Fünf Jahre VW-Dieselskandal – und noch kein Ende in Sicht

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Vor fünf Jahren löste die Abgasaffäre bei Volkswagen ein Beben aus: Im September 2015 erhielten die US-Vertretungen des VW-Konzerns einen Brief der kalifornischen Umweltbehörde CARB, die damit einen der größten internationalen Industrieskandale mit Ursprung in der Bundesrepublik ins Rollen brachte. Es folgte die schwerste Krise der Unternehmensgeschichte von VW.

Durch die Abgasmanipulationen wurden die US-amerikanischen Abgasnormen nur im Prüfstandmodus erreicht, während im Normalbetrieb ein Großteil der Abgasreinigungsanlage weitgehend abgeschaltet ist. So gelangen giftige Stickoxide (NOx) in die Luft, die die erlaubten Grenzwerte um ein Vielfaches übersteigen.

Das Auffliegen des gigantischen Dieselbetrugs

Am 18. September wurde bekannt, dass die Volkswagen AG eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung ihrer Diesel-Fahrzeuge einsetzt. Per Videobotschaft verkündete VW-Chef Martin Winterkorn noch am selben Tag: „Die Unregelmäßigkeiten bei Diesel-Motoren unseres Konzerns widersprechen allem, für was Volkswagen steht. Auch ich habe zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht die Antworten auf alle Fragen.“ Kurz darauf trat er zurück – ohne die Verantwortung zu übernehmen. Er ist sich „keines Fehlverhaltens bewusst“.

Am 8. Oktober 2015 ordneten die Staatsanwaltschaft Braunschweig und das Landeskriminalamt Niedersachsen Hausdurchsuchungen in den Geschäftsräumen von Volkswagen an. Ziel der Durchsuchung war „die Sicherstellung von Unterlagen und Datenträgern, die mit Blick auf in Betracht kommende Straftatbestände Auskunft über die genaue Vorgehensweise der an der Manipulation der Abgaswerte von Dieselfahrzeugen beteiligten Firmenmitarbeiter und deren Identität geben können.“

Weltweit elf Millionen Fahrzeuge betroffen

Laut der Volkswagen AG ist diese Software in weltweit etwa elf Millionen Fahrzeugen von VW, Audi, Seat und Skoda mit der Motorenreihe VW EA189 im Einsatz. In Europa und in den USA ist auch die Nachfolgereihe VW EA288 betroffen. Im Jahr 2017 entdeckte das Kraftfahrt-Bundesamt außerdem verbotene Abschalteinrichtungen im VW EA897, einem Sechszylinder Euro-6 3,0-Liter-TDI-Motor, der unter anderem im Porsche Cayenne, im VW Touareg und in diversen Audi-Modellen eingebaut wurde.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) teilte am 15. Oktober 2015 mit, dass es sich bei der Motorsoftware um eine „unzulässige Abschalteinrichtung“ handle und ordnete einen verpflichtenden Rückruf von 2,4 Millionen Dieselfahrzeugen an, „um einen regel- und zulassungskonformen Zustand der betreffenden Fahrzeuge herzustellen“.

Der damalige VW-Chef Martin Winterkorn kündigte eine Aufklärung der an, trat dann aber zurück. Auch sein Nachfolger Matthias Müller musste seinen Platz an der Spitze räumen. Jetzt ist Herbert Diess am Zug. Volkswagen musste bereits langwierige Prozesse führen und Strafen in Milliardenhöhe zahlen. Juristisch sind die Folgen des Abgasskandals bis heute nur teilweise aufgearbeitet.

Der tiefe Fall eines Großkonzerns

Volkswagen machte 2015 Milliardengewinne und war nach Toyota der zweitgrößte Autokonzern der Welt – dann der Absturz, ausgelöst durch systematische Manipulationen der Schadstoffwerte, die der Konzern zunächst zu vertuschen versuchte. Doch bereits während eines Treffens am 3. September 2015 gab VW gegenüber der CARB und der US-Umweltbehörde EPA zu, dass Fahrzeuge mit einem „defeat device“ entwickelt und gefertigt wurden, um die Abgaskontrollsysteme teilweise zu umgehen. Damit verstieß jedes dieser manipulierten Fahrzeuge klar gegen amerikanisches Bundes- und Landesrecht.

