Wer ein vom Dieselskandal betroffenes Fahrzeug erworben und bereits weiterverkauft hat, kann sich freuen: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat geurteilt, dass Diesel-Klägern auch in dem Fall noch Schadensersatz zusteht. Der Schaden durch manipulierte Abgastechnik bestehe auch noch nach Weiterverkauf des manipulierten VWs. Von diesem verbraucherfreundlichen Urteil sind zunächst rund 1.000 Fälle betroffen – zahlreiche weitere Klagen dürften folgen.
Auch Kläger im Dieselskandal, die ihr Auto inzwischen weiterverkauft haben, können Schadensersatz von Volkswagen verlangen. Ihr Schaden sei beim unwissentlichen Kauf des Fahrzeugs mit manipulierter Abgastechnik entstanden und deshalb durch den Weiterverkauf nicht entfallen, urteilten die Karlsruher Richter. Sie gaben am 20. Juli 2021 zwei VW-Kunden recht und wiesen die Revisionen von VW ab (Az. VI ZR 575/20 und VI ZR 533/20). Der ursprüngliche Vertrag wäre schließlich nie zustande gekommen, wenn die Käufer von den tatsächlichen Schadstoffwerten gewusst hätten. Die Konsequenz darf daher nicht sein, dass man ein Auto nicht mehr verkaufen kann.
Schädigung ergibt sich aus dem Inverkehrbringen der manipulierten Autos
In den beiden vor dem BGH verhandelten Verfahren hatten Autofahrer ihre gebraucht erworbenen VW-Fahrzeuge mit dem Motortyp EA189 zwischenzeitlich weiterverkauft. Sie verlangten trotzdem Schadensersatz aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). In einem Fall verkaufte die Besitzerin ihren VW Touran noch während des laufenden Rechtsstreits zu einem marktüblichen Preis. Im anderen Verfahren ging es um einen VW Passat, den der Kläger während des Verfahrens in Zahlung gab, um ein neues Fahrzeug zu erwerben.
Sowohl Landgericht als auch Oberlandesgericht hatten den beiden Klageparteien Schadensersatz aufgrund vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung nach §826 BGB zugesprochen. Der BGH schloss sich den Entscheidungen der Vorinstanzen an: Die Schädigung durch VW ergibt sich laut BGH aus dem Inverkehrbringen von Fahrzeugen mit Abschalteinrichtungen, durch die das Fahrzeug erkennt, ob es sich im Straßenverkehr oder zur Messung der Stickoxidemissionen auf dem Prüfstand befindet. Geschädigte müssten so gestellt werden, als hätte das Schadensereignis, also der Kauf des mangelhaften Fahrzeugs, nicht stattgefunden.
Wechselprämie wird nicht angerechnet
Die Höhe des Schadensersatzes errechnet sich wie folgt: Weil die beiden Fahrzeuge nicht mehr Zug um Zug gegen die Erstattung des Kaufpreises an VW zurückgegeben werden können, wird stattdessen der marktgerechte Erlös aus dem Weiterverkauf der Autos vom ursprünglichen Kaufpreis abgezogen und die Nutzung des Fahrzeugs über die Jahre angerechnet. Laut VW sind rund 1.000 offene Verfahren von der BGH-Entscheidung betroffen.
Die obersten Zivilrichter entschieden auch, dass es sich nicht nachteilig für den Kläger auswirkt, wenn er eine „Wechselprämie“ erhalten hat. Einer der beiden Kläger hatte seinen Passat bei einem Audi-Vertragshändler in Zahlung gegeben und dafür 6.000 Euro Wechselprämie erhalten. Laut BGH darf er die Prämie behalten, sie wird also nicht mit dem Schadensersatz verrechnet. Die Wechselprämie habe nichts mit dem Wert des Autos zu tun, sondern sei eine Belohnung dafür, Auto oder Marke zu wechseln.
VW-Abgasskandal: Erneuter Aufwind für Dieselkläger
Mit diesen beiden Urteilen hat der BGH die Rechte von Verbrauchern im Dieselskandal weiter gestärkt und zahlreichen aktuellen und künftigen Klägern den Weg zu Schadensersatz geebnet – selbst dann, wenn sie ihr Auto zwischenzeitlich verkauft haben. Für VW ist der Abgasskandal noch lange nicht ausgestanden. Im Dieselskandal um den VW-Motor EA189 kann von einer Verjährung noch lange nicht die Rede sein und die Verfahren um den Nachfolgemotor EA288 laufen gerade erst richtig an. Auch die 3-Liter-Motoren EA879 und 896 von VW sind vom Abgasskandal betroffen.
Geschädigte Verbraucher sollten daher nicht zögern, sich anwaltliche Unterstützung zur Durchsetzung ihrer Rechte im VW-Abgasskandal zu holen. Die Chancen auf Schadensersatz stehen gut wie nie. Nutzen Sie gern unsere kostenlose Erstberatung – unsere auf den Abgasskandal spezialisierten Rechtsanwälte sind für Sie da!