Wann ist eine Abmahnung wegen Beleidigung am Arbeitsplatz möglich?

Führt jede unangemessene Äußerung am Arbeitsplatz zur Abmahnung wegen Beleidigung von Kollegen oder gar des Vorgesetzten? Wir erläutern Ihnen, wann eine Abmahnung wegen Beleidigung gerechtfertigt ist und welche Konsequenzen noch drohen können.

  1. Kann man eine Abmahnung wegen Beleidigung bekommen?
  2. Kündigung wegen Beleidigung ohne Abmahnung – Ist das rechtens?
  3. Beispiel aus der Praxis: Kündigung ohne Abmahnung wegen rassistischer Äußerung
  4. Beleidigung am Arbeitsplatz: Abmahnung oder Kündigung?
  5. Wie sieht eine Abmahnung wegen Beleidigung eines Kollegen oder des Vorgesetzten aus?

Kann man eine Abmahnung wegen Beleidigung bekommen?

Gemäß Arbeitsvertrag ist der Arbeitnehmer verpflichtet, bestimmte Pflichten zu erfüllen. Zu diesen Pflichten gehört im Allgemeinen auch ein respektvoller Umgang und ein höfliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden. Eine Beleidigung am Arbeitsplatz stellt eine Verletzung nebenvertraglicher Pflichten dar. Arbeitnehmer, die sich nicht daran halten, riskieren demnach eine Abmahnung wegen Beleidigung am Arbeitsplatz oder wegen Störung des Betriebsfriedens.

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Beleidigungen können auf verschiedenen Ebenen stattfinden:

Abmahnung wegen Beleidigung
  • Verbale Beleidigung: Ein Mitarbeiter vergreift sich im Ton gegenüber Vorgesetzten oder Kollegen, indem er seinen Chef oder seinen Kollegen etwa „Arschloch“ nennt.
  • Beleidigende Gesten: Ein erhobener Mittelfinger wird beispielsweise als Beleidigung betrachtet.
  • Tätliche Beleidung: Das Anspucken des Vorgesetzten oder eines Arbeitskollegen würde eine tätliche Beleidigung darstellen.
  • Üble Nachrede: Das Verbreiten von falschen Behauptungen über den Vorgesetzten oder über Kollegen kann als beleidigend aufgefasst werden und rechtfertigt unter Umständen eine Abmahnung wegen Verleumdung. Dabei kommt es auch darauf an, ob die Behauptung nachweislich wahr oder falsch ist und ob demjenigen, der die Behauptung verbreitet hat, dies bewusst war.
  • Formalbeleidigung: Selbst wenn eine beleidigende Behauptung wahr ist, kann sie je nach Formulierung herabwürdigend sein. Zum Beispiel gilt „Schwuchtel“ zur Bezeichnung eines Homosexuellen als Beleidigung.
  • Respektlosigkeit: Unhöfliche Kommentare oder unfreundliche E-Mails an Kunden können abmahnfähig sein, ohne dass sie eine Beleidung im strafrechtlichen Sinne darstellen.

Ist Mobbing ein Abmahnungsgrund? Der Arbeitgeber ist berechtigt, einem Arbeitnehmer eine Abmahnung wegen Mobbing zu erteilen. Wenn der Mobbende sein Verhalten dann nicht ändert, kann der Arbeitgeber sogar verpflichtet sein, ihm die Kündigung auszusprechen.

Kündigung wegen Beleidigung ohne Abmahnung – Ist das rechtens?

In der Regel ist eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ohne vorherige Abmahnung oft unwirksam. Hat etwa ein Arbeitnehmer seinen Vorgesetzten beleidigt, ist eine Kündigung gerechtfertigt, wenn eine störungsfreie Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist. Allerdings kann der Arbeitgeber die Zukunftsprognose erst dann treffen, wenn er den Arbeitnehmer zunächst mindestens einmal wegen dieses Vergehens abgemahnt hat.

Mit einer Abmahnung wegen Beleidigung des Vorgesetzten oder eines Kollegen soll dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten vor Augen geführt werden. Mit der Abmahnung werden dem Mitarbeiter nicht nur im Falle weiterer Vertragspflichtverletzungen arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht, sondern ihm wird auch die Chance eingeräumt, sein Verhalten zukünftig zu ändern.

Im Ausnahmefall ist auch eine ordentliche Kündigung wegen Beleidigung ohne Abmahnung möglich, wenn die Beleidigung so schwer war, dass sie das Arbeitsverhältnis auch ohne erneutes Fehlverhalten dauerhaft belastet hat. Ist dem Arbeitgeber nach einer besonders schweren (öffentlichen) Beleidigung nicht zumutbar, die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten, kommt sogar eine fristlose Kündigung wegen Beleidigung in Betracht. Ist das Arbeitsklima nachhaltig gestört, ist eine Abmahnung nicht mehr ausreichend, um einen störungsfreien Arbeitsablauf zu ermöglichen.

