Audi muss auch Euro-4-Diesel zurückrufen

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Schon wieder ein Rückruf: Laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat Audi schon ab 2004 unzulässige Abschalteinrichtung in Diesel-Fahrzeuge einbaut. Deshalb müssen nach einer Anordnung der Behörde vom 5. November jetzt auch ältere Diesel zurückgerufen werden. Diesmal sind die Modelle A4 und A6 der Baujahre 2004 bis 2009 betroffen, die über einen V6-2.7l-Motor der Schadstoffklasse Euro 4 verfügen. Nach Angaben des Unternehmens betrifft der Rückruf etwa 40.000 Fahrzeuge. Das Bundesverkehrsministerium hat den Autokonzern inzwischen zu Anhörungen eingeladen.

Schon der zehnte Rückruf für Audi

Audi bestätigt den Rückruf: „Am 5. November hat das KBA einen Rückruf für Audi-A4- und -A6-Modelle aus den Jahren 2004 bis 2009, in denen ein V6-2.7l-TDI-Motor verbaut ist, angeordnet. Ersten Schätzungen zufolge sind in Deutschland rund 40.000 solcher Fahrzeuge zugelassen. Audi steht hinsichtlich der Abarbeitung mit dem KBA in enger Abstimmung“, so ein Sprecher.

Ältere Diesel, die bis zum 2010 erstzugelassen worden sind, waren bisher von den Rückrufen wegen manipulierter Abgassysteme nicht betroffen. Doch das Kraftfahrt-Bundesamt ist davon überzeugt, dass auch bei den älteren Modellen mit 2,7 und 3,0 Liter Hubraum illegale Abschalteinrichtungen verbaut sind.

Für den Ingolstädter Autokonzern ist das bereits der zehnte Rückrufbescheid im Abgasskandal – insgesamt geht es um 212.000 Fahrzeuge. Im Gegensatz zu Daimler hat Audi bisher keinen Widerspruch gegen die Bescheide des KBA eingelegt.

Abschalteinrichtung in der Akustikfunktion

In den Euro-4-Dieseln von Audi ist nach Auffassung des KBA eine sogenannte Akustikfunktion verbaut. Diese Funktion wurde bei Audi entwickelt, um beim V6-Dieselmotor unangenehme Geräusche – häufig beschrieben als „Nageln“ – zu reduzieren. Sie dient also angeblich als Motorschutz.

Doch die Software erkennt außerdem, ob das Fahrzeug auf dem Prüfstand steht. Die Ingenieure haben die Funktion anscheinend so verändert, dass sie zusätzlich dafür sorgt, die Grenzwerte für giftige Stickoxide einzuhalten, allerdings eben nur auf dem Prüfstand im Testlabor. Im realen Fahrbetrieb stoßen offenbar auch die Euro-4- Diesel von Audi Schadstoffe aus, die deutlich über den erlaubten Grenzwerten von 250 Milligramm pro Kilometer liegen.

Für Experten ist das manipulative Verändern der Akustikfunktion die „Mutter aller Abschalteinrichtungen“. In einem Gutachten für das KBA stuft Georg Wachtmeister von der TU München die Akustikfunktion in Fällen der Grenzwertüberschreitung als unerlaubte Abschalteinrichtung ein. „Eine Anwendung von Bauteil- bzw. Motorschutz ist mit den von Audi vorgebrachten Argumenten nicht gegeben“, so Wachtmeister laut BR.

Anklage wegen Betrugs

Der aktuelle Fall ist für Audi besonders peinlich. Die Entwickler des Konzerns haben offensichtlich für den Gesamtkonzern Volkswagen, darunter auch die Premiummarke Porsche, die manipulierten Motoren konzipiert. Ex-Audi-Chef Rupert Stadler saß deswegen bereits mehrere Monate in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft München II hat Anklage wegen Betrugs, mittelbarer Falschbeurkundung und strafbarer Werbung erhoben.

Neben dem Ex-Manager müssen sich drei weitere Personen vor Gericht verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, Motoren der Marken Audi, VW und Porsche mit unzulässigen Softwarefunktionen ausgerüstet zu haben, die die Abgaswerte verfälschen.

Manipulationsverdacht nicht überraschend

Schon im Juli hatte der Bayerische Rundfunk in der Fernsehdokumentation „Der Fall Audi“ über einen internen Vermerk des Kraftfahrtbundesamtes aus dem Jahr 2018 berichtet. Die Behörde war nach eigenen Messungen bereits zu diesem Zeitpunkt zu dem Schluss gekommen, dass Audi in den Euro 4-Modellen eine unzulässige Abschalteinrichtung in die Akustikfunktion eingebaut hat.

Der Begründung des Autobauers, die Funktion sei eingesetzt worden, um Motorbauteile zu schützen, folgte das Kraftfahrt-Bundesamt schon damals nicht. „Die Funktionalität wird daher als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft“, so die Behörde in ihrem Vermerk vom 26. Juli 2018.

Die Untersuchungen laufen weiter: Nach BR-Informationen könnten Audi jetzt noch weitere Rückrufe drohen. Denn nach Ansicht des KBA ist die Akustikfunktion nicht nur in den Euro 4-Diesel-Modellen A4 und A6 verbaut worden. Auch der A8, der Q7, der VW-Touareg und der VW-Phaeton dürften betroffen sein. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums gibt es dazu noch weitere Untersuchungen.

Schadensersatzansprüche bei Audi A4 und A6 könnten bald verjähren

Sie fahren einen älteren Diesel von Audi? Betroffene erhalten demnächst einen Bescheid vom Kraftfahrtbundesamt und müssen ihre Diesel-Fahrzeuge dann in die Werkstatt bringen. Wie die technische Lösung genau aussehen wird, ist laut Audi noch nicht geklärt. Jedenfalls muss die Abgasanlage jetzt so umgebaut werden, dