Deutschland befindet sich in der dritten Welle der Corona-Pandemie. Weil noch nicht ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht, setzt die Bundesregierung im Kampf gegen das Corona-Virus auf Tests. Schnelltests könnten Mitarbeiter in Betrieben schützen, in denen Home Office nicht möglich ist. Viele Unternehmen bieten bereits kostenlose Tests für ihre Mitarbeitenden an. Bald könnte auch eine Testpflicht in Unternehmen kommen. Doch auch nach dem letzten Corona-Gipfel fehlen bislang noch klare Regelungen. Was müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jetzt beachten?
Die Corona-Arbeitsschutzverordnung sieht bislang keine Regelungen zu Corona-Schnelltests vor. Bis zum 30. April dieses Jahres gelten noch die bekannten Hygienemaßnahmen wie Abstandsregelungen, das Tragen eines Mund-Nasen-Nasen-Schutzes und das regelmäßige Lüften der Arbeitsräume. In den am 22. März gefassten Beschlüssen heißt es, dass die Tests Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die nicht im Homeoffice arbeiten, mindestens einmal und bei Verfügbarkeit auch zweimal pro Woche angeboten werden. Eine Testpflicht wurde damit aber noch nicht geregelt, denn dafür wäre eine Änderung der Corona-Arbeitsschutzverordnung erforderlich gewesen.
Auf Landesebene kann aber etwas anderes gelten. So hat Sachsen als erstes Bundesland beschlossen, dass Arbeitgeber ab dem 22. März 2021 allen im Betrieb anwesenden Mitarbeitern einmal pro Woche einen kostenlosen Selbsttest anbieten müssen. In Berlin gilt eine Testpflicht in Unternehmen ab Mittwoch, den 31. März.
Kann der Arbeitgeber Mitarbeiter zu Corona-Tests verpflichten?
Um einen Infektionsausbruch im Betrieb und die damit verbundenen Produktionsausfälle zu verhindern, wollen viele Arbeitgeber ihre Mitarbeiter regelmäßig testen lassen. Aber können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter zur Durchführung solcher Tests verpflichten? Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen haben in ihren Corona-Schutzverordnungen bereits eine Testpflicht für Pflegepersonal und Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste geregelt. In Sachsen müssen sich Beschäftigte mit direktem Kundenkontakt einmal pro Woche testen lassen. Doch auch in anderen Berufen können Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen ohne gesetzliche Testpflicht einen Corona-Test verlangen. Der Arbeitgeber könnte sich bei einer Testanweisung auf sein Direktionsrecht stützen.
Dabei muss das Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung eines Tests die Grundrechte des Arbeitnehmers überwiegen. Das hängt immer vom konkreten Einzelfall ab und könnte zum Beispiel gelten, wenn es einen konkreten Verdacht auf eine Corona-Infektion gibt. Die Interessen der Mitarbeiter würden dann hinter die Interessen des Arbeitgebers zurücktreten, weil Arbeitgeberinteressen wie Gesundheitsschutz, Fürsorgepflicht und Aufrechterhaltung des Betriebs in dem Fall überwiegen und die Beeinträchtigungen der Mitarbeiterinteressen nicht erheblich sind.
Berlin hat Corona-Testpflicht für Unternehmen bereits beschlossen
Am 27. März hat der Senat von Regierungschef Michael Müller in einer Sondersitzung beschlossen, die Corona-Einschränkungen nicht mehr nur auf den privaten Bereich zu beziehen, sondern auch auf die Unternehmen. In Büros dürfen ab dem 31. März 2021 an Bildschirmarbeitsplätzen nur noch 50 Prozent der Beschäftigten arbeiten. Außerdem sind Arbeitgeber verpflichtet, ihren Beschäftigten zwei Corona-Tests pro Woche zur Verfügung zu stellen.
Bei der Pressekonferenz nach der Sondersitzung sagte Michael Müller dazu: „Wir können nicht nur immer weiter im privaten Bereich oder bei den Kindern in den Schulen oder der Familie einschränken.“ Deshalb habe man sich jetzt auf den beruflichen Bereich bezogen – zumal laut es laut wissenschaftlicher Erkenntnis eindeutig sei, dass die ungeschützten Kontakte in Innenräumen das größte Risiko darstellten, so Müller. Deswegen müsse man „im Rahmen einer Notbremse“ auch im beruflichen Bereich ansetzen.
Testpflicht auf Bundesebene könnte bald eingeführt werden
Auch auf Bundesebene könnte eine Testpflicht für Unternehmen kommen, denn die Selbstverpflichtung der Wirtschaft wird nicht ausreichend umgesetzt. In einem TV-Interview hat sich die Kanzlerin am Sonntag dazu geäußert: „Wenn nicht der überwiegende Teil der deutschen Wirtschaft – und das muss in die Richtung von 90 Prozent gehen – seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Tests anbietet, dann werden wir mit regulatorischen Maßnahmen in der Arbeitsschutzverordnung vorgehen.“
Eine Verpflichtung nach Ostern sei „wahrscheinlich“, so Angela Merkel. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) protestiert gegen die Testpflicht und will weiterhin auf mehr Eigeninitiative und weniger Bürokratie setzen. Ob sich eine Testpflicht noch abwenden lässt, ist aber zweifelhaft. Sogar die Mittelstands- und Wirtschaftsunion von CDU und CSU plädiert für eine solche Vorschrift.
Test-Verweigerern drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen
Die Arbeitsgerichte werden sich bald mit den Fragen rund um die Corona-Regelungen beschäftigen müssen. Bereits jetzt steht aber fest: Wer einen Test ablehnt, obwohl er aufgrund landesrechtlicher Vorgaben einer regelmäßigen Testpflicht unterliegt, muss mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber einen Test anordnen durfte.
Bei einer unberechtigten Testverweigerung bietet der Arbeitnehmer nämlich seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß an. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer in dem Fall unbezahlt freistellen, ihm den Zutritt zum Arbeitsplatz verweigern und sein Verhalten abmahnen. Unter Umständen ist sogar eine Kündigung zulässig.