Beispiel aus der Praxis: Kündigung ohne Abmahnung wegen rassistischer Äußerung

Kündigung wegen rassistischer Bemerkung

Der Fall: Ein seit 13 Jahren als Serviceagent in einem Logistikunternehmen beschäftigter Arbeitnehmer, der zugleich als Betriebsratsmitglied fungierte, geriet während einer Betriebsratssitzung in ein Wortgefecht mit einem dunkelhäutigen anderen Betriebsrat. Der Arbeitnehmer soll dabei gegenüber dem dunkelhäutigen Betriebsrat Affenlaute („Ugah, Ugah“) ausgestoßen haben. Im Anschluss an diesem Vorfall sprach der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die fristlose Kündigung aus.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 09.11.2018: Das Arbeitsgericht erklärte die fristlose Kündigung für wirksam. Berücksichtigt wurde dabei, dass der Gekündigte zuvor bereits wegen ähnlichem Fehlverhalten abgemahnt worden war. Zudem habe er sich im Nachhinein uneinsichtig gezeigt, was seine Beleidigungen betrifft.

Der Gekündigte ging in Berufung, doch das Landesarbeitsgericht Köln wies diese zurück. Eine Beschwerde des gekündigten Arbeitnehmers vor dem Bundesarbeitsgericht scheiterte ebenso. Weil der Gekündigte sich in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt sah, wandte er sich zusätzlich mit einer Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Richter entschieden, dass sich eine menschenverachtende Diskriminierung nicht unter Berufung auf die Meinungsfreiheit rechtfertigen ließe.

Beleidigung am Arbeitsplatz: Abmahnung oder Kündigung?

Ob nach einer missbilligenden Äußerung eine einfache Ermahnung des Arbeitnehmers ausreicht oder eine Kündigung oder Abmahnung wegen Respektlosigkeit gegenüber Vorgesetzten oder Kollegen die richtige Wahl ist, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:

  • Wer hat Kenntnis von der Beleidigung? Es macht einen Unterschied, ob missbilligende Äußerungen unter Kollegen, direkt gegenüber dem Chef oder zum Beispiel öffentlich im Internet hervorgebracht werden.
  • Wie ist der übliche Umgangston am Arbeitsplatz? Äußerungen im Alltag sind unterschiedlich zu bewerten, denn auf einer Baustelle herrscht ein anderer Umgangston als etwa in einem Büro oder in einer Privatklinik. So kann eine Abmahnung wegen rauem Umgangston im Architektenbüro eher gerechtfertigt sein als unter Bauarbeitern.
  • Welche Situation führte zur Beleidigung? Es kommt darauf an, ob die unangemessene Äußerung in einer normalen beruflichen Besprechung oder auf einer ausgelassenen Betriebsfeier getätigt wurde. Sind vorausgegangene Provokationen des Gegenübers der Auslöser für die Beleidigung, ist diese gegebenenfalls nachvollziehbar und nicht unbedingt ein Grund für eine Abmahnung wegen Beleidigung von Kollegen. Eine grundlose Beleidigung hingegen kann eine Abmahnung rechtfertigen.
  • Wie ernst war die unangemessene Äußerung gemeint? Scherzhafte Bemerkungen können zwar verletzend sein, sind aber nicht mit hasserfüllten, diskriminierenden Äußerungen vergleichbar.
  • Besteht die Gefahr der Wiederholung? Wenn es sich bei der Beleidigung um einen einmaligen Ausrutscher handelt, ist die Sache anders zu bewerten, als wenn jemand immer wieder respektloses Verhalten an den Tag legt.
  • Wie schwerwiegend war die Beleidigung? Die Art und Schwere der Beleidigung spielen eine Rolle bei der Einordnung. Schimpfworte oder tätliche Beleidigungen (etwa Anspucken) haben eine andere Qualität als ein unbedachter, unfreundlicher Kommentar.
  • Wie ist der Bildungsgrad des Arbeitnehmers? Im Allgemeinen werden an einen Akademiker strengere Anforderungen gestellt als an jemanden mit geringerer Bildung.

Arbeitgeber abmahnen wegen Beleidigung oder Bossing? Verletzt ein Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht, kann der betroffene Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber abmahnen. Auch wenn der Chef nichts gegen Mobbing im Betrieb unternimmt, obwohl er davon weiß, kann er abgemahnt werden.

Wie sieht eine Abmahnung wegen Beleidigung eines Kollegen oder des Vorgesetzten aus?

Abmahnung Mitarbeiter wegen Beleidigung am Arbeitsplatz

Da ein respektloses oder beleidigendes Verhalten gegenüber Vorgesetzten oder Kollegen die Rücksichtnahmepflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt, kann ein auch geringfügiger Verstoß zu einer Abmahnung der Mitarbeiter wegen Beleidung führen. Mit der Abmahnung erhält der betroffene Arbeitnehmer die Möglichkeit, sein Verhalten zu bessern.

In der Abmahnung muss konkret aufgeführt sein, wann (Ort und Datum) sich der Abgemahnte in welcher Form unangemessen verhalten hat. Der Verfasser der Abmahnung muss klar herausstellen, dass dieses Verhalten gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstößt. Weiterhin muss er dem abgemahnten Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Konsequenzen (eine Kündigung) für den Wiederholungsfall androhen.

Die Beweispflicht für das Fehlverhalten des Arbeitnehmers liegt stets beim Arbeitgeber. Ist die Beleidigung etwa im Internet online zu sehen, sollte der Arbeitgeber den Beweis durch einen Screenshot sichern. Weiterhin kann der Arbeitgeber auf Zeugenaussagen als Beweismittel zurückgreifen.

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Maik Wünsche

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