Strafmündigkeit, Schuldfähigkeit & Schuldunfähigkeit

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Die Strafmündigkeit stellt eine positive Prozessvoraussetzung dar. Der Begriff drückt aus, dass eine Person aufgrund einer begangenen Straftat verurteilt und bestraft werden kann. Jugendliche gelten ab 14 Jahren als bedingt strafmündig, ab 18 Jahren als voll strafmündig. Die Strafmündigkeit bezieht sich somit auf das Alter, ab dem eine Person nach deutschem Recht in der Lage ist, die Wirkung ihrer Tat bewusst zu erkennen. Die Strafmündigkeit ergibt sich aus § 19 StGB (Schuldunfähigkeit des Kindes), wonach eine Person grundsätzlich schuldunfähig ist, wenn sie bei Tatbegehung noch nicht 14 Jahre alt ist.

Nicht alle TäterInnen handeln schuldhaft

Die Schuldunfähigkeit des Kindes nach § 19 StGB benennt einen Schuldausschließungsgrund. Darüber hinaus bestehen weitere strafmildernde oder schuldausschließende Gründe, die im Strafverfahren ggf. zu prüfen sind. Grundsätzlich bedarf es zur Schuldfähigkeit:

  1. der Einsichtsfähigkeit und

  2. der Steuerungsfähigkeit.

Die Einsichtsfähigkeit, strafbares Handeln zu erkennen, setzt voraus, dass der/die Täter/in die begangene Tat rechtlich und moralisch einordnen kann sowie die Folgen für eventuelle Opfer und für sich selbst versteht. Wenn jemand diese Einsicht hat und trotzdem eine Straftat begeht, handelt er oder sie vor dem Gesetz schuldhaft, sofern auch die Steuerungsfähigkeit gegeben ist.

Zur Steuerungsfähigkeit gehört, dass der/die Täter/in in der Lage ist, sein/ihr Handeln entsprechend seiner/ihrer Einsicht zu steuern.

Sollte ihm oder ihr eines dieser Kriterien (etwa aufgrund von Drogeneinfluss oder psychischer Störung) fehlen, kann die Schuldfähigkeit eingeschränkt sein. Ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang der Grad der Einschränkung und ob sich diese auf die Tatumstände beziehen lässt.

Schuldfähigkeit & Verantwortlichkeit:
Ab wann ist man strafmündig?

Der Begriff Schuldfähigkeit impliziert de facto die Strafmündigkeit. Beide bezeichnen damit den Status eines Menschen in Bezug auf die Möglichkeit, diesen für eine begangene Straftat strafrechtlich verfolgen und verurteilen zu können.

Der von der Gesetzgebung und im Strafrecht offiziell genutzte Begriff lautet Schuldfähigkeit (entsprechend StGB) bzw. Verantwortlichkeit (gemäß Jugendgerichtsgesetz / JGG).

So ergeben sich folgende Formen, die mit der Strafmündigkeit in Zusammenhang stehen und die je nach Alter sowie dem geistigen Zustand des/der Täters/Täterin Anwendung finden:

  1. Schuldunfähigkeit (u. a. bei Kindern unter 14)

  2. bedingte Schuldfähigkeit (bei Jugendlichen bis 18),

  3. verminderte Schuldfähigkeit und

  4. volle Schuldfähigkeit.

Schuldunfähigkeit

Schuldunfähigkeit kommt gemäß § 19 StGB grundsätzlich Kindern zu, die bei Tatbegehung jünger als 14 Jahre sind. Ebenfalls schuldunfähig sind gemäß § 20 StGB Personen, die aufgrund einer krankhaften seelischen Störung, einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder verminderter Intelligenz unfähig sind, Recht von Unrecht zu unterscheiden.

Bei festgestellter Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB kann das Gericht die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung oder Entziehungsanstalt anordnen, insbesondere wenn ein Risiko zu weiteren erheblichen Straftaten besteht.

Bedingt schuldfähig nach JGG

Die bedingte Schuldfähigkeit besteht nach deutschem Recht (§ 3 JGG) bei Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren. Diese sind bedingt verantwortlich, d. h. nur dann schuldfähig, wenn sie die zur Reflexion der begangenen Straftat notwendige geistige Reife aufweisen. Konkret entscheidet das Jugendgericht hier von Fall zu Fall, ob der oder die Jugendliche bereits reif genug ist, das Unrecht der begangenen Tat zu verstehen, sodass eine entsprechende Orientierung für bewusstes/einsichtiges Handeln vorlag. Lässt sich eine gewisse Mindestreife nicht feststellen, besteht keine Schuldfähigkeit bzw. Verantwortlichkeit. Das Feststellen der bedingten Schuldfähigkeit bzw. Strafmündigkeit erfordert dabei eine gesonderte Prüfung. Es muss zweifelsfrei festzustellen sein, dass die Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen, nicht gegeben war und, dass der/die Täter/in nicht in der Lage war, entsprechend dieser Einsicht zu handeln.

