Im Dieselskandal musste Fiat-Chrysler Automobiles (FCA) erneut eine Niederlage hinnehmen: Mit Urteil vom 27. Dezember 2021 hat das Landgericht (LG) Landau einem Wohnmobilbesitzer Schadensersatz in Höhe von rund 48.000 Euro zugesprochen. Damit sind die Chancen von Wohnmobil-Besitzern, sich vor Gericht gegen Händler und Autobauer durchzusetzen, weiter gestiegen. Betroffene sollten jetzt zeitnah Schadensersatz fordern – bevor ihre Ansprüche verjähren.
Für den FCA-Konzern wird es im Fiat-Dieselskandal immer enger: Nach den Landgerichten Stade, Koblenz und Gera sieht jetzt auch das LG Landau die FCA Italy S.p.A. in der Verantwortung für den Abgasskandal. Mit ihrer Entscheidung vom 27. Dezember 2021 stellen die Richter am LG Landau fest, dass die FCA als Herstellerin des Wohnmobil-Grundmodells Fiat Ducato auf Schadensersatz haftet (Az. 2 O 169/21). Das Neue an diesem Fall: Es handelt sich nicht wie bisher um ein sogenanntes Versäumnisurteil, bei dem die beklagte Partei sich nicht zu den Vorwürfen äußert. Fiat hat sich vor dem LG Landau erstmals im Abgasskandal verteidigt – und auch diesen Prozess verloren.
Fiat muss 48.155 Euro Schadensersatz zahlen
Im aktuellen Fall vor dem LG Landau ging es um ein Wohnmobil V 600 G des Herstellers Pilote, das der Kläger im November 2015 für 47.500 Euro gebraucht gekauft hatte. Das Fahrzeug verfügt über einen für den Fiat Ducato typischen 3,0-Liter-Motor mit 180 PS der Euronorm 5b. Das Gericht folgte im Wesentlichen dem Antrag des Klägers und verurteilte FCA wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 48.155,93 Euro plus Zinsen. Dass die Schadensersatzsumme höher ausfällt als der ursprüngliche Kaufpreis, erklärt sich dadurch, dass der Besitzer nach dem Kauf noch Aufwendungen für Nachbauten an dem Fahrzeug hatte.
Für das Gericht steht fest, dass das Wohnmobil über eine illegale Prüfstanderkennung verfügt, die dafür sorgt, dass die Abgaswerte im Test auf das gesetzliche Maß „optimiert“ werden. Die Abgasnachbehandlung zur Verminderung der Stickoxidemissionen verringert sich rund 22 Minuten nach dem Motorstart. Weil der Testzyklus jedoch nur rund 20 Minuten dauert, führt die Reduktion dazu, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten werden.
Emissionswerte beim Fiat Ducato bis zu 19-fach erhöht
Das reale Abgas-Emissionsverhalten des Fiat Ducato beträgt das bis zu 19-Fache des Grenzwerts, übersteigt den zulässigen Grenzwert also drastisch. Außerdem wurde in dem Motor ein Thermofenster verbaut, das die Abgasreinigung über die Außentemperatur des Fahrzeugs regelt und bei bestimmten Außentemperaturen ausschaltet. Die Richter gehen davon aus, dass der FCA-Vorstand von der unzulässigen Abschalteinrichtung wusste, aber aus Profitgier die Schädigung seiner Kunden hingenommen habe. Sie bezogen sich auf die entsprechenden VW-Urteile des Bundesgerichtshofs.
Fast alle europäischen Reisemobilbauer verwenden den Ducato von Fiat Chrysler als Basis für ihre Reisemobile. Folglich nutzen zahleiche Wohn- und Reisemobile, die auf dem Fiat-Transporter Ducato basieren, unzulässige Abschalteinrichtungen. In Deutschland sollen insgesamt mehr als 200.000 FCA-Fahrzeuge betroffen sein, darunter zahlreiche Wohnmobile.
Fiat-Dieselskandal: 2022 verpflichtende Rückrufe durch das KBA?
Die Entscheidung des LG Landau macht erneut klar, dass betroffene Wohnmobilbesitzer jetzt tätig werden sollten. Seit Sommer 2020 ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen Fiat und das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) beklagt in einem Schreiben vom 7. Juli 2021 die Untätigkeit anderer offizieller Stellen im Fiat Dieselskandal. In dem KBA-Schreiben heißt es, dass bei eigenen Untersuchungen in einigen Wohnmobilen „hohe Stickoxidemissionen aufgrund von Unzulässigkeiten“ festgestellt worden seien, bisher aber keine Maßnahmen eingeleitet wurden. Daher prüfe man weitere Schritte, damit die „Unzulässigkeiten“ in den betroffenen Fahrzeugen entfernt werden.
Es dürfte also nicht mehr lange dauern, bis Wohnmobile, die auf dem Fiat Ducato basieren, in Deutschland verpflichtend zurückgerufen werden. Illegale Abschalteinrichtungen haben schwerwiegende Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit – und auf den Wert der manipulierten Fahrzeuge. Werden KBA-Rückrufe angekündigt, können Käufer ihre Schadensersatzansprüche besonders leicht durchsetzen. Die Aussichten für Kläger im Fiat-Dieselskandal sind nach den offiziellen Ankündigungen des KBA sehr gut.
Besitzern von manipulierten Wohnmobilen mit Fiat-Basisgestell raten wir, sich anwaltlich beraten zu lassen. Nutzen Sie unser kostenloses Erstgespräch. Wir prüfen Ihren Fall individuell und besprechen das weitere Vorgehen mit Ihnen. Kontaktieren Sie uns!