Erneuter Erfolg der Kanzlei VON RUEDEN im Dieselabgasskandal gegenüber der Daimler AG

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Im sogenannten Dieselabgasskandal konnte die Kanzlei VON RUEDEN – Partnerschaft von Rechtsanwälten einen erneuten Erfolg für ihren Mandanten vor dem Landgericht Heilbronn gegenüber der Daimler AG erstreiten.

Die 8. Kammer des Landgerichts Heilbronn verurteilte die Daimler AG zur Zahlung eines Schadensersatzes und gleichzeitiger Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs, abzüglich eines Betrags für den Gebrauchsvorteil, den der Mandant bis zu diesem Zeitpunkt durch das Fahrzeug erlangt hat.

Welcher Sachverhalt lag dem Rechtsstreit zugrunde?

Der von der Kanzlei VON RUEDEN – Partnerschaft von Rechtsanwälten vertretene Kläger erwarb im Jahr 2015 einen Pkw des Models Viano 2.2 CDI der Marke Mercedes-Benz. Das Fahrzeug wurde zum überwiegenden Teil über ein Darlehen der Mercedes-Benz Bank AG finanziert. Die Schlussrate wurde im Jahr 2018 getilgt.

In dem streitgegenständigen Fahrzeug war eine sogenannte Abgasrückführung zur Kontrolle der Stickoxidemissionen verbaut. Bei diesem Verfahren werden Teile des Abgases zurück in das Ansaugsystem des Motors und damit der Verbrennung zugeführt. Bei kühleren Temperaturen wird diese Abgasrückführung zurückgefahren. In dem vorliegenden Verfahren stritten die Parteien darum, bei welchen Temperaturen dieses Abgasrückführung zurückgefahren wird.

Die Kanzlei VON RUEDEN trug hierbei für den Kläger vor, dass der Motor des streitgegenständigen Fahrzeugs über ein Thermofenster und eine Steuerungssoftware verfüge, die im Zusammenspiel erkennen können, ob sich das Fahrzeug derzeit im Test auf dem sogenannten NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) befinde. In besagter Situation werde die Abgasaufarbeitung so geregelt, dass der Ausstoß von Stickoxiden während dieses Verfahrens optimiert werde. In der Folge entspräche das Fahrzeug nicht der EG-Typengenehmigung und verbraucht deutlich mehr Kraftstoff als von der Beklagten angegeben.

Die beklagte Daimler AG trug dagegen vor, dass das Thermofenster zum Schutz der Bauteile verbaut sei. Denn bei kalten Temperaturen könne es bei der Abgasrückführung zu Schäden durch Ablagerungen (Versottung) kommen, die letztlich zu Motorschäden führe. Allerdings bleibe die Abgasrückführung bis zu einem zweistelligen Minusgrad aktiv.

Das Gericht erkennt auf Schadensersatz aus sittenwidriger Schädigung

Das Gericht erkannte Parallelen zu einem ähnlich gelagerten Fall, den das LG Stuttgart Anfang des Jahres 2019 zu entscheiden hatte und ebenfalls zugunsten des Verbrauchers entschied.  

An dieser Stelle sei vorweggenommen, dass die Kanzlei VON RUEDEN zur Überzeugung des Gerichts vortragen konnte und erneut ein wichtiges verbraucherfreundliches Urteil im Abgasskandal gegen die Daimler AG erwirken konnte.

Im Ergebnis sah es das Gericht als erwiesen an, dass der Kläger bei Erwerb seines Pkw durch die Beklagte getäuscht wurde und sprach ihm einen Schadensersatzanspruch aus Sittenwidriger Schädigung zu.

Wie das Gericht zu seiner Entscheidung gekommen ist, wird nachfolgen in seinen wesentlichen Zügen aufgeführt.

Die wesentlichen Punkte des Urteils

Das Gericht stellte fest, dass das streitgegenständigen Fahrzeug seine jeweilige Außentemperatur erkennt und anschließend die Funktion des Emissionskontrollsystems verändert oder gar deaktiviert. Dies hat zur Folge, dass die Funktion des Emissionskontrollsystem infolge der Abgasrückführung unter normalen Bedingungen des Fahrzeugbetriebs verringert wird. Damit wurde in dem streitgegenständigen Fahrzeug eine illegale Abschalteinrichtung verbaut.

Dieser Klassifizierung der verbauten Technik als illegale Abschalteinrichtung kann nach Auffassung des Gerichts nicht entgegen gehalten werden, dass die Abgasrückführung die innermotorische Emissionskontrolle für die jeweiligen Betriebszustände erst definiere. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 3 Nr.11 EG (VO) 715/2007 sind emissionsmindernde Einrichtungen „Teile eines Fahrzeugs, die die Auspuff- und Verdunstungsemissionen eines Fahrzeugs regeln und/oder begrenzen“. 

