Deutschland befindet sich im Schnee-Chaos: Vereiste Straßen und unregelmäßiger Zugverkehr beeinträchtigen den Arbeitsweg. Doch trotz der Pandemie müssen noch viele Arbeitnehmer das Haus verlassen, um an ihren Arbeitsplatz zu kommen. Was bedeutet der heftige Wintereinbruch für Berufstätige, die nicht im Homeoffice arbeiten können? Dürfen sie bei schwierigen Wetterbedingungen zu Hause bleiben, wenn der Weg zur Arbeit zu gefährlich ist, oder riskieren sie dann eine Abmahnung?
Trotz Schnee-Chaos zur Arbeit?
Laut Arbeitsrecht müssen Arbeitnehmer pünktlich bei der Arbeit erscheinen – auch dann, wenn der Verkehr durch schwierige Wetterbedingungen beeinträchtigt ist. Der Arbeitnehmer trägt nämlich das sogenannte Wegerisiko. Beschäftigte müssen sich darum kümmern, pünktlich zur Arbeit zu kommen. Das schulden sie ihrem Arbeitgeber. Sie sind also selbst dafür verantwortlich dafür, rechtzeitig bei der Arbeit zu erscheinen.
Die Gewerkschaft Verdi stellt auf ihrer Website fest: „Wenn Beschäftigte aufgrund der Witterung zu spät zur Arbeit erscheinen, haben sie für die Zeit, in der sie nicht gearbeitet haben, auch keinen Anspruch auf Lohn.“ Es gelte das allgemeine Prinzip: „Ohne Arbeit kein Lohn“. Wochenendpendler, die im Schnee feststecken oder später ins Büro kommen, würden dann für die Zeit, in der sie nicht da waren, kein Gehalt bekommen. Die ausgefallenen Stunden müssen dann aber grundsätzlich auch nicht nachgeholt werden.
Wenn es beim Arbeitgeber ein Überstundenkonto gibt, sieht die Lage anders aus: Ausgefallene Stunden können in dem Fall als Minusstunden verbucht und später nachgeholt werden. „Der Arbeitgeber kann aber niemanden zwingen, die morgens ausgefallenen Stunden abends dranzuhängen, insbesondere dann nicht, wenn etwa eine Teilzeitkraft mittags gehen muss, weil ein Kind von der Schule abzuholen ist“, so die Gewerkschaft.
Begründete Arbeitsverhinderung durch Schnee und Glätte?
Wenn Unwetter den Weg zur Arbeit beeinträchtigen könnte, sollten Arbeitnehmer mehr Zeit für den Weg einplanen. Wird allerdings im Voraus vor einem Unwetter gewarnt – etwa vor einer Gefahr durch umstürzende Bäume – kann eine „begründete Arbeitsverhinderung“ vorliegen. In dem Fall können Arbeitnehmer zu Hause bleiben, allerdings ohne Anspruch auf Vergütung. Beschäftigte müssen ihrem Arbeitgeber das Fernbleiben vom Arbeitsplatz aber rechtzeitig mitteilen. Die meisten Arbeitgeber haben Verständnis, wenn Mitarbeiter wegen Verkehrsbehinderungen zu spät kommen. Sie können aber verlangen, dass die ausgefallene Arbeitszeit nachgeholt wird. Man sollte dem Arbeitgeber am besten von sich aus anbieten, im Homeoffice zu arbeiten oder die verlorene Zeit nachzuholen.
In Ausnahmefällen muss der Arbeitgeber den Lohn weiterzahlen, obwohl der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint – nämlich wenn der Arbeitnehmer „eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird“. Ein solcher subjektiver Grund kann vorliegen, wenn Kindergarten oder Schule wegen des Unwetters geschlossen sind und der Arbeitnehmer keine andere Betreuungsmöglichkeit für seine Kinder findet. In dem Fall besteht gemäß § 616 BGB einige Tage lang Anspruch auf Lohnfortzahlung. Dieser Anspruch kann jedoch durch den Arbeitsvertrag oder den Tarifvertrag beschränkt oder sogar ausgeschlossen werden.
Abmahnung wegen einer wetterbedingten Verspätung?
Abmahnungen wegen Verspätungen durch schlechte Witterungsbedingungen darf der Arbeitgeber nur für vorwerfbares Verhalten aussprechen. Es kommt also darauf an, ob der Arbeitnehmer die Verspätung selbst verschuldet hat. Bei einem kurzfristigen und unerwarteten Wintereinbruch wäre eine Abmahnung kaum zu rechtfertigen. Wenn jedoch absehbar ist, dass die Straßen glatt sind, muss man sich früher auf den Weg machen.
„Man wird von Beschäftigten aber verlangen können, dass sie sich grundsätzlich auf die Witterungssituation einstellen und entsprechend mehr Zeit für den Weg zur Arbeit einplanen“, so Verdi. Die Ausrede, wegen Schnee und Eis nicht rechtzeitig erscheinen zu können, dürfte der Arbeitgeber spätestens nach drei oder vier Tagen nicht mehr akzeptieren – vor allem, wenn alle anderen Mitarbeiter pünktlich kommen. In dem Fall wäre eine Abmahnung gerechtfertigt.