Die 13 führenden Automobilhersteller Europas werden die gesetzlichen CO₂-Vorgaben für 2021 voraussichtlich verfehlen. Ab 2021 gelten nämlich strengere EU- Grenzwerte für den CO₂-Ausstoß von Neuwagen. Die Neuwagenflotte der europäischen Herstellers darf dann im Schnitt nur 95 Gramm CO₂ pro Kilometer ausstoßen. Sonst drohen Strafzahlungen in Höhe von 95 Euro pro zusätzlichem Gramm und Fahrzeug. Nach den Berechnungen der Unternehmensberatung PA Consulting könnten auf die 13 führenden Autoherstellern in Europa Strafzahlungen von insgesamt 14,5 Milliarden Euro zukommen.
PA Consulting untersucht schon seit einigen Jahren, welche Fortschritte die Autobauer bei der Senkung der CO₂-Emissionen machen. Zuletzt haben die Hersteller wegen der wachsenden Nachfrage nach PS-starken Autos und SUVs allerdings Rückschritte gemacht. Dazu kommt, dass viele Elektromodelle oder CO₂-arme Plugin-Hybride mit Verzögerung auf den Markt kommen. Geht es so weiter wie bisher, verfehlen alle untersuchten Hersteller die von der EU vorgegebenen Ziele und müssen Strafe zahlen.
Besonders teuer dürfte es für VW werden
Obwohl VW sich klar zur Elektromobilität bekennt, könnte es den Wolfsburger Autokonzern besonders hart treffen – wenn er nicht sehr schnell umsteuert. Die gesamte VW-Flotte dürfte 2021 im Schnitt nur noch 96 Gramm CO₂ pro Kilometer ausstoßen. Die Unternehmensberatung schätzt die möglichen Strafzahlungen auf 4,5 Milliarden Euro jährlich. VW dürfte laut PA-Prognose das Flottenziel um durchschnittlich 12,7 Gramm CO₂ pro Fahrzeug verfehlen. Andere Hersteller sind zwar noch weiter vom Zielwert entfernt, doch VW verkauft in Europa mit Abstand die meisten Fahrzeuge.
VW-Vorstandsvorsitzender Herbert Diess räumt ein, dass 2020 im Hinblick auf die Senkung der CO₂-Emissionen der Neuwagenflotte das Jahr der Wahrheit sei. Um das Ziel innerhalb von zwei Jahren zu erreichen, müsse der rein batteriegetriebene ID.3 ein Erfolg werden.
Auch andere Hersteller müssen zahlen
Mit Strafzahlungen in Milliardenhöhe müssen auch andere Autobauer rechnen: Ford liegt zurzeit mit 16,2 Gramm über dem CO₂-Flottenzielwert und könnte 1,5 Milliarden Euro Strafe zahlen müssen. Bei Daimler sieht es nicht viel besser aus. Auf die Stuttgarter könnte fast eine Milliarde Euro an Strafzahlungen zukommen. BMW dürfte das CO₂-Ziel um etwa 7,6 Gramm überschreiten – macht Strafzahlungen in Höhe von 754 Millionen Euro.
Fiat-Chrysler dürfte laut PA Consulting um 27 Gramm pro Fahrzeug über seinem CO₂-Flottengrenzwertziel liegen, was eine Strafzahlung von 2,4 Milliarden Euro bedeutet. Auch Mazda mit 28,7 Gramm oberhalb des Grenzwerts und Honda mit 25,2 Gramm sind noch weit von den europäischen CO₂-Zielen entfernt. Dank ihres geringen Marktanteils kommen auf diese beiden Hersteller aber relativ moderate Strafen zu. Nur Toyota dürfte seine Flottenziele für 2021 wegen seiner langjährigen Erfahrungen mit Hybrid-Modellen erreichen.
Können die Konzerne noch gegensteuern?
Um die CO₂-Grenzwerte doch noch einzuhalten, müssten die Automobilhersteller in Europa mehr als 2,5 Millionen zusätzliche Elektrofahrzeuge verkaufen. Das wäre bis 2021 eine Steigerung von 1280 Prozent. Bei der verzögerten Produktion und den langen Lieferzeiten bei Elektromodellen dürfte das kaum zu schaffen sein.
PA Consulting räumt ein, dass die Hersteller noch viele Möglichkeiten haben, die Emissionen und drohende Strafzahlungen zu reduzieren. Sie könnten zum Beispiel Rabatte für Elektro- und Plugin-Hybridantriebe gewähren und so mehr saubere Fahrzeuge vermarkten. Weitere Optionen wären Fusionen mit anderen Herstellern oder die Entwicklung von offenen Elektroauto-Plattformen, die sie mit anderen Herstellern teilen können. Dann könnten höhere Stückzahlen die Kosten deutlich senken.
Dafür bleibt den Herstellern allerdings nicht viel Zeit: Laut PA Consulting müssten diese Maßnahmen noch 2020 ergriffen werden. VW startet daher jetzt mit der Herstellung des Elektroautos ID.3, Mercedes produziert größere Stückzahlen seines E-SUV EQC und Citroen, Peugeot und Opel bieten neuerdings ebenfalls etliche Modelle mit Hybridmotor an.