Auch konnte die beklagte Daimler AG nicht zur Überzeugung des Gerichts vortragen, dass die hier verbaute Abschalteinrichtung ausnahmsweise zulässig ist, um den Motor vor etwaigen Beschädigungen zu schützen. Der Gesetzgeber legt an die Notwendigkeit für eine solche ausnahmsweise zulässige Abschalteinrichtung hohe Maßstäbe an. Es reicht daher nicht aus, dass technische Situationen auftreten, in denen eine Abschalteinrichtung zum Motorschutz erforderlich ist. Vielmehr müssen auch die zu dieser Situation führenden Gründe generell unvermeidbar sein.  Insbesondere ist eine solche Situation fernliegend, wenn durch andersartige Konstruktionen eine Abschalteinrichtung entbehrlich würde. Für diese Möglichkeit spricht nach Auffassung des Gerichts, dass vergleichbare Motoren anderer Hersteller ohne Abschalteinrichtungen auskommen.

Die beklagte Daimler AG trug nicht vor, dass eine sogenannte Versottung des Motors nicht auch durch andere Maßnahmen abgewendet werden könnte.

Den Schaden erkannte das Gericht zutreffend zum einen in dem erlittenen Vermögensschaden und zum anderen in der Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Klägers. Die Kanzlei VON RUEDEN trug hier für den Kläger zur Überzeugung des Gerichts vor, dass dieser unter Kenntnis der Umstände einer illegalen Abschalteinrichtung, den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, sodass er mit dem Vertragsschluss eine so nicht gewollte Verpflichtung eingegangen ist.

In dem die Beklagte den Kläger konkludent über den Zustand des Fahrzeugs getäuscht hat, nämlich dass die Einstufung in die angegebenen Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgte, obwohl dies in Wahrheit nur mit Hilfe der Abschalteinrichtung gelang, schädigte sie diesen. Denn auch hier erkennt das Gericht zutreffend, dass der Kläger unter diesen Umständen das Fahrzeug nicht erworben hätte.

Die Sittenwidrigkeit des Verhaltens der beklagten Daimler AG lag nach Überzeugung des Gerichts darin, dass diese in ihren Fahrzeugen ein System verbaute, um zentrale Zulassungsvorschriften der jeweiligen Typengenehmigung zu umgehen und somit ihr Vorgehen bei den Behörden verschleiern wollte und gleichzeitig dabei eine Vielzahl an Kunden getäuscht wurde. Das Gericht führt hier frühere  Entscheidungen des BGH an, nach denen eine Täuschung zur Herbeiführung eines Vertragsschlusses regelmäßig eine Sittenwidrigkeit begründen.

Da die Daimler AG als juristische Person des Privatrechts nicht selbst handeln kann, kommt es vorliegend auf das Handeln in Form einer sittenwidrigen Schädigung ihrer verfassungsmäßig berufenen gesetzlichen Vertreter an. Im Fall der Beklagten in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft ist dies der Vorstand.

Die Kanzlei VON RUEDEN trug hier für den Kläger zur Überzeugung des Gerichts vor, dass im vorliegenden Fall der Vorstand, oder zumindest Teile des Vorstandes Kenntnis von der illegalen Abschalteinrichtung hatten.

Zutreffend erkannte das Gericht auch den erforderlichen Vorsatz auf Beklagtenseite, da es sowohl Kenntnis in Bezug auf den eingetretenen Schaden, als auch in Bezug auf die Ursächlichkeit und der Sittenwidrigkeit des eigenen Verhaltens als erwiesen sah.

Welche Rechtsfolgen ergeben sich für den Kläger aus dem Urteil?

Die beklagte Daimler AG wurde dazu verurteilt, dass streitgegenständige Fahrzeug zurückzunehmen und gleichzeitig den Kaufpreis zurückzuerstatten. Dabei muss sich der Kläger jedoch die gezogenen Nutzungen anrechnen lassen, die er durch den Gebrauch des Fahrzeugs erlangt hat.

Um diesen anzurechnenden Gebrauchsvorteil bestimmen zu können, stellt das Gericht folgende Rechnung auf:

Der Bruttokaufpreis des Fahrzeugs ist mit den bis zur mündlichen Verhandlung gefahrenen Kilometern zu multiplizieren. Das Produkt dieser Rechnung ist durch die zu erwartenden Gesamtlaufzeit des Fahrzeugs zu dividieren. Diese Gesamtlaufzeit legt das Gericht mittels einer Schätzung fest. Im vorliegenden Fall auf 250.000 km. Außerdem hat das Gericht dem Kläger einen Anspruch auf Zinszahlung zugesprochen.

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