Obwohl die Corona-Infektionszahlen in Deutschland aktuell vergleichsweise niedrig sind, arbeiten viele Arbeitnehmer im Homeoffice. Aber wie sieht es mit dem Arbeitsschutz im Homeoffice aus? Zahlreiche Gerichte haben sich bereits mit Unfällen im Homeoffice beschäftigt, denn zu Hause lauern einige Stolperfallen: die Treppe zum Büro, Schwellen und Kabel am Boden und im Weg liegendes Kinderspielzeug. Da kann es schon mal zu Stürzen und Verletzungen kommen. Ist ein Unfall im Homeoffice ein Arbeitsunfall, für den die Unfallversicherung zahlt?
Homeoffice: Muss die gesetzliche Unfallversicherung zahlen?
Wenn eine Arbeitnehmerin während der Arbeitszeit die Kellertreppe zu Hause herunterfällt und sich verletzt, kann das als Arbeitsunfall gelten. Das entschied das Bundessozialgericht (BSG) im Jahr 2018. Die Begründung der Richter: Betriebswege können im Homeoffice auch innerhalb der Wohnung oder des Hauses liegen und den privaten und beruflichen Teil des Gebäudes verbinden.
In diesem Fall lagen die Büroräume der Arbeitnehmerin im Keller ihres Hauses. Dort wollte die Angestellte mit dem Geschäftsführer telefonieren. Beim Weg nach unten stürzte sie und verletzte sich an der Wirbelsäule. Der Arbeitgeber hatte akzeptiert, dass das Wohnhaus der regelmäßige Arbeitsort der Angestellten ist. Da die Arbeitnehmerin also auf dem Weg zum Arbeitsplatz war, als sie den Unfall hatte, gilt der Sturz als Arbeitsunfall.
Die Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) hatte sich geweigert, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil auf der Treppe zwischen privaten und geschäftlich genutzten Räumen kein Versicherungsschutz bestehe. Der Unfall sei zudem nicht bei der Ausführung beruflicher Handlungen, sondern bei vorbereitenden Handlungen erfolgt.
Gang in die Küche war bislang nicht versichert
Anders sah es bis vor wenigen Wochen aus, wenn man sich im Homeoffice einen Kaffee holen wollte. Wege zur Nahrungsaufnahme waren im Homeoffice bislang nicht unfallversichert. Das hatte ein älteres Urteil des Bundessozialgerichts klargestellt. Die Risiken in der privaten Wohnung müsse nicht der Arbeitgeber, sondern der Versicherte selbst verantworten. Die Nahrungsaufnahme sei nicht unfallversichert – also auch nicht die Kaffeepause in der heimischen Küche. Entscheidend war die Frage, ob Handlung und Unfallereignis in einem Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit stehen.
Die gesetzliche Unfallversicherung musste also nur zahlen, wenn es unmittelbar durch Ausübung beruflicher Tätigkeiten zu Unfällen kam. Wurden die beruflichen Tätigkeiten für private Zwecke wie Kaffee holen, Toilettengang oder Rauchen auf dem Balkon unterbrochen, waren Angestellte bisher nicht unfallversichert. Doch eine Gesetzesänderung schützt Arbeitnehmer bei Unfällen im Homeoffice jetzt besser.
Unfallversicherungsschutz im Homeoffice ausgeweitet
Der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice wurde Mitte Juni 2021 durch eine Änderung im SGB VII ausgeweitet. Das am 18. Juni 2021 in Kraft getretene Betriebsrätemodernisierungsgesetz bringt auch eine wichtige Änderung des Unfallversicherungsschutzes mit sich. § 8 SGB VII Abs. 1 wurde wie folgt ergänzt:
„Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz im gleichen Umfang wie bei der Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.“
Waren im Homeoffice bislang nur sogenannte Betriebswege versichert, wie zum Beispiel der Gang zum Drucker in einem anderen Raum, greift der Versicherungsschutz im Homeoffice jetzt auch auf dem Weg in die heimische Küche oder zur Toilette. Der Unfallversicherungsschutz wird außerdem auf Wege ausgedehnt, die Beschäftigte zur Betreuung ihrer Kinder außer Haus zurücklegen müssen. Mit dieser Neuregelung soll eine Gesetzeslücke geschlossen und eine Gleichbehandlung beim Versicherungsschutz im Homeoffice sichergestellt werden.