Der gigantische Betrug von VW hat dramatische Konsequenzen für die gesamte Autobranche. Auch Daimler, Opel, BMW, Fiat, Mitsubishi stehen unter dem Verdacht, in der Schadstoffreinigung in rechtlichen Grauzonen zu agieren. Die Behörden finden in immer mehr Diesel-Modellen unzulässige Abschalteinrichtungen. Zuerst in den USA, dann auch in Europa.

Dieselgate: Gravierende Folgen für die gesamte Autobranche

Im Gegensatz zu VW dementiert Daimler nach wie vor, seine Abgasreinigung zu manipulieren. Der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche stellte im November 2015 unmissverständlich klar: „Wir haben bei Daimler nie betrügerische Software eingesetzt und werden das auch nicht tun.“ Eine Lüge, denn auch in Modellen des Stuttgarter Autobauers entdecken die Behörden unzulässige Abschalteinrichtungen. Auf europäischer Ebene wird in Kürze ein Grundsatzurteil darüber erwartet, ob Hersteller die Abgasreinigung innerhalb bestimmter Bereiche drosseln dürfen.

Das Image des sauberen Diesels ist nachhaltig zerstört und die finanziellen Folgen für die Autokonzerne sind auch fünf Jahre nach dem Auffliegen des „Dieselgate“ noch nicht ganz absehbar: Bisher sind durch den Dieselskandal bei VW und den Tochterunternehmen Audi, Porsche, Seat und Skoda rund 32 Milliarden Euro an Rechtskosten entstanden.

In Deutschland geht die Aufarbeitung weiter

In den USA hat der VW-Konzern seine Schuld gegenüber der Regierung eingestanden und einige Manager müssen Haftstrafen verbüßen. Kunden, Händler und Behörden haben Entschädigungen erhalten. Während Volkswagen die US-Verbraucher auf Druck der Justiz bald entschädigt hat und dort umgehend strafrechtlich gegen die Verantwortlichen vorgegangen wurde, dauert das in Europa sehr lange.

Auch in Deutschland wurden bereits hohe Entschädigungssummen gezahlt und VW will sich noch mit rund 50.000 Einzelklägern einigen. Die strafrechtliche Aufarbeitung ist hierzulande allerdings noch nicht am Ende: Noch steht der Vorwurf der Marktmanipulation im Raum. Wurde die Finanzwelt zu spät über den Abgasbetrug informiert? Das Braunschweiger Landgericht hat die Betrugsanklage gegen Ex-Konzernchef Winterkorn am 9. September 2020 zugelassen. Wann das Verfahren beginnt, ist noch offen. Den ehemaligen VW-Chef und vier weitere Führungskräfte erwartet ein Prozess wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs. Auch in den USA wurde ein Haftbefehl gegen Winterkorn erlassen. Dazu kommen noch Gerichtsverfahren, in denen Anleger von VW Schadensersatz wegen Aktienkurs-Verlusten fordern.

In München stehen seit dem 30. Oktober 2020 Ex-Audi-Chef Rupert Stadler, Ex-Porsche-Chef Wolfgang Hatz und zwei Ingenieure vor Gericht. Den Angeklagten wird Betrug, Falschbeurkundung und strafbare Werbung vorgeworfen. Bis heute ist nicht klar, wer wann über was Bescheid wusste oder sogar angeordnet hatte. Wer wann was genau wusste über die Planung und Umsetzung, bleibt in vielen Punkten bis heute ungeklärt.

Sind Sie vom Dieselskandal betroffen?

Heute – fünf Jahre nach Bekanntwerden des Abgasskandals – stehen die Chancen auf Schadensersatz von den Autokonzernen gut wie nie. Die Kanzlei VON RUEDEN vertritt bundesweit 12.000 Diesel-Fahrer gegen die Autohersteller im Abgasskandal. Sind Sie Besitzer eines betroffenen Diesel-Modells? Wir beraten Sie gern individuell zu Ihren Ansprüchen und unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte. Nutzen Sie einfach unsere kostenlose Erstberatung!

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