Äußerungsrecht – Parteiinterne Auseinandersetzung

Veröffentlicht am in Medienrecht

Äußerungsrecht – Antrag auf Erlass einer äußerungsrechtlichen Verfügung

Berlin – Die Berliner Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN hat im Rahmen einer parteiinternen Auseinandersetzung einer im Abgeordnetenhaus vertretenen Partei einen Antrag auf Erlass einer äußerungsrechtlichen Verfügung erfolgreich abwehren können.

Der Auseinandersetzung ging ein parteiinternes Ordnungsverfahren voraus. Der auf Erlass von parteiinternen Ordnungsmitteln gerichtete Antrag war von dem Antragsteller online zugänglich gemacht worden. Nachdem die gegen die Antragsgegnerin ausgesprochene Ordnungsmaßnahme innerparteilich zurückgenommen worden war, hatte sie den Vorgang auf ihrer privaten Internetseite ausführlich dokumentiert. Darin hatte sie dem Antragsteller unter anderem vorgeworfen, Partei- und Fraktionsstrukturen instrumentalisiert, einen Meinungsbildungsprozess falsch dargestellt und seine Absichten durch Missbrauch einer journalistischen Tätigkeit durchgesetzt zu haben.

LG Berlin wies Antrag auf Unterlassung zurück

Nachdem eine außergerichtliche Abmahnung zurückgewiesen worden war, riet Rechtsanwalt Johannes von Rüden der Antragstellerin dazu, beim Landgericht eine sogenannte Schutzschrift zu hinterlegen. „Im Rahmen von einstweiligen Verfügungsverfahren stellt man so sicher, dass das Gericht nicht nur auf der einseitigen Sachverhaltsdarstellung des Antragstellers die Sache entscheidet“, erklärte von Rüden das Vorgehen. Das Landgericht Berlin wies mit Beschluss vom 12.11.2015 (LG Berlin, Beschl. v. 12.11.2015, 27 O 580/15, rechtskräftig) einen Antrag auf Unterlassung der angegriffenen Äußerungen zurück. Zur Begründung führte die Pressekammer des Landgerichts aus, dass es sich bei den angegriffenen Äußerungen um Werturteile und Meinungsäußerungen handele. Ob die Äußerungen „wahr oder unwahr“ sind, könne bei ihnen im Gegensatz zu Tatsachenbehauptungen nicht beurteilt werden, weil sie grundsätzlich nicht dem Mittel des Beweises zugänglich seien. Sie sind von dem Element der Stellungnahme geprägt und geben eine Bewertung des sich Äußernden wieder.

Äußerungen keine innere Tatsachenbehauptungen

Das Gericht hatte sich auch damit auseinanderzusetzen, ob sogenannte innere Tatsachenbehauptungen vorliegen, die verboten werden können, falls der Gegenstand der Äußerung ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten eines Dritten ist und die Klärung seiner Motivlage anhand äußerer Indiztatsachen möglich erscheint. Hierbei handelt es sich also um Mutmaßungen zu Motiven, aus denen eine Person gehandelt hat. Das Gericht wies in seinem Beschluss jedoch darauf hin, dass die vorliegend angegriffenen Äußerungen nicht als innere Tatsachenbehauptungen aufzufassen seien, sondern als Meinungsäußerungen, „da das Anliegen der Antragsgegnerin in der Kritik an der inneren Haltung des Antragstellers liegt.“ Indem die Antragsgegnerin jeweils angeführt hatte, worauf sich ihre Kritik bezog (sogenannte Anknüpfungstatsachen), seien die Meinungsäußerungen auch zulässig.  Zudem wies das Gericht darauf hin, dass es einigen der angegriffenen Äußerungen teils keinen eigenständigen „Tatsachenkern“ entnehmen konnte und andere angegriffene Äußerungen zum Teil „auch gar nicht auf der Internetseite der Antragsgegnerin enthalten“ waren.

Äußerungen keine Schmähkritik

Bei den Äußerungen würde es sich auch nicht um eine Schmähkritik handeln, die nicht mehr hinzunehmen ist. Von einer Schmähkritik wird gesprochen, wenn die sachliche Auseinandersetzung in der Sache derart in den Hintergrund gedrängt wird, dass die persönliche Herabsetzung der anderen Person im Vordergrund steht. Wegen seiner die Meinungsfreiheit verdrängenden Wirkung, sind von den Fachgerichten entsprechend hohe Anforderungen an das Vorliegen einer Schmähkritik zu stellen. Das Landgericht Berlin weist diesbezüglich darauf hin, dass es sich bei der Auseinandersetzung nicht um Schmähkritik handelt, „da die Auseinandersetzung einen Sachbezug hat“.

Berechtigtes Berichterstattungsinteresse

Nach dem Prinzip des Gegenschlages muss zudem derjenige, der seinerseits durch scharfe Äußerungen Anlass zu Kritik gibt, selbst auch aggressive, scharfe Sprache und ein gewisses Maß an Provokation hinnehmen. Dies gelte auch vorliegend gegenüber dem Antragsteller, der die Vorwürfe gegen die Antragsgegnerin selbst öffentlich gemacht hat. Aufgrund des Vorgehens des Antragstellers bestehe zudem ein „berechtigtes Berichterstattungsinteresse“ seitens der Antragsgegnerin.

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