Immer mehr Autohersteller bauen zur Steuerung wichtiger Funktionen große Touchscreens in ihre Fahrzeuge ein. Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe stellt die Nutzung von Touchscreens im Auto jetzt allerdings in Frage. Die Richter werteten die Nutzung des Displays zur Bedienung des Fahrzeugs als Verwendung eines elektronischen Geräts – wie die Nutzung des Handys am Steuer. Unerheblich sei dabei, ob das Navigationsgerät fest im Fahrzeug verbaut sei. Ein Tesla-Fahrer musste seinen Führerschein abgeben.
Der betroffene Fahrer hatte im März letzen Jahres versucht, seine Scheibenwischer auf die richtige Geschwindigkeit einzustellen. Bei Tesla funktioniert das über ein Untermenü auf dem Bildschirm. Dabei verlor der Mann die Kontrolle über sein Fahrzeug, kam von der Bundesstraße ab und fuhr gegen mehrere Bäume.
Führerscheinverlust durch Touchscreen-Nutzung
Der Unfallfahrer wurde vom Amtsgericht Karlsruhe zu einer Geldbuße in Höhe von 200 Euro und einem Monat Fahrverbot verurteilt. Das OLG Karlsruhe bestätigte jetzt das Urteil des Amtsgerichts: Der Fahrer habe regelwidrig ein elektronisches Gerät benutzt. Der sogenannte Handyparagraph (§23 StVO) nennt ausdrücklich auch Touchscreens. Geräte wie Mobiltelefone und berührungsempfindliche Bildschirme dürfen nur verwendet werden, wenn man sie nicht in der Hand hält und nur kurz darauf schaut. Längere Interaktionen sind verboten. Damit zählt die Höhe des Bußgeldes zu den Top 10 der teuersten Bußgelder im deutschen Straßenverkehr.
Der Betroffene war der Ansicht, dass es sich beim Geschwindigkeitsregler des Scheibenwischers in seinem Tesla um ein „sicherheitstechnisches Bedienteil“ handele und nicht um ein elektronisches Gerät im Sinne des § 23 Abs.1a StVO, weil es nicht der „Kommunikation, Information oder Organisation“ diene.
Blick darf nur kurz abgewendet werden
In der Entscheidung des OLG Karlsruhe heißt es: „Der fest im Fahrzeug der Marke Tesla eingebaute Berührungsbildschirm (Touchscreen) ist ein elektronisches Gerät i. S. d. § 23 Abs. 1a S. 1 u. 2 StVO, dessen Bedienung dem Kraftfahrzeugführer nur unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift gestattet ist, ohne dass es darauf ankommt, welchen Zweck der Fahrzeugführer mit der Bedienung verfolgt.“
Auch die Einstellung der zum Betrieb des Kraftfahrzeugs notwendigen Funktionen über Touchscreen sei daher nur gestattet, wenn diese mit einer nur kurzen, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepassten Blickzuwendung zum Bildschirm bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen verbunden sei, so das Gericht weiter.
Zwar ist es erlaubt, während der Fahrt sicherheitsrelevante Teile einzustellen, es kommt aber darauf an, wie der Fahrer das macht. Er darf dabei seinen Blick nur kurz von der Fahrbahn abwenden. In diesem Fall musste der Fahrer jedoch für die Intervallschaltung in einem Untermenü aus fünf Einstellungen wählen. Das beurteilte das Gericht als zu viel, besonders im Vergleich zu herkömmlichen Armaturen mit Hebeln und Schaltern. Durch diese Ablenkung sei es zu dem Unfall gekommen.
Folgen für den Fahrer – nicht für Tesla
Das Urteil des OLG Karlsruhe hat nicht nur für Tesla-Fahrer Konsequenzen, sondern auch für Fahrer, in deren Autos etwa die Klimaanlage nur über den Touchscreen eingestellt wird. Auch das könnte laut ADAC künftig als Ordnungswidrigkeit bewertet werden. Das Urteil ist zwar nicht bindend, aber in der Regel folgen untergeordnete Gerichte den Oberlandesgerichten. Sollte ein anderes Oberlandesgericht von diesem Urteil abweichen, müsste der Bundesgerichtshof in dieser Frage entscheiden.
Für Tesla sieht das Gericht keine rechtlichen Konsequenzen, denn die Bedienung des Touchscreens ist unter den angeführten Umständen nicht verboten. Bei einem Tesla-Fahrzeug muss der Touchscreen auch für weitere wichtige Funktionen genutzt werden, zum Beispiel für die Nebelschlussleuchte oder das Fahr- und Standlicht. Tesla müsste also die Menüführung vereinfachen, damit Fahrer den Blick nicht zu lange abwenden müssen.
Der ADAC fordert eine intuitive Bedienung von für die Sicherheit wichtigen Funktionen wie Licht, Blinker, Scheibenwischer und Spiegelneigung. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat in dieser Frage dagegen auf die niederländischen Behörden verwiesen, die dem Fahrzeug die Typgenehmigung erteilt hätten. Der Wagen entspricht also den europäischen Zulassungsvorschriften – das Karlsruher Urteil zur Display-Nutzung ändert daran nichts.
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