Verminderte Schuldfähigkeit

Eine verminderte Schuldfähigkeit besteht nach § 21 StGB, wenn der oder die (volljährige) Täter/in eine erheblich gestörte Fähigkeit zur unbehinderten Wahrnehmung und rechtskonformen Handlung besitzt. Verminderte Schuldfähigkeit ergibt sich dementsprechend aus Gründen seelischer Beeinträchtigung, die zu einer erheblichen Verminderung der Einsichtsfähigkeit führen. Kann ein/e Täter/in, das begangene Unrecht nicht hinreichend begreifen und hat daher gesetzeswidrig gehandelt, ist gemäß § 49 Abs. 1 StGB eine Strafmilderung möglich.

Die Schuldfähigkeit kann eingeschränkt sein, wenn ein volljähriger Täter aufgrund dauerhafter psychopathologischer Störungen oder temporärer tiefgreifender Bewusstseinsstörungen – etwa durch Alkohol- oder Drogenkonsum – nicht in der Lage ist, die Unrechtmäßigkeit seines Handelns zu reflektieren. Für die Beurteilung des Zustands zur Tatzeit ist in der Regel die Einbeziehung eines medizinischen Sachverständigen notwendig.

Strafbarkeit bei Selbstverschuldung: Eine Person, die sich selbst in einen Zustand versetzt hat, der ihre Schuldfähigkeit beeinträchtigt, bleibt strafmündig. Ein „bewusstseinsgestörter Zustand“ zur Tatzeit, kann die Strafe mildern, führt jedoch nicht zur vollständigen Straffreiheit. Die verminderte Schuldfähigkeit muss im gerichtlichen Verfahren festgestellt werden.

Volle Strafmündigkeit

Mit dem 18. Geburtstag tritt nach deutschem Recht die volle Strafmündigkeit ein. Dennoch können in Ausnahmen auch volljährige Täter/innen noch bis zum 21. Lebensjahr nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden. Das ist abhängig davon, wie der/die Richter/in eventuelle Optionen der Resozialisierung des/der Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen beurteilt. Sieht das Gericht für den/die Täter/in einen Weg zum Zurückfinden ins „normale Leben“, können Urteil und Strafe milder ausfallen.

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FAQ: Häufige Fragen zum Thema Strafmündigkeit & Schuldfähigkeit

Was bedeutet Strafmünigkeit?

Strafmündigkeit bezeichnet die Fähigkeit zur strafrechtlichen Verantwortung eines Menschen. Im Kontext des Erwachsenenstrafrechts spricht man von Schuldfähigkeit, im Jugendstrafrecht von Verantwortlichkeit.

Strafmündig ist nicht dasselbe wie mündig. So kann ein Jugendlicher bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahrs strafmündig sein, mündig jedoch erst mit 18 Jahren. Der ausschlaggebende Punkt ist in diesem Zusammenhang die Fähigkeit zur Einsicht und das Handeln nach dieser. Eine jugendliche Person, die einsieht, Unrecht bzw. eine strafbare Handlung begangen zu haben, erfüllt ab einem Alter von 14 Jahren die Voraussetzung der Strafmündigkeit und hat sich somit unter bestimmten Voraussetzungen für begangene Taten rechtlich zu verantworten.

Junge Erwachsene gelten ab dem 18. Geburtstag als voll strafmündig. Die Anwendung des Jugend- und Erwachsenenstrafrechts richtet sich jedoch danach, ob die Tat ggf. noch als „altersbedingte Verfehlung“ einzustufen ist. Sofern ein junger Erwachsener eher unreif wirkt und in seiner Entwicklung eher der eines Jugendlichen gleichkommt, bleibt das JGG anwendbar. Ab dem 21. Lebensjahr gilt ausschließlich das Erwachsenenstrafrecht, eine Person ist dann voll strafmündig bzw. schuldfähig.

Kinder unter 14 gelten gemäß § 19 StGB als grundsätzlich schuldunfähig und besitzen entsprechend keine Strafmündigkeit. Die Staatsanwaltschaft kann keine Anklage erheben.

Die Schuldfähigkeit setzt voraus, dass eine Person in der Lage ist, das Unrecht ihrer Tat zu erkennen und entsprechend zu handeln. Bei Jugendlichen und Menschen mit psychischen Erkrankungen wird die Schuldfähigkeit individuell bewertet, wobei sich Faktoren wie Einsichtsfähigkeit und Reife auf die rechtliche Einstufung auswirken.

Der Gesetzgeber geht bei Personen, die eine Straftat begehen, grundsätzlich von einer Schuldfähigkeit bzw. Strafmündigkeit aus, sofern diese über Einsichts- und Steuerungsfähigkeit verfügt.

Schuldunfähig sind Personen, die das 13. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Darüber hinaus können auch starke seelische Beeinträchtigungen zu einer Schuldunfähigkeit führen.

Schuldunfähige TäterInnen können nicht bestraft werden. Die Strafe für eingeschränkt schuldfähige TäterInnen kann milder ausfallen.

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