VW schuldet getäuschten Kunden im Dieselskandal grundsätzlich Schadensersatz – die Frage ist jetzt: In welcher Höhe muss der Autokonzern die Kläger entschädigen? Die gefahrenen Kilometer werden bislang in der Regel angerechnet. Das bedeutet: Wer seinen Diesel jahrelang gefahren hat, bekommt weniger Schadensersatz. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das bei der gestrigen mündlichen Verhandlung in Karlsruhe erneut bestätigt
Weil betrogene Käufer im Abgasskandal zwar einen Schadensersatzanspruch gegen VW haben, sich die Nutzung aber anrechnen lassen müssen, kann der von VW zu erstattende Kaufpreis in Einzelfällen aufgezehrt werden, wenn die geschätzte Laufleistung des Autos überschritten ist. Das Urteil betrifft also vor allem VW-Kunden, die ihr Fahrzeug schon seit Jahren nutzen.
Fahrzeug war nicht zulassungsfähig
Im Fall, über den am Dienstag verhandelt wurde, ging es um die Nutzungen, die Käufer sich anrechnen lassen müssen. Der Kläger Andreas Otto hatte seinen VW Passat 2014 mit einem Kilometerstand von rund 57.000 Kilometern gekauft. Mittlerweile zeigt der Tacho rund 255.000 Kilometer. Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hatte angenommen, dass ein durchschnittlicher Passat nur 250.000 Kilometer schafft. Der Kläger habe demnach sein Auto „zu Ende“ genutzt und Ansprüche gegen den Volkswagen-Konzern bestünden nicht mehr.
Dem Kläger leuchtet das nicht ein – deshalb ging er in Revision. Er findet, es müsse unabhängig von der Nutzung klargestellt werden, dass er geschädigt wurde: „Weil die Sache von vornherein nicht zulassungsfähig war. Und wenn sie nicht zulassungsfähig war, dann ist sie auch ein Ding, was eigentlich ja nicht benutzt werden durfte. Und somit hätte ich ja jeden Moment angehalten werden können und hätte das Fahrzeug stilllegen müssen.“
Anspruch auf Schadensersatz bleibt bestehen
Das Urteil ist noch nicht gesprochen, aber der Vorsitzende Richter machte in der mündlichen Verhandlung klar, dass der BGH bei seiner Linie bleiben wird. Die klagenden Kunden haben zwar Anspruch auf Schadensersatz wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung, aber sie müssen sich die Kilometer anrechnen lassen, die sie gefahren sind.
In seinem ersten Dieselurteil vom 25. Mai 2020 hatte der BGH allerdings klar vorgegeben, dass der Einsatz illegaler Abgastechnik in Millionen Dieselfahrzeugen sittenwidrig ist und dass den Käufern schon allein durch den Erwerb der Fahrzeuge ein Schaden entstanden ist.
Ein weiterer Streitpunkt ist, ob VW bei Schadensersatzzahlungen auf den zu erstattenden Kaufpreis des Autos noch Zinsen zahlen muss. Bei diesen sogenannten Deliktszinsen geht es wegen der großen Zahl der Verfahren um sehr viel Geld. Es scheint, dass die Richter in dieser Frage zugunsten von VW entscheiden wollen. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch können in manchen Fällen zum Schadensersatz noch Zinsen hinzukommen. Das komme hier grundsätzlich nicht in Betracht, so der Richter, weil das Auto die ganze Zeit genutzt werden konnte.
Noch etwa 60.000 laufende Dieselverfahren gegen VW
Es klagen derzeit noch ungefähr 60.000 Dieselkunden gegen VW. Die meisten können mit Schadensersatz rechnen, weil der Bundesgerichtshof Ende Mai grundsätzlich entschieden hat, dass VW seine Kunden vorsätzlich geschädigt hat. Diese Prozesse will der Konzern beenden und den Klägern stattdessen Einmalzahlungen anbieten. Das sei „die beste Lösung, um Verfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen“, bekräftigte VW am Dienstag. Die Summe hänge vom Einzelfall ab. Wann genau das BGH-Urteil kommt und wie es im Detail aussieht, steht noch nicht fest.
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