Der Dieselskandal könnte für VW noch mal richtig hochkochen: Ein EuGH-Gutachten gibt der Deutschen Umwelthilfe (DUH) im Abgasskandal Recht. Demnach ist die Umweltorganisation berechtigt, gerichtlich gegen Entscheidungen des konzernfreundlichen Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) vorzugehen. Die Genehmigung des VW-Softwareupdates könnte nämlich gegen das Verbot von Abschalteinrichtungen verstoßen. Daher darf sie von der DUH juristisch angefochten werden.
Diese Auffassung vertritt die Generalstaatsanwaltschaft des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einem Schlussantrag und gibt strenge Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Abschalteinrichtung vor. Der zuständige Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Athanasios Rantos, erklärte, die EU-Staaten seien verpflichtet, einen wirksamen gerichtlichen Schutz des Umweltrechts zu gewährleisten. Er betonte, dass derartige Systeme nur unter engen Voraussetzungen zulässig sein können. Es reiche nicht aus, Abgasreinigungen zu verbauen, die lediglich den „Stand der Technik“ abbilden und damit unzureichend funktionieren, so Rantos.
Abgasskandal: Auf VW könnte eine neue Klagewelle zurollen
Wenn die EuGH-Richter der Empfehlung der Staatsanwaltschaft folgen, was in der Regel der Fall ist, könnte die Stellungnahme des Generalanwalts den Weg für massenhaft weitere Klagen gegen Volkswagen ebnen. Wird das VW-Softwareupdate als unzulässig eingestuft, muss die Volkswagen AG europaweit mehrere Millionen Dieselfahrzeuge erneut zurückrufen. Es könnte sogar zur Stilllegung der Fahrzeuge kommen. Umweltschützer gehen davon aus, dass noch immer Millionen Autos unrechtmäßig auf den Straßen unterwegs sind. Der Staat muss möglicherweise flächendeckend Hardware-Nachrüstungen anordnen, wenn das Gericht dem Generalanwalt folgt.
Der Entscheidung ging ein Streit vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht voraus. Die Deutsche Umwelthilfe klagt dort gegen eine Entscheidung des KBA, das für VW-Fahrzeuge ein sogenanntes Thermofenster erlaubt und für Fahrzeuge mit dieser Software die Typgenehmigung erteilt hat – in enger Abstimmung mit dem Verkehrsministerium unter Andreas Scheuer (CSU).
Softwareupdate im VW-Dieselskandal keine Lösung
Die DUH stuft das Thermofenster als illegale Abschalteinrichtung ein. Nach dem Softwareupdate stoßen die betroffenen Fahrzeuge bei bestimmten Außentemperaturen teilweise noch mehr gesundheitsschädliche Stickoxide aus als vorher. Dafür werden die Reinigungssysteme geschont, was die Kosten für Hersteller und Autofahrer senken kann. Die EuGH-Generalstaatsanwaltschaft hat solche temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen in der Vergangenheit bereits als illegal bezeichnet.
Das Verwaltungsgericht hatte angezweifelt, dass die Deutsche Umwelthilfe klageberechtigt ist. Die Organisation selbst sei schließlich durch die Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt worden. Daraufhin verklagte die Umwelthilfe die Bundesrepublik vor dem EuGH. Das Verwaltungsgericht von Schleswig-Holstein legte dem Europäischen Gerichtshof zudem die Frage vor, wann eine Abschalteinrichtung ausnahmsweise zulässig sein könne. Autohersteller behaupten, solche Vorrichtungen seien notwendig, um den Motor zu schützen.
Abgasreinigung: Kostengründe erlauben keine Ausnahme
Der Generalanwalt vertritt die Ansicht, eine Abschalteinrichtung könne nur dann notwendig und damit zulässig sein, wenn ohne sie unmittelbare Beschädigungsrisiken, die zu einer konkreten Gefahr während des Betriebs des Fahrzeugs führen, nicht vermieden werden können. Baue ein Hersteller jedoch aus Kostengründen Motoren so, dass eine wirksame Abgasreinigungstechnik im Normalbetrieb nicht ohne Motorschäden garantiert werden könne und die Technik darum weitgehend abgeschaltet werde, begründe das keine Ausnahme.
Ob eine Abschalteinrichtung zum Motorschutz notwendig sei, könne nicht anhand des Stands der Technik im Zeitpunkt der Erteilung der EG-Typgenehmigung zu beurteilt werden. Vielmehr hätten die Automobilhersteller die technischen Vorrichtungen anzuwenden, damit diese Grenzwerte eingehalten werden, ohne dass die eingesetzte Technik im Übrigen zwangsläufig die bestmögliche sein müsste oder vorgeschrieben wäre.
Millionen VW-Diesel könnten Zulassung verlieren
Wenn der EuGH den Schlussanträgen folge, „haben wir eine höchstrichterliche Bestätigung, dass alle betroffenen Betrugsdiesel illegal unterwegs sind und ihre Zulassung verlieren müssen, bis eine wirksame Abgasreinigung – also eine Hardware-Nachrüstung – eingebaut wurde und eine entsprechende neue Typengenehmigung erlassen werden kann“, kommentierte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, die EuGH-Einschätzung. Laut DUH-Anwalt Remo Klinger ist der Dieselskandal „längst nicht beendet. Weiterhin fahren Millionen Autos mit unzulässigen Abschalteinrichtungen“.
Betroffene Verbraucher sollten jetzt prüfen lassen, ob sie im VW- Abgasskandal Anspruch auf Schadensersatz haben. Der Bundesgerichtshof hat kürzlich entschieden, dass betrogene Neuwagenkäufer ihre Rechte noch bis zu zehn Jahre nach dem Fahrzeugkauf durchsetzen können. Gern beraten wir Besitzer von manipulierten VW-Dieseln unverbindlich und kostenfrei zu ihren rechtlichen Möglichkeiten im Abgasskandal. Nutzen Sie unsere kostenlose Erstberatung!