Lange Fingernägel, zu viele Zigarettenpausen, Übereifer beim Aufräumen des E-Mail-Accounts – Kündigungsgründe gibt es viele. Oft ist der Grund für betroffene Arbeitnehmer allerdings nur schwer nachvollziehbar, sodass sie eine Kündigungsschutzklage einreichen, um ihren Arbeitsplatz zu retten. Ob die Entlassung rechtmäßig ist, entscheiden dann die Arbeitsgerichte. Die Richter müssen dann manchmal ziemlich skurrile Kündigungsfälle verhandeln. Nicht immer sind die Gründe stichhaltig und die Kündigung ist unwirksam.
Kündigung wegen langer Fingernägel?
Über einen ungewöhnlichen Streit hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln 2010 entschieden (Az. 3 TaBV 15/10). Es ging um die Kleiderordnung für Angestellte der Flughafen-Kontrolle. Die Anweisung an die Mitarbeiterinnen, im Dienst einen BH oder ein Unterhemd zu tragen, stellt laut LAG Köln keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts dar. Auch bunte Socken darf der Arbeitgeber im Dienst verbieten. Die Vorschrift diene dem Schutz der vom Arbeitgeber gestellten Dienstkleidung und einem ordentlichen Erscheinungsbild. Rechtens sei auch die Anweisung, dass Fingernägel maximal 0,5 Zentimeter über die Fingerkuppe reichen. Das verhindere, dass Passagiere verletzt werden. Vorschriften zur Farbe der Fingernägel sind dagegen nach Auffassung des Gerichts nicht zulässig.
Chef zweimal nicht gegrüßt
Ein Angestellter war seinem Chef zweimal bei einem Waldspaziergang begegnet – und hatte ihn nicht gegrüßt. Der Vorgesetzte kündigte ihm fristlos. In der anschließenden Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Köln (Az. 9 (7) Sa 657/05)argumentierte der Angestellte, dass im Vorfeld bei einem Personalgespräch von einer Kündigung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten gesprochen worden war. Das Gericht befand das Verhalten des Angestellten aber nicht für grob beleidigend und erklärte die Kündigung für unwirksam. Selbst die mehrfache Verweigerung des Grußes gegenüber dem Geschäftsführer nach dessen vorherigem Gruß stelle keine grobe Beleidigung dar. Eine verhaltensbedingte Kündigung sei daher nicht gerechtfertigt, so die Richter des LAG Köln.
Zu viele Zigarettenpausen
Zu häufige Raucherpausen können laut Arbeitsgericht Duisburg zur Kündigung führen: Wer regelmäßig zur Pause in den Raucherraum geht, ohne wie vorgeschrieben vorher auszustempeln, darf fristlos gekündigt werden (Az. 3 Ca 1336/09). Eine Mitarbeiterin hatte schon mehrere Abmahnungen bekommen, weil sie sich nicht an die Regel gehalten hatte, die Zeit für die Pausen zu erfassen. Gilt im Betrieb die Regelung, dass sich die Beschäftigten bei Raucherpausen ausstempeln müssen, ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt, wenn eine Arbeitnehmerin trotz Abmahnung wiederholt Pausen im Raucherraum verbringt, ohne die vorgeschriebene Zeiterfassung zu bedienen, so das Gericht. Die Klägerin habe gegen die ihr obliegenden Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis in besonders schwerwiegender Weise verstoßen.
Zu viele Daten gelöscht
Die eigenmächtige Löschung wichtiger Daten kann eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen, die zur Kündigung führen kann. Diese Erfahrung musste ein Account-Manager machen, der bei einem Unternehmen der EDV-Branche in Frankfurt beschäftigt war. In dem Fall vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (Az. 7 Sa 1060/10) wurde dem Mitarbeiter gekündigt, weil er eigenmächtig kundenbezogene Daten wie Kontaktdaten wie E-Mails und Termine gelöscht hatte. Das Gericht war der Ansicht, dass der Mitarbeiter damit gegen seine Pflicht verstoßen habe, die Interessen des Arbeitgebers zu berücksichtigen.
Handy aufladen am Arbeitsplatz
Das Aufladen des Smartphones im Büro ist für viele Arbeitnehmer selbstverständlich. Doch nicht jeder Arbeitgeber ist damit einverstanden. Das zeigt die Kündigung eines Arbeitnehmers, mit der sich das Arbeitsgericht Oberhausen beschäftigen musste (Az. 4 Ca 1228/09). Es ging um einen Mitarbeiter, der sein Handy ohne Genehmigung seines Arbeitgebers im Betrieb aufgeladen haben soll und fristlos gekündigt wurde. Der verbrauchte Strom ging auf Kosten des Arbeitgebers, der argumentierte, es handele sich um ein Vermögensdelikt zu seinen Lasten. Der Schaden war überschaubar: Der Streitwert lag bei 0,014 Cent. Die finanzielle Schädigung des Arbeitgebers war also praktisch gleich Null. Der Arbeitgeber nahm die Kündigung schließlich zurück. Eine fristlose Kündigung wäre angesichts der Schadenssumme kaum wirksam gewesen.
Jesus hat Sie lieb
Seinen Glauben zu offen auszuleben und Kunden zu missionieren, kann laut LAG Hamm den Job kosten: Einem Vorgesetzen missfiel der ständig wiederholte Abschiedsgruß eines Callcenter-Mitarbeiters: „Vielen Dank für Ihren Einkauf, Jesus hat Sie lieb.“ Nachdem auch mehrmalige Aufforderungen, diese Floskel zu unterlassen, ignoriert wurden, folgte die fristlose Kündigung. Die anschließende Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters auf Glaubensfreiheit führte nicht zum Erfolg. Er konnte vor Gericht nicht überzeugend darlegen, inwiefern das Weglassen der Grußformel für ihn einen Gewissenskonflikt darstellt (Az. 2 AZR 472/01).
Unangenehmer Körpergeruch
Was tun, wenn der Kollege unangenehm riecht, weil er kein Deo benutzt? Ein Arbeitgeber kündigte einem 50-jährigen Architekten aus Köln, der sich noch in der Probezeit befand. Der Architekt fühlte sich in seiner Intimsphäre verletzt und zog vor Gericht, das die Klage jedoch abwies. Er konnte nicht auf Menschenwürde pochen. Die personenbedingte Kündigung wurde wirksam: Hat ein Mitarbeiter, der trotz Körperhygiene starken Körpergeruch hat, viel Kundenkontakt und ist aufgrund seiner Ausdünstungen bei seiner Tätigkeit kaum erfolgreich, kommt eine personenbedingte Kündigung infrage (Az. 4 Ca 10458/09).
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Wer gegen eine Kündigung rechtlich vorgehen will, muss schnell handeln: Eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht kann nämlich nur in den ersten drei Wochen nach der Kündigung eingereicht werden. Kontaktieren Sie schnellstmöglich einen Experten für Arbeitsrecht, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen.
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