Volkswagen gerät im Dieselskandal jetzt auch europaweit stark unter Druck: Die EU-Kommission verlangt, dass der Konzern auch Kunden außerhalb Deutschlands zügig entschädigt. Der Umgang der Volkswagen AG mit Entschädigungsforderungen im Dieselskandal ist nämlich sehr uneinheitlich: Dieselkäufer in mehreren europäischen Ländern warten noch immer auf Entschädigungen. Der EU-Justizkommissar kritisiert, dass VW nicht bereit ist, mit Verbraucherschützern Lösungen für alle EU-Ländern zu erarbeiten.
Nach Ansicht der EU-Kommission muss VW auch Verbraucher außerhalb Deutschlands schnell entschädigen. Der Konzern habe mit seinen Geschäftspraktiken gegen EU-Verbraucherschutzrecht verstoßen, als er Dieselfahrzeuge mit illegaler Abschaltautomatik ausstattete, so die Behörde. Der für Verbraucherschutz zuständige EU-Justizkommissar Didier Reynders mahnte, VW dürfe nicht länger auf Zeit spielen und den Ausgang von Schadensersatzprozessen in den Mitgliedsländern abwarten.
Verbraucherschutzbehörden der 27 EU-Länder appellieren an VW
Die Gerichte hätten die unfaire Behandlung von Verbrauchern durch VW aufgedeckt und der Konzern sei nicht bereit, angemessene Lösungen zu finden, beklagt Reynders. Das Unternehmen wolle bisher nur Verbraucher entschädigen, die zum Zeitpunkt des Autokaufs in Deutschland gewohnt haben. VW müsse „außerhalb von Deutschland genauso entschlossen handeln wie in Deutschland“, fordert der EU-Kommissar. Das sei eine Frage des Vertrauens.
Die Verbraucherschutzbehörden der 27 EU-Länder haben VW in einer gemeinsamen Erklärung aufgefordert, auf Verbraucher in allen Mitgliedstaaten zuzugehen, die noch immer auf eine Entschädigung warten. Man begrüße, dass sich VW für einen Vergleich mit großen Teilen der deutschen Konsumenten entschieden habe, heißt es in dem Statement des Netzwerks für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC), das die zuständigen Behörden der EU-Staaten zusammenführt.
VW solle Kontakt zu den Verbrauchern in allen Mitgliedsstaaten aufzunehmen, „die noch Entschädigung suchen, um angemessene Lösungen zu finden und dieses Kapitel zu schließen“. Alternativ könne VW sich an die CPC-Behörden werden. So sollen weitere jahrelange Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.
VW soll klares Signal an EU-Kunden senden
Reynders verwies auf den Vergleich in Deutschland, in dem sich Verbraucherschützer und der VW-Konzern im Rahmen einer Musterfeststellungsklage geeinigt hatten. Je nach Alter und Typ des Fahrzeugs wurden den betrogenen Kunden zwischen 1350 und 6250 Euro gezahlt – was im Durchschnitt etwa 15 Prozent des Kaufpreises entspricht. In den Niederlanden und Italien haben Gerichte den betrogenen Verbrauchern rund 3000 Euro zugesprochen. Jetzt solle VW ein klares Signal an die Kunden in anderen EU-Ländern senden, dass man sie in einem ähnlichen Rahmen entschädige, so Reynders. Die EU-Kommission habe versucht, mit VW darüber zu sprechen, aber keine positive Antwort bekommen.
Den Vergleich in Deutschland hatten rund 245.000 VW-Kunden angenommen. Nach der Einigung urteilte der Bundesgerichtshof, dass der Autokonzern seine Kunden systematisch getäuscht hat: Hätten die Dieselkäufer gewusst, dass die Fahrzeuge im Straßenbetrieb viel mehr Schadstoffe emittierten als auf dem Prüfstand, hätten sie sich vermutlich für ein anderes Auto entschieden.
VW selbst hatte 2015 auf Druck der US-Umweltbehörden eingeräumt, in weltweit elf Millionen Fahrzeugen eine illegale Software zur Manipulation der Abgaswerte eingebaut zu haben. Nach Angaben der Verbraucherschutzbehörden sind in der EU rund 8,5 Millionen Diesel betroffen.