Die Corona-Krise stellt Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor große Herausforderungen. Nicht alle Beschäftigten haben die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Doch die Arbeit im Unternehmen und der Weg dorthin mit öffentlichen Verkehrsmitteln bergen Infektionsrisiken. Das wirft viele arbeitsrechtliche Fragen auf, die teilweise juristisch noch nicht ganz klar sind, dafür ändert sich die Corona-Lage zu oft. Doch einige Fragen rund um Corona und Arbeitsrecht lassen sich bereits beantworten.
Greift die Unfallversicherung bei einer Corona-Infektion?
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen. Wenn zum Beispiel ein Mitarbeiter im Treppenhaus stürzt, zahlt normalerweise die gesetzliche Unfallversicherung. Für Verletzungen oder andere Personenschäden am Arbeitsplatz haftet also nicht der Arbeitgeber – es sei denn, er hat vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt.
Im Fall von Corona weigert sich die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), für Schäden aufzukommen, die durch eine Covid-19-Infektion am Arbeitsplatz entstanden sind. Die Begründung: Mit der Einstufung als Pandemie könne nicht mehr von einer Gefahr die Rede sein, die ausschließlich auf die Tätigkeit am Arbeitsplatz zurückzuführen ist.
Wenn sich jedoch eine große Zahl von Arbeitnehmern im Betrieb mit dem Virus infiziert – wie zum Beispiel im Fall des Schlachthofs Tönnies, lässt sich über diese pauschale Weigerung streiten. Schließlich muss hier von einem arbeitsplatzspezifischen Risiko ausgegangen werden.
Gilt die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch in der Quarantäne?
Weil eine Corona-Infektion zur Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgeltFG) führt, entfällt die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Daraus folgt, dass ihm in der Regel ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EntgeltFG zusteht. Der Anspruch ist auf einen Zeitraum von sechs Wochen begrenzt. Anschließend erhalten gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer von ihrer Krankenkasse Krankengeld. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer medizinisch nicht mehr als arbeitsunfähig eingestuft wird, wegen eines noch bestehenden Infektionsrisikos jedoch nicht zur Arbeit gehen kann oder darf.
Darf der Arbeitgeber die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln verbieten?
Solange die Sozialgerichte nicht abschließend geklärt haben, wie die Rechtslage bei Corona-Infektionen am Arbeitsplatz aussieht, besteht für Arbeitgeber die Gefahr, bei fahrlässigem Verhalten für Personenschäden infolge von Covid-19-Erkrankungen haften zu müssen. Wenn infizierte Arbeitnehmer nicht nach Hause geschickt oder Sicherheitsabstände nicht vorgeschrieben und überprüft werden, kann es zu einer Haftung wegen bedingtem Vorsatz kommen.
Muss man ins Büro, wenn Kollegen husten?
Die bloße Befürchtung, sich am Arbeitsplatz möglicherweise mit dem Corona-Virus anzustecken, genügt nicht, damit man der Arbeit fernbleiben darf. Eine nur potenzielle Ansteckungsgefahr – ob auf dem Weg zur Arbeit oder am Arbeitsplatz – gehört zum allgemeinen Lebensrisiko. Es gibt also kein allgemeines Recht des Arbeitnehmers, wegen Covid-19 der Arbeit fernzubleiben, auch dann nicht, wenn er befürchtet, durch Kollegen angesteckt zu werden.
Für das Leistungsverweigerungsrechts müsste die Erbringung der Arbeitsleistung unzumutbar sein (§ 275 Abs. 3 BGB). Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn die Ausübung der Arbeit nachweislich eine erhebliche objektive Gefahr oder einen begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit bedeuten würde. Das bloße Husten von Kollegen ohne weiteren objektiv begründeten Verdacht oder Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr reicht dafür nicht aus.
Darf der Arbeitgeber einen Mitarbeiter nach Hause schicken, der krank wirkt?
Der Arbeitgeber hat aufgrund seiner Fürsorgepflicht die Pflicht, einen objektiv arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer zum Schutz des Betroffenen und der restlichen Belegschaft von der Arbeit fernzuhalten. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer hat dann Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gemäß den Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG).
Schickt ein Arbeitgeber arbeitsfähige und arbeitsbereite Arbeitnehmer rein vorsorglich nach Hause, bleibt er ebenfalls zur Zahlung der Vergütung verpflichtet, denn es gilt der so genannte Annahmeverzug gemäß § 615 S. 1 BGB. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer die ausgefallene Arbeitszeit auch nicht nachholen. Der Arbeitgeber hat nämlich kein Recht, über den privaten Wohnraum seiner Beschäftigten zu verfügen und einseitig Arbeit von zu Hause aus anzuordnen. Dafür bedarf es einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In der derzeitigen Situation ist es aber sinnvoll, sich über die Möglichkeit zu verständigen, im Homeoffice zu arbeiten.
Was sollten Arbeitnehmer tun, die sich krank fühlen?
Wer Husten, Atemnot oder leichtes Fieber hat, muss sich umgehend bei seinem Arbeitgeber krankmelden. Nur so kann das Risiko eingedämmt werden, weitere Personen anzustecken – auch wenn man nicht alle Kriterien des Robert-Koch-Instituts für einen Verdacht auf eine Covid-19-Erkrankung erfüllt.
Für eine Krankschreibung bei Anzeichen einer Erkältung muss man derzeit nicht mehr persönlich zum Arzt – ein Anruf genügt. Nach dem Telefonat darf der Arzt den erkrankten Arbeitnehmer bis zu sieben Tage krankschreiben und die Krankschreibung, falls erforderlich, um weitere sieben Tage verlängern. Diese Regelung des Gemeinsame Bundesausschusses gilt bis zum 31. März 2021.