Ein Diebstahl am Arbeitsplatz berechtigt den Arbeitgeber nicht immer gleich zur fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers, oft ist lediglich eine Abmahnung des Fehlverhaltens gerechtfertigt. Lesen Sie, unter welchen Umständen eine Abmahnung einer Kündigung wegen Diebstahl vorgezogen werden sollte.
- Voraussetzungen: Abmahnung wegen Diebstahl am Arbeitsplatz
- Abmahnung statt fristloser Kündigung bei Diebstahl
- Ist eine Abmahnung wegen Kassendifferenz rechtens?
- Wie muss eine Abmahnung wegen Diebstahl aussehen?
Voraussetzungen: Abmahnung wegen Diebstahl am Arbeitsplatz
Grundvoraussetzung für eine arbeitsrechtliche Kündigung oder Abmahnung wegen Diebstahl ist zunächst, dass es nicht nur eine vage Vermutung gibt, sondern feststeht, dass ein Arbeitnehmer einen Diebstahl begangen hat. Gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch berechtigt jeder Diebstahl zulasten des Arbeitgebers, der Kunden oder Kollegen zu einer fristlosen Kündigung (§ 626 BGB).
Begeht also ein Arbeitnehmer einen Diebstahl, verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten nach der Rechtsprechung so erheblich, dass der Arbeitgeber einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung hat. Das bedeutet, eine außerordentliche Kündigung käme grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer zum ersten Mal einen Diebstahl begeht und wenn der Schaden nur wenige Cent oder Euro beträgt.
Es muss allerdings laut Bürgerlichem Gesetzbuch eine Interessensabwägung stattfinden. Somit ist eine fristlose Kündigung wegen eines Diebstahls im Bagatellbereich nur dann rechtens, wenn das Interesse des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses schwerer wiegt als das Interesse des Arbeitnehmers an einer Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses.
Bis zu einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Jahr 2010 ging die Interessensabwägung in der Regel zugunsten des Arbeitgebers aus. Das änderte sich jedoch mit der Entscheidung des BAG im Kündigungsschutzprozess der Berliner Kaiser’s-Kassiererin „Emmely“. Der Kassiererin wurde vorgeworfen, zwei ihr nicht gehörende Pfandbons im Wert von 0,48 Euro und 0,82 Euro eingelöst zu haben. Sie wurde daraufhin fristlos gekündigt. Das BAG erklärte die Kündigung für unverhältnismäßig und unwirksam. Seit diesem Urteil kann ein Diebstahl auch ein Abmahnungsgrund sein, wenn die Interessensabwägung zugunsten des Arbeitnehmers ausfällt.
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Um zu entscheiden, ob einem Arbeitnehmer, der etwas gestohlen hat, nur eine Abmahnung oder doch eine fristlose Kündigung erteilt werden soll, kann sich der Arbeitgeber an folgenden Fragen orientieren:
- Liegt der Schaden durch den Diebstahl im Bagatellbereich (wenige Euro)?
- Besteht das Beschäftigungsverhältnis bereits über mehrere Jahre?
- War das bisherige Arbeitsverhältnis ohne wesentliche Beanstandungen?
- Ist davon auszugehen, dass es sich beim Diebstahl um einen einmaligen oder untypischen Ausrutscher handelt?
Lassen sich alle Fragen bejahen, ist eine Abmahnung bei Diebstahl der Kündigung vorzuziehen. Eine Kündigung eines langjährigen Mitarbeiters wegen eines einmaligen Diebstahls im Bagatellbereich wäre unverhältnismäßig. Nach einem Diebstahl kommt eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung dann infrage, wenn der Schaden durch den Diebstahl nicht mehr im Bagatellbereich liegt. Auch wenn der Arbeitnehmer den Diebstahl systematisch und immer wieder bewusst begangen hat, rechtfertigt das eine Kündigung.
Nicht nur bei Bagatelldiebstahl, sondern auch bei anderen Vermögensdelikten (etwa Unterschlagung oder Betrug) im Bagatellbereich kann der Arbeitgeber seit dem Emmely-Urteil keine fristlose Kündigung mehr aussprechen, sondern lediglich eine Abmahnung.
Bekommt man sofort eine Abmahnung wegen Diebstahl? Letztendlich liegt es im Ermessensbereich des Arbeitgebers, ob er bei einem Diebstahl eine Abmahnung ausspricht. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer zunächst auch mit einer Ermahnung auf sein Fehlverhalten hinweisen.
Ist eine Abmahnung wegen Kassendifferenz rechtens?
Wie auch bei einer Abmahnung wegen Stehlen sind bei einer Abmahnung wegen einer Kassendifferenz die Umstände des Delikts sowie die Höhe der Kassendifferenz von Bedeutung. Auch ist entscheidend, ob es schon öfters zu mehr oder weniger erheblichen Kassendifferenzen in letzter Zeit gekommen ist.
Die meisten Arbeitgeber nehmen es hin, wenn es zu Kassendifferenzen von weniger als 1,00 Euro kommt. Doch bei größeren Fehlbeträgen sind sie durchaus berechtigt, eine Abmahnung auszusprechen. So geht aus einem Urteil von März 2004 des Landesarbeitsgerichts Berlin hervor, dass ein Fehlbetrag von 10,00 Euro ausreiche, um eine wirksame Abmahnung wegen einer Kassendifferenz auszusprechen. Die Abmahnung sei auch dann zulässig, wenn der Arbeitgeber zuvor kleinere Kassendifferenzen duldete.
Wie muss eine Abmahnung wegen Diebstahl aussehen?
Die Abmahnung wegen Diebstahl soll den betroffenen Arbeitnehmer darauf hinweisen, dass im Wiederholungsfall mit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung oder gar einer außerordentlichen Kündigung zu rechnen ist. Sie dient dazu, dem Mitarbeiter die Chance einzuräumen, sein Verhalten zu ändern. Die Abmahnung für Diebstahl muss folgende Punkte aufweisen:
- genaue Beschreibung des Sachverhalts, der abgemahnt wird (Ort, Datum, Uhrzeit)
- Hinweis darauf, dass es sich um eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten handelt
- Aufzählung der verletzten Pflichten sowie eine exakte Beschreibung des Diebstahls
- Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen (Kündigung) bei erneutem Diebstahl oder einer ähnlichen Tat
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