VW-Dieselskandal: Kraftfahrt-Bundesamt gewährt Deutscher Umwelthilfe keine Akteneinsicht

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) verweigert der Deutschen Umwelthilfe (DUH) umfassende Einsicht in die VW-Dieselgate-Akte und die Korrespondenz zwischen Volkswagen und dem KBA – trotz rechtskräftigem Urteil. Jetzt hat die DUH die Zwangsvollstreckung beantragt, um vollständige Einsicht in die Unterlagen zum VW-Abgasskandal zu erhalten.

Die Deutsche Umwelthilfe hat im Rechtsstreit mit dem Kraftfahrt-Bundesamt zur Akteneinsicht im Zusammenhang mit dem Dieselskandal einen Vollstreckungsantrag beim Verwaltungsgericht Schleswig eingereicht. Hintergrund ist eine Klage der DUH vor dem Verwaltungsgericht (VG) Schleswig. Das KBA untersteht als Fachbehörde dem Bundesministerium für Verkehr unter Leitung von Andreas Scheuer.

VW zu umfassender Offenlegung der Unterlagen verurteilt

Nach Bekanntwerden des Diesel-Abgasskandals vor fünf Jahren hatte die DUH die Einsicht und Überlassung der VW-Dieselgate-Akten verlangt, die Millionen von Opfern im VW-Abgasskandal die Durchsetzung ihrer Rechte gegenüber VW entscheidend erleichtern würden. Bei dem Verfahren ging es um Einsicht in Unterlagen, die mit dem Rückruf von VW-Dieselfahrzeugen im Zusammenhang stehen. Sie wurden in der Zeit vom 18. September bis zum 15. Oktober 2015 erstellt.

Mit Urteil des VG Schleswig vom 20. April 2018 wurde das KBA dazu verurteilt, der DUH in den gesamten Schriftverkehr aus der Zeit vom 18. September bis zum 15. Oktober 2015 bezüglich der Rückrufanordnung von VW-Dieselfahrzeugmodellen Akteneinsicht zu gewähren. In dem Schriftwechsel erläutert VW die Softwaremanipulationen und das Kraftfahrt-Bundesamt legt seine rechtliche Bewertung dar.

Akte fast geschwärzt und lückenhaft

Doch das Kraftfahrt-Bundesamt und der damalige Bundesverkehrsminister Dobrindt verweigerten die Überlassung der Akten. Das Amt schickte stattdessen eine knapp 600 Seiten umfassende, fast komplett geschwärzte Akte. Daraufhin erhob die DUH vor dem VG Schleswig Klage auf „Entschwärzung“ und Offenlegung aller nicht personenbezogenen Angaben. Das Gericht entschied im April 2018 im Sinne der DUH. Den Antrag auf Zulassung der Berufung des KBA und der Volkswagen AG lehnte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig mit Beschluss vom 5. Oktober 2020 abschließend ab, sodass das Urteil rechtskräftig ist.

Das Verkehrsministerium muss der Deutschen Umwelthilfe (DUH) demnach umfassende Einsicht in die Akten zum Dieselskandal gewähren – nur personenbezogene Daten dürfen geschwärzt werden. Doch das Kraftfahrt-Bundesamt legte der DUH beim Termin der Akteneinsicht am 17. November 2020 eine nicht chronologische und noch immer teilweise geschwärzte Akte vor, in der entscheidende Dokumente fehlten. Die Dokumente waren laut einer Pressemitteilung der DHU nicht nur unvollständig und dem Anschein nach willkürlich zusammengestellt, offensichtlich fehlte auch eine zweistellige Anzahl an Vorgängen gegenüber einer früheren Fassung des Dokuments. Außerdem weigerte sich die Behörde, von der DUH angeforderte Kopien anzufertigen. Das Fotografieren der in Kopie vorgelegten Behördenunterlagen wurde untersagt und durch Aufsichtspersonen kontrolliert.

KBA tritt als Interessenvertreter des VW-Konzerns auf

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, ist empört: „Erneut tritt das Kraftfahrt-Bundesamt als Interessensvertreter eines des organisierten Betruges überführten Automobilkonzerns auf. Seit fünf Jahren verweigern die Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer wie zuvor Alexander Dobrindt Millionen betrogenen VW-Diesel-Käufern die Einsicht in die entscheidenden Dokumente aus den ersten Wochen des Dieselgate-Skandals. Wenn es um Industrielobbyismus geht, lässt sich der CSU-Bundesminister Scheuer von keinem anderen Kabinettsmitglied überholen. Erfreulicherweise leben wir in einem Rechtsstaat und sind daher zuversichtlich, im Rahmen der Zwangsvollstreckung endlich die für die betrogenen VW-Kunden notwendigen Unterlagen ungeschwärzt zu erhalten.“

Auch Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in diesem Verfahren vertritt, ist fassungslos darüber, „dass eine Bundesoberbehörde versucht, uns mit plumpen Tricks hinters Licht zu führen. Allein die Weigerung, auf unsere Kosten Kopien in gewünschtem Umfang zu erstellen, ist rechtswidrig. Aus dem Vergleich der uns vorliegenden, im Wesentlichen geschwärzten Akte, und der mir vorgelegten Akte ergab sich außerdem, dass ein relevanter Teil des E-Mailverkehrs des KBA aus dieser Zeit in der mir vorgelegten Akte fehlte.“

Am 27. November 2020 hat die DUH bei Gericht Vollstreckungsantrag eingereicht, um die vollständige Einsicht in die Unterlagen des Abgasskandals zu bewirken. Die Akten können für klagende VW-Kunden nämlich von entscheidender Bedeutung sein. Mit dem Skandalmotor EA189, um den es in den Dokumenten geht, wurden allein in Deutschland 2,5 Millionen Kunden betrogen. Seine Abschalteinrichtungen sorgen für einen deutlich erhöhten Schadstoffausstoß auf unseren Straßen – auch nach den Softwareupdates.

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