Selbst nach Aufdeckung von Dieselgate – Verbraucher bekommen Schadenersatz

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Die 10. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg (LG Lüneburg, Urt. vom 29.04.2019, 10 O 36/19) verurteilte Volkswagen zur Zahlung eines Schadensersatzes und gleichzeitigen Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs, abzüglich eines Betrags für den Gebrauchsvorteil, den die Klägerin durch das Fahrzeug erlangt hat. Die Kanzlei VON RUEDEN hat ein positives Urteil erstritten, obwohl das Fahrzeug im Dezember 2015 erworben wurde, also schon nachdem der Diesel-Skandal ans Tageslicht kam.

Fahrzeugkauf erst nach Bekanntwerden des Dieselgates

Die von der Kanzlei VON RUEDEN vertretene Klägerin aus Lüneburg erwarb am 07.12.2015 einen Gebrauchtwagen der Marke Audi vom Typ TT Roadster Cabrio zu einem Kaufpreis von 20.500,00 EUR. Das Fahrzeug ist mit einem Motor vom Typ EA 189 ausgestattet. Das Gericht folgte in seiner Entscheidung in vielen Punkten der Argumentation der Kanzlei VON RUEDEN und sprach der Klägerin einen Schadensersatzanspruch aus sittenwidriger Schädigung nach § 826 i. V. m. 31 BGB in Höhe des gezahlten Kaufpreises abzüglich des Nutzungsersatzes zu. 

Fahrzeug im Dezember 2015 erworben – Dieselskandal schon weltweit bekannt

Am 22.09.2015 erfuhr die Öffentlichkeit, dass die von VW AG gebauten EA 189 Motoren mit einer „Schummel-Software“ versehen hatte. Das Landgericht Lüneburg hat in seinem Urteil bestätigt, dass man dieses Datum nicht als ein starres Datum annehmen soll. Somit konnte auch eins im Dezember 2015 erworbenes Fahrzeug im Vertrauen auf einen den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Zustand gekauft worden sein. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung überzeugend vorgetragen, dass sie tatsächlich keine Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung gehabt hatte. Auch wenn die Beklagte einräumte, dass die Klägerin genau dieses Fahrzeug kaufen wollte, erschien der widersprechende Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wahrscheinlicher. Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie das Fahrzeug zur Arbeit nutzt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie auf die Nutzbarkeit des Fahrzeuges angewiesen ist.

Motivlage des Käufers darf nicht auf Stickoxidemissionen reduziert werden

Das Gericht betonte erneut, dass man an die Motivlage eines Erwerbers nicht zu hohe Anforderungen ansetzen sollte. Es ist stets entscheidend, ob der Käufer glaubte, eins im Straßenverkehr nutzbares Fahrzeug zu erwerben. Die Motivation eines Verbrauchers sollte nicht allein auf Stickoxidemissionen reduziert werden. Es genügt somit, wenn Umweltaspekte beim Kauf des betroffenen Fahrzeuges als weiteres Kriterium eine Rolle spielten.

Das Gericht kritisiert somit den Einwand der Beklagten, die Klägerin habe sich nicht über Stickoxide oder allgemein über Abgaswerte Gedanken gemacht. „Es kommt nicht darauf an, ob die betroffenen Käufer Kenntnis der erteilten Typengenehmigung hatten oder ihnen beim Kauf des Fahrzeuges eine Übereinstimmungsbescheinigung vorgelegt worden ist. Eine solche positive Kenntnis würde die Grenzen des Verbraucherschutzes überdehnen, denn es ist einem Verbraucher nicht aufzubürden sich beim Kauf eines Fahrzeuges mit den europarechtlichen und nationalen Regulierungsvorschriften auseinanderzusetzen“ – so das Gericht. 

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