Blitzer-Messfehler: Tausende Bußgeldbescheide könnten unwirksam sein

Veröffentlicht am in Verkehrsrecht

Wer einen Bußgeldbescheid wegen Geschwindigkeitsüberschreitung erhalten hat, sollte überprüfen lassen, mit welchem Messgerät die Geschwindigkeitsmessung vorgenommen wurde. Der bundesweit eingesetzte mobile Blitzer „Leivtec XV3“ hat offenbar massenhaft falsche Messungen durchgeführt. Jetzt wurde das Gerät zurückgerufen, weil der Gerätehersteller Leivtec empfohlen hat, mit seinem Messgerät des Typs XV3 keine Geschwindigkeitsmessungen mehr durchzuführen.

Blitzer Leivtec XV3 hat reihenweise Fehlmessungen geliefert

Im Rahmen von Testmessungen hatten Sachverständige nachgewiesen, dass es bei Messungen mit dem Blitzgerät Leivtec XV3 zu erheblichen Abweichungen gekommen ist. Beim Vergleich von Messungen durch zwei dieser Geräte zeigte das erste Messgerät die Geschwindigkeit 125 km/h und das zweite die Geschwindigkeit 141 km/h – eine Messdifferenz von 16 km/h.

Trotz bestehender Bauartzulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) besteht diese Messunsicherheit mit dem Messgerät Leivtec XV3 schon lange. Obwohl der Verdacht, dass der Leivtec XV3 zu oft falsch misst, schon seit 2019 besteht, haben Leivtec und die PTB erst Ende letzten Jahres darauf reagiert und die sogenannten Auswerterichtlinien verschärft. Damit sollte sichergestellt werden, dass Messungen in „besonders fehleranfälligen Situationen“ nicht länger verwertet werden.

Zu hohe Messergebnisse ausgewiesen

Doch offenbar haben auch Messungen, die nach den strengeren Maßstäben angeblich verwertbar waren, zu hohe Messergebnisse ausgewiesen. Jetzt hat der Hersteller reagiert und alle Behörden, die dieses Messgerät nutzen, gebeten, vorerst keine Messungen mehr vorzunehmen. Focus.de zitiert aus dem Text: „Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass es auch bei Beachtung der Regeln der ergänzten Gebrauchsanweisung zu unzulässigen Messwertabweichungen kommen kann, möchten wir Sie bitten, von weiteren amtlichen Messungen vorerst Abstand zu nehmen.“

Die PTB erklärt dazu außerdem auf ihrer Website, dass sie am 9. März 2021 Kenntnis erlangt habe, dass es zu unzulässigen Messwertabweichungen kommen könne. Sie stelle seit Oktober 2020 „intensive Untersuchungen“ dazu an.

Was betroffene Autofahrer jetzt tun können

Weil bei Messungen mit dem Leivtec XV3 kein standardisiertes Messverfahren mehr vorliegt, müsste ein Gericht jetzt eigentlich alle Messungen gutachterlich prüfen lassen. Das ist jedoch nachträglich oft nicht möglich, weil die Rohdaten nicht bei allen Geräten gespeichert werden. Außerdem ist unklar, ob die Rohdaten richtig erhoben wurden.

Der ADAC rät Autofahrern, die von einem Bußgeldverfahren betroffen ist, ihren Bescheid unbedingt überprüfen zu lassen. Ist das Verfahren, das auf einer Messung mit dem zurückgezogenen Gerät basiert, bereits beendet, sollte man klären lassen, ob eine Wiederaufnahme des Verfahrens oder eine Korrektur der Bußgeldentscheidung möglich ist. Dieses Vorgehen könnte dazu führen, dass auch im Fahreignungsregister bereits eingetragene Punkte wieder entfallen. Im Falle eines Fahrverbots gibt es immerhin zwei Punkte im Fahreignungsregister, deren Tilgung erst nach fünf Jahren erfolgt.

Haben Sie einen fehlerhaften Bußgeldbescheid erhalten?

Wer schon eine Anhörung wegen einer Geschwindigkeitsübertretung erhalten hat, sollte auf die mögliche Unwirksamkeit der Messergebnisse hinweisen und eine Einstellung des Verfahrens fordern. Gegen einen Bußgeldbescheid muss innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Einspruch eingelegt werden.

Hat das zuständige das Amtsgericht bereits ein Urteil gefällt haben, können Rechtsmittel eingelegt werden. Sollten Sie das Bußgeld schon gezahlt und Punkte in Flensburg erhalten haben, können Sie eine Löschung beantragen. Benötigen Sie Unterstützung bei Ihrem Einspruch? Kontaktieren Sie uns! Wir finden heraus, ob sich ein Widerspruch in Ihrem Fall lohnt.

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