KBA bestätigt eine prüfstandsabhängige Abgasrückführung bei Mercedes

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Nutzt Daimler eine weitere illegale Abschalteinrichtung? Das Landgericht Hannover hat in einem Abgasskandal-Verfahren, das die Verbraucherrechtskanzlei VON RUEDEN gegen die Daimler AG führt, vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) eine Auskunft erfragt. Das Antwortschreiben der Behörde legt den Verdacht nahe, dass Daimler in Mercedes-Motoren eine bisher unbekannte Abschalteinrichtung nutzt: Offenbar orientiert sich die Abgasrückführung an den Prüfbedingungen für die Zulassung von Fahrzeugen. Bestätigt sich dieser Verdacht, dürfte es für Dieselkläger vor den Gerichten noch mehr Rückenwind geben.

Daimler nutzt Strategie zur Erhöhung der Raten der Abgasrückführung

In dem Verfahren gegen Daimler geht es um einen Mercedes GLC 250 d 4Matic mit dem Euro-6-Dieselmotor OM 651. Auf Nachfrage hatte das Kraftfahrt-Bundesamt erklärt, das Fahrzeug sei amtlich zurückgerufen worden, weil die Rate der Abgasrückführung von den Prüfbedingungen abhängig ist. Wörtlich heißt es dazu vom KBA: „In den betroffenen Fahrzeugen wird eine Strategie zur Erhöhung der Raten der Abgasrückführung (AGR) genutzt. Die Strategie startet unter anderem unter Berücksichtigung der Ansauglufttemperatur sicher im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) und den dort definierten Prüfbedingungen.“

Nach Ablauf einer kumulierten Zeitdauer werde die Strategie abgeschaltet, heißt es in dem Auskunftsschreiben weiter. Dadurch werde die Wirksamkeit der AGR verringert und die Stickoxidwerte erhöhten sich insbesondere unter Bedingungen, in denen das NOx-Nachbehandlungssystem die erhöhten Stickoxidemissionen nicht kompensieren kann. Das streitgegenständliche Mercedes-Fahrzeug hält demnach die Stickoxidgrenzwerte nur innerhalb der Bedingungen des Prüfstands ein. Im normalen Fahrbetrieb werden die Abgase nicht mehr umfassend gereinigt und das Fahrzeug emittiert mehr Stickoxide als gesetzlich zulässig.

KBA stuft AGR-Strategie als unzulässige Abschalteinrichtung ein

„Diese Strategie wurde durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet, da der Fahrzeughersteller keine Begründung der Zulässigkeit der Strategie gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 2 VO 715/2007/EG vorbringen konnte“, so das KBA.

Die Verbraucherrechtsanwälte der Kanzlei VON RUEDEN überrascht diese neue Art der Abschalteinrichtung. Sebastian Steffens, der das Daimler-Verfahren federführend betreut, kommentiert das brisante Schreiben des KBA: „Bisher haben wir angenommen, dass Mercedes-Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 6 wegen Manipulationen am SCR-Katalysator zurückgerufen werden. Wir hatten nur Kenntnis davon, dass das KBA die zu geringe Zuführung von AdBlue in den SCR-Katalysator oder die Steuerung der Kühlmittel-Solltemperatur in Mercedes-Fahrzeugen beanstandet.“ Es ergebe sich erstmals eine Beanstandung der AGR-Rate, die von den definierten Prüfbedingungen abhänge. Besonders die Abschaltung „nach Ablauf einer kumulierten Zeitdauer“ – die sogenannte „Timer“-Funktion – lege nahe, dass die Funktion auf die Einhaltung der Grenzwerte im Prüfstand zugeschnitten ist. „Die Verwendung einer solchen Prüfstandserkennung ist sittenwidrig“, so Steffens.

Droht Daimler jetzt die nächste Klagewelle?

Dass Daimler neben dem Thermofenster beim Motor OM 651 mit den Euronormen 5 und 6 eine Kühlmittel-Sollwert-Temperatur und in Euro 6-Fahrzeugen Strategien zur AdBlue-Dosierung nutzt, stellen inzwischen auch immer mehr Gerichte fest und urteilen im Sinne der Kläger. Doch die Funktionsweise des AGR-Systems in Mercedes-Fahrzeugen wird anscheinend nicht nur temperaturabhängig gesteuert, sondern ist auch an die Prüfbedingungen gekoppelt. Wenn sich herausstellt, dass diese vom KBA beanstandete AGR-Strategie auch in weiteren Fahrzeugmodellen genutzt wird, könnte Daimler die nächste Klagewelle drohen. 

Fahren Sie einen Mercedes GLC 250 d 4Matic mit dem Dieselmotor OM 651 der Abgasnorm Euro 6 oder ein anderes vom Abgasskandal betroffenes Dieselfahrzeug? Die Verbraucherrechtskanzlei VON RUEDEN hat sich auf Fälle im Abgasskandal spezialisiert und bietet betroffenen Dieselfahrern unverbindlich eine kostenlosen Erstberatung über ihre Rechte. Kontaktieren Sie uns! Wir sind gern für Sie da.

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