen mit über 250 Angestellten müssen die Anforderungen aus dem Gesetz hingegen ab Inkrafttreten umsetzen.
Während laut der EU-Richtlinie nur Whistleblower geschützt sind, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, sollen laut dem Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes auch Hinweisgeber vom Repressalienverbot profitieren, die sich „in begrenztem Umfang auf nationale Vorschriften“ beziehen, heißt es in der Pressemitteilung des BMJ.
Mängel: Referentenentwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes muss nachgebessert werden
Der Referenten-Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes sei aber noch nicht ganz ausgereift, erklärt Ehssan Khazaeli, Rechtsanwalt der Kanzlei VON RUEDEN. „Etwa die Klausel, wonach Hinweisgeber, die fahrlässig unrichtige Hinweise abgeben, nicht dem Schutz des Gesetzes unterfallen sollen, ist problematisch. Fahrlässigkeit deutet auf Sorgfaltspflichten hin. Welche Sorgfaltspflichten soll aber ein Hinweisgeber haben?“, gibt Khazaeli zu bedenken. „Besser wäre es daher, die Formulierung wider besseres Wissen aus § 164 des Strafgesetzbuchs aufzugreifen.“
Dazu gibt es einen Punkt im Gesetzentwurf, der nicht der EU-Richtlinie entspricht: Die Regel, wonach mehrere private Beschäftigungsgeber mit mehr als 50 Mitarbeitern einen gemeinsamen Meldekanal einrichten und betreiben können, ist nicht richtlinienkonform. Die Richtlinie spricht davon, dass jede juristische Einheit ihre eigene Lösung zur Übermittlung von Hinweisen bereithalten muss.
Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli wird für die Kanzlei VON RUEDEN den Gesetzgebungsprozess weiter verfolgen. Im nächsten Schritt haben Länder und Verbände die Möglichkeit, zum Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes Stellung zu nehmen.