Nach über einem Jahr seit Einführung des Leistungsschutzrechtes für Presseverleger (§§ 87f ff. UrhG) und nach einer noch längeren Diskussion um dessen Daseinsberechtigung hatte Anfang des Jahres das Landgericht Berlin erstmals über einen entsprechenden Anspruch zu entscheiden. Der Entscheidung lag allerdings ein Sachverhalt zu Grunde, welcher bei der Neuregelung ganz sicher nicht im Fokus des Gesetzgebers stand. Dennoch bejahte das Gericht im vorliegenden Rechtsstreit eine Verletzung des Leistungsschutzrechts (LG Berlin, Urt. v. 06.01.2015, Az.: 15 O 412/14).
Sachverhalt
Die in Rede stehende Entscheidung des Landgerichts Berlin erging im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens. In dem Rechtsstreit betreibt die Antragstellerin eine Webseite, auf der sowohl Text- als auch Grafikinhalte abgebildet sind. Die Antragsgegnerin, eine Fotoagentur, betreibt ebenfalls eine eigene Webseite. Hintergrund der Auseinandersetzung war, dass die Antragstellerin von der Fotoagentur wegen der Verwendung eines Bildes, an welchem die Fotoagentur die Nutzungsrechte innehat, abgemahnt und zur Nachlizensierung aufgefordert wurde.
Screenshot von angeblicher Urheberrechtsverletzung veröffentlicht
Um diesen Verstoß zu dokumentieren, veröffentlichte die Antragsgegnerin einen Screenshot von der Webseite der Antragstellerin und stellte diesen im Internet zum Abruf bereit. In dieser “Dokumentation” sah nun aber die Website-Betreiberin ihr eigenes Recht verletzt: das Leistungsschutzrecht der Presseverleger. Daher beantragte sie im Rahmen einer einstweiligen Verfügung erfolgreich die Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung des Screenshots durch die Fotoagentur. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Fotoagentur lehnte das Landgericht Berlin nun ab.
Keine Rechtfertigung über das Zitatrecht
Das Landgericht bestätigte in ihrer Entscheidung vom 6. Januar 2015 die einstweilige Verfügung. Auf dem Screenshot sei zu erkennen, dass die Website-Betreiberin unter der Überschrift “Unsere aktuelle Themen” aktuelle gesellschaftliche Themen behandle und Beiträge im Rahmen von periodisch erscheinenden Sammlungen veröffentliche. Bei der Website-Betreiberin handele es sich daher um eine Herstellerin von Presseerzeugnissen im Sinne von § 87f Abs. 1, Abs. 2 UrhG.
Das Presseerzeugnis sei durch das Veröffentlichen des Screenshots im Internet auch öffentlich zugänglich gemacht worden. Es genüge die abstrakte Möglichkeit eines Abrufes durch die Öffentlichkeit. Eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 19a UrhG liegt nach Ansicht der Kammer bereits dann vor, wenn durch die Direkteingabe der URL das Presseerzeugnis frei zugänglich ist. Dieses Leistungsschutzrecht stehe gemäß § 19 a UrhG ausschließlich dem Urheber zu und eine Rechtfertigung – bspw. über das Zitatrecht gemäß § 51 UrhG – sei nicht erkennbar, so das Landgericht Berlin. Daher stehe der Antragsstellerin ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 87 f. Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 Satz 1, 19a UrhG zu.