Nach dem erneuten Lockdown und einer umfassenden Flugplanänderung wegen Corona will Lufthansa ihren Kunden alle Ticketpreise für Flugausfälle zügig erstatten. Doch die Realität sieht derzeit anders aus: Viele Airlines zahlen einer Studie zufolge nur sehr schleppend Erstattungen für Flüge, die wegen der Corona-Pandemie ausgefallen sind. Deshalb haben Verbraucherschützer bereits Klage gegen die Lufthansa eingereicht.
Seit Beginn der Corona-Krise und den damit einhergehenden Reisewarnungen musste die Lufthansa Millionen Flüge stornieren und hat die fristgerechte Erstattung für die Tickets jedoch nach eigenen Angaben versäumt. Noch immer sind laut der Airline etwa 900.000 Vorgänge offen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat sich auf der Hauptversammlung entschuldigt und angekündigt, jeder Kunde erhalte sein Geld zurück – aber wann?
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg klagt gegen Lufthansa
Viele Reisende, deren Flüge aufgrund der Coronakrise storniert wurden, warten nach wie vor auf ihr Geld. Die meisten Fluggesellschaften stellen sich stur und erstatten die Reisekosten selbst nach schriftlicher Aufforderung nicht. Laut Flightright, einem Verbraucherportal für die Durchsetzung von Fluggastrechten, halten sich vor allem Lufthansa und der irische Billigflieger Ryanair sehr zurück, wenn es um Rückzahlungen geht.
Wegen der schleppenden Rückerstattung stornierter Flugtickets hat die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die Lufthansa jetzt verklagt. Vorangegangen war eine Abmahnung durch die Verbraucherschützer: Die Lufthansa habe ihre Kunden nicht über deren Rechte informiert, das Recht auf schnelle Erstattung verschwiegen und den Flugpreis nicht innerhalb von sieben Tagen zurückerstattet.
Verbraucherschützer sehen gezielte Desinformation der Kunden
Die Verbraucherschützer werfen der Lufthansa eine gezielte Desinformation ihrer Kunden vor. Anhand konkreter Fälle wollen sie darlegen, wie Kunden bewusst getäuscht worden seien, indem die Fluggesellschaft bevorzugt Umbuchungen angeboten und nicht über die Möglichkeit einer Rückerstattung informiert habe. „Verbraucher, die nicht wissen, dass sie einen Anspruch auf die Rückzahlung haben, werden durch die falschen Informationen getäuscht“, erklärt der Reiseexperte der Verbraucherzentrale.
Einige Airlines versuchen die Rechtslage zum Thema Ticketpreiserstattung als unklar darzustellen. Zuletzt hat die EU-Kommission aber noch einmal bestätigt, dass eine Gutscheinpflicht unzulässig ist und Passagiere das Geld für ihren ausgefallenen Flug zurückbekommen müssen, wenn sie das wünschen.
Anspruch auf Erstattung innerhalb von sieben Tagen
Grundsätzlich gilt: Wenn eine Airline den Flug storniert und keinen Ersatzflug anbietet, haben Kunden Anspruch auf eine Erstattung der Reisekosten. Doch viele Fluggesellschaften erstatten den Ticketpreis derzeit nicht zurück, weil sie aufgrund der Coronakrise finanzielle Einbußen haben und liquide bleiben wollen.
Nach Art. 8 Abs. 1 a) der Fluggastrechtevordnung (VO 261/2004) haben Kunden bei einer Flugannullierung durch die Fluggesellschaft oder bei einer Flugverlegung ab fünf Stunden ein Wahlrecht zwischen der Erstattung der Flugscheinkosten, der Rückbeförderung zum Abflugort und der Umbuchung. Das gilt für Flüge, die in einem EU-Staat angetreten werden sollten und bei Flügen aus einem Drittland (Nicht-EU-Land), die von einer Fluggesellschaft mit Sitz in der EU ausgeführt werden sollten.
Was tun, wenn die Airline trotzdem nicht zahlt?
Zunächst sollte man seinen Anspruch auf Rückerstattung der Flugkosten gegenüber der Fluggesellschaft nachweislich geltend machen und eine Frist von sieben Tagen setzen – am besten per Einwurf-Einschreiben. Ansprechpartner ist immer die jeweilige Airline, nicht ein Vermittler wie etwa ein Internet-Buchungsportal. Mit dem Online-Reisebüro besteht nämlich nur ein Vermittlungsvertrag. Der Beförderungsvertrag besteht dagegen mit der Fluggesellschaft.
Hier ein Beispieltext für ein Rückerstattungs-Schreiben als Download:
Zahlt die Fluggesellschaft trotzdem nicht, haben Kunden, die ihr Geld schnellstmöglich zurückhaben wollen, mehrere Optionen. Sie können beim Amtsgericht einen Mahnbescheid beantragen, Klage über einen Anwalt einreichen oder sich an eine der Verbraucherzentralen oder die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr wenden.
Rechte mit Anwalt einfordern
Ist der Fall klar und die Airline mit der Rückerstattung des Geldes in Verzug, spricht nichts dagegen, sich an einen Anwalt zu wenden und ihm die Angelegenheit zu übertragen. Das Risiko, einen möglichen Prozess zu verlieren, ist sehr gering. Wenn das Geld schriftlich zurückverlangt wurde und die Zahlungsfrist ergebnislos abläuft oder die Erstattung abgelehnt wird, muss die Fluggesellschaft auch die Anwaltskosten erstatten. Egal, welchen Weg man einschlägt – man sollte nicht zu lange warten, denn der Anspruch verjährt nach drei Jahren.
Sollte die Airline oder der Reiseveranstalter zwischenzeitlich Insolvenz anmelden müssen, sieht es allerdings schlecht aus: Wahrscheinlich bekommen Kunden dann kein Geld zurück. Ob individuell oder pauschal gebucht: Als Privatkunde steht man im Fall einer Insolvenz mit seinen Forderungen an unterster Stelle. Zuerst würden Gläubiger wie Banken und Investoren aus der Insolvenzmasse bedient.