Schweigen ist keine Zustimmung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat festgestellt, dass Banken und Sparkassen ihre Kunden bei Gebührenerhöhungen unfair benachteiligen. Für Preiserhöhungen oder andere nachteilige Veränderungen der Bedingungen von Banken und Sparkassen reicht es nicht, wenn Kunden nicht widersprechen, so die Richter des BGH. Deshalb sind fast alle Gebührenerhöhungen von Banken und Sparkassen unwirksam. Kunden müssen nur die bei der Kontoeröffnung gültigen Preise entrichten. Wer zu viel gezahlt hat, kann sich jetzt sein Geld ganz einfach zurückholen.
Bislang haben die Geldinstitute ihre Kunden spätestens zwei Monate vor einer Änderung der Preise oder Geschäftsbedingungen informiert. Widersprachen sie nicht, galten die neuen Gebühren als vereinbart. Doch der Bundesgerichtshof ist mit diesem Vorgehen nicht einverstanden und urteilte am 27. April 2021 gegen die Postbank (Az. XI ZR 26/20).
Das bisherige Vorgehen ist laut BGH rechtswidrig und benachteiligt Kunden unfair, sofern mit der Änderung der Geschäftsbedingungen eine Preissteigerung oder eine sonstige Verschlechterung verbunden ist. In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es dazu: „Die Beklagte erhält damit eine Handhabe, das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben und damit die Position ihres Vertragspartners zu entwerten.“
Weitere Details des BGH-Urteils erklärt Rechtsanwalt Johannes von Rüden im Video:
Schweigen darf nicht als Zustimmung zu Verschlechterung gelten
Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Banken und Sparkassen sind gemäß dem BGH-Urteil unwirksam, wenn sie die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen voraussetzen. Das Schweigen eines Kunden als Zustimmung zu werten, ist nicht zulässig. Schweigen kann künftig nur dann als Zustimmung gelten, wenn sich für Kunden nichts verschlechtert. Der BGH schreibt vor: Es sind nur solche Änderungen erlaubt, die für Verbraucher neutral oder günstig sind. Sobald sich Bedingungen verschlechtern, müssen Kunden ihnen aktiv zustimmen. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof bereits im Sinne der Bankkunden geurteilt: Ändern Banken ihre Bedingungen ohne Zustimmung der Kunden, ist zu prüfen, ob das gegenüber Verbrauchern unfair ist.
„Das ist ein Urteil mit Signalwirkung für die gesamte Bankbranche“, kommentiert Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), das verbraucherfreundliche Urteil des BGH. Es bringe einen echten Mehrwert für Bankkunden, denn es erhöhe ihre finanzielle Sicherheit und Planbarkeit.
Was bedeutet die Entscheidung des BGH für Bankkunden?
Die Auswirkungen des Urteils sind besonders in Bezug auf steigende Kontoführungsgebühren und andere Preiserhöhungen interessant für Verbraucher. Sie sind nur wirksam, wenn Kunden ausdrücklich einverstanden waren – was aber fast nie der Fall war. Bisher hat nämlich vermutlich keine Bank oder Sparkasse ihre Preiserhöhungen nach der Kontoeröffnung von der ausdrücklichen Zustimmung der betroffenen Kunden abhängig gemacht.
Das Urteil könnte also weitreichende Folgen haben: Alle Preiserhöhungen durch das Verfahren „Schweigen als Zustimmung“ sind nach dem aktuellen BGH-Urteil unwirksam. Sparkassen und Banken stehen nur die bei der Kontoeröffnung gültigen Gebühren zu. Die bereits geleisteten Zahlungen der Kunden müssen von den Geldinstituten mit Zinsen erstattet werden. Das Recht auf Erstattung von Beträgen, die vor dem 1. Januar 2018 entrichtet wurden, sind allerdings verjährt.
Muster: Wie Bankkunden sich ihr Geld zurückholen
Mit folgendem Musterschreiben als PDF können sich Kunden an ihre Bank wenden und eine Erstattung der überzahlten Gebühren fordern:
Ihre Bank reagiert nicht? Wir unterstützen Sie gern!
Wenn die Bank die genannte Frist ohne Reaktion verstreichen lässt, ist sie in Zahlungsverzug. Betroffene können sich dann anwaltlich unterstützen lassen – die Bank muss die Kosten erstatten. Die Verbraucherrechtsanwälte der Kanzlei VON RUEDEN unterstützen Sie gern bei der Durchsetzung Ihrer Rechte. Nutzen Sie unsere kostenlose Erstberatung. Sie erreichen uns telefonisch unter der 030 – 200 590 770.