Besitzer eines Dieselfahrzeugs, das vom Abgasskandal betroffen ist, haben zwei Möglichkeiten, um das manipulierte Auto abzugeben: Sie können es mit Wertverlust verkaufen oder mit einer Klage gegen den Hersteller die Rückabwicklung des Kaufvertrags erreichen. Der Bundesgerichtshof (BGH) – Deutschlands höchstes Gericht – eröffnet nun eine lukrative dritte Möglichkeit: Der Widerruf des Kreditvertrags für das per Darlehen finanzierte Auto.
Sind die Widerrufsinformationen im Kreditvertrag für einen Autokauf nicht vollständig oder korrekt, kann der Darlehensnehmer den Kreditvertrag auch weit nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist zurücknehmen. Dieser „Widerrufsjoker“ ist schon länger bekannt, ließ sich jedoch vor Gericht nicht immer durchsetzen.
BGH-Urteile XI ZR 525/19 und XI ZR 498/19 stärken Rechte des Kreditnehmers
Der BGH hat mit seinen beiden Urteilen mit den Aktenzeichen XI ZR 525/19 und XI ZR 498/19 nun die Verbraucherrechte bei Autokreditwiderrufen gestärkt. Zwei Bedingungen muss dabei die Widerrufsinformation eines Kreditvertrags erfüllen – damit der Vertrag jederzeit widerrufen werden kann:
- Es muss der Kaskadenverweis in der Widerrufsinformation enthalten sein.
- Die Widerrufsklausel sollte vom gesetzlichen Muster abweichen.
Kaskadenverweis macht Widerrufsbelehrung ungültig
Bei einem Kaskadenverweis verweist die Widerrufsbelehrung auf Normen, die wiederum auf andere Normen verweisen, sodass sich eine unübersichtliche Normenkette bildet. Damit ist die Widerrufsbelehrung für den Verbraucher nicht klar und verständlich und gilt daher laut dem Europäischem Gerichtshof (EuGH C-66/19) als nicht ordnungsgemäß. Der BGH vertrat bislang die Rechtsauffassung, dass der Kreditvertrag gültig ist, wenn die Bank bei der Formulierung der Widerrufsinformation auf die gesetzliche Vorlage zurückgegriffen hat.
Abweichung von gesetzlichem Muster ermöglichen Autokreditwiderruf
Bedient sich die Bank in der Formulierung der Widerrufsinformation an einem gesetzlichen Muster, muss sie diese Formulierung aber auch unverändert übernehmen und an den Einzelfall anpassen. Wenn die Widerrufsinformation von der Vorlage abweicht, verliert sie ihre Gültigkeit. Dieser Fall ist gar nicht so selten: Viele Banken fügen der Widerrufsinformation eine Liste der möglicherweise mit dem Kreditvertrag verbundenen Verträge auf – etwa Versicherungen, die gleichzeitig für das Auto abgeschlossen werden können. In vielen Fällen hat der Kreditnehmer einen solchen zusätzlichen Vertrag aber gar nicht abgeschlossen. Dennoch wird der verbundene Vertrag in der Widerrufsinformation aufgeführt. Mit dieser Ergänzung stimmt der Widerrufspassus nicht mehr exakt mit der gesetzlichen Vorlage überein. Das bedeutet: Die Widerrufsfrist beginnt aufgrund des Fehlers nicht zu laufen und der Darlehensnehmer kann den Kreditvertrag auch Jahre nach Vertragsschluss widerrufen.
Kreditwiderruf: Raten erhalten, Auto abgeben
Nach erfolgreichem Autokreditwiderruf bekommt der Kreditnehmer seine gezahlten Raten zurück und gibt das Fahrzeug an die Bank. Damit gilt der Kredit als getilgt. Allerdings muss sich der Fahrzeughalter eine Nutzungsentschädigung für die Gebrauchsüberlassung anrechnen lassen, die von der zu erstattenden Summe abgezogen wird.
Für Verbraucher ist es allerdings nicht leicht zu erkennen, ob sich im Vertrag ein Kaskadenverweis versteckt und ob sich die Widerrufsinformation an das gesetzliche Muster hält. Dabei sind in Autokreditverträgen zahlreicher Banken Fehler zu finden, die einen Widerruf möglich machen – darunter von der VW Bank, der Audi Bank, der Skoda Bank und der Seat Bank sowie der FCA Bank, der Toyota Bank, der RCI Banque S.A. und der Santander Bank. Hier lohnt es sich, einen Anwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht zu konsultieren, der den Kreditvertrag ausführlich prüft. Die Verbraucherrechtskanzlei VON RUEDEN übernimmt die Sichtung Ihres Vertrags gern für Sie. In einem kostenlosen Erstgespräch prüfen wir unverbindlich, ob ein Widerspruch in Ihrem Fall möglich ist und erklären Ihnen die weiteren Schritte. Nehmen Sie gern Kontakt über unser Formular auf!