Freistellung für Arztbesuch oder Corona-Impfung: Was gilt rechtlich?

Veröffentlicht am in Arbeitsrecht

Die meisten Ärzte bieten Sprechzeiten zwischen 8 und 18 Uhr an – also genau in dem Zeitraum, in dem die meisten Beschäftigten arbeiten müssen. Corona-Impftermine im Impfzentrum fallen ebenfalls oft in die reguläre Arbeitszeit. Dürfen Arbeitnehmer ihre Arzt- oder Impftermine deshalb während ihrer Arbeitszeit wahrnehmen und muss der Arbeitgeber den Lohn trotz der ausgefallenen Stunden zahlen?

Wie bei vielen Fragen im Arbeitsrecht kommt es auch bei der Freistellung für einen Arztbesuch auf die genauen Umstände an. In diesem Fall ist entscheidend, wie zwingend notwendig der Termin ist. Wenn der Arbeitnehmer nicht akut erkrankt, gilt ein Arztbesuch grundsätzlich als Privatangelegenheit.

Arbeitsausfall soll möglichst minimiert werden

Beschäftigte sind grundsätzlich verpflichtet, den Arbeitsausfall für den Arbeitgeber möglichst gering zu halten. Sie müssen also versuchen, Arzttermine, die keiner akuten Behandlung bedürfen, außerhalb ihrer Arbeitszeit wahrzunehmen. Bei medizinisch nicht dringend notwendigen Terminen kann das bedeuten, auch mal länger auf einen freien Termin zu warten oder Urlaub zu nehmen.

Arzttermine zur Gesundheitsvorsorge müssen außerhalb der Arbeitszeit wahrgenommen werden – zum Beispiel Termine für Routine-Untersuchungen, Zahnreinigung oder Krebsvorsorge. Wer nicht akut krank ist, hat in der Regel keinen Anspruch auf Freistellung und Lohnfortzahlung. Eine Ausnahme gilt für Schwangere: Arbeitgeber müssen ihre schwangeren Mitarbeiterinnen für Schwangerschafts-Untersuchungen bei vollem Lohn freistellen.

Freistellung wegen einer akuten Erkrankung

Ist ein Arbeitnehmer akut krank, kann er auch während der Arbeitszeit zum Arzt gehen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sich der Arbeitnehmer krank fühlt oder sich verletzt hat und deshalb sofort zum Arzt muss. In dem Fall sollte er seinen Chef umgehend informieren und sich von der Arztpraxis eine Bestätigung geben lassen, dass er den Termin wahrgenommen hat. Zu beachten ist: Wer den Arbeitsplatz für einen Arztbesuch verlässt, ist nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert.

Für Arztbesuche während der Arbeitszeit gilt grundsätzlich: Arbeitnehmer können für die ausgefallene Arbeitszeit Entgelt beanspruchen, wenn der Arztbesuch nach allgemeiner Auffassung notwendig ist. Wird der Mitarbeiter arbeitsunfähig krankgeschrieben, hat er wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Lohnfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz.

Müssen Mitarbeiter für einen Corona-Impftermin freigestellt werden?

Arbeitgeber sind künftig verpflichtet, Beschäftigten eine Impfung gegen das Corona-Virus während der Arbeitszeit zu ermöglichen. Seit dem 10. September 2021 gilt eine Neufassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung. Der neue § 5 Abs. 1 verpflichtet Arbeitgeber, eine Impfung gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2 während der Arbeitszeit zu ermöglichen. „Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten zu ermöglichen, sich während der Arbeitszeit gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 impfen zu lassen.“ Arbeitnehmer müssen also zur Wahrnehmung der Impftermine freigestellt werden. Außerdem sind sie verpflichtet, ihre Beschäftigten über die Risiken einer COVID-19-Erkrankung aufzuklären und über die Möglichkeit einer Impfung zu informieren.

Zwar wird in der Verordnung nicht explizit erwähnt, ob es sich um eine bezahlte Freistellung handelt. Es ist aber davon auszugehen, denn in der Begründung schätzt das Arbeitsministerium die anfallenden Lohnkosten „über die gesamte Gültigkeitsdauer der Verordnung ein Aufwand von bis zu 310,4 Millionen Euro“. Weil ein wesentliches Ziel der Novelle die Erhöhung der Impfquote ist, haben Arbeitnehmer demnach also Anspruch auf Lohn, während sie sich in der Arbeitszeit impfen lassen.

Mit dieser Neuregelung wurde ein besonderer Freistellungsanspruch für Beschäftigte geschaffen. Arbeitnehmer sollten den Zeitpunkt der Abwesenheit mit ihrem Arbeitgeber besprechen und ihn so früh wie möglich über das geplante Fernbleiben von der Arbeit informieren. Die neue Verordnung gilt zunächst bis zum 24. November 2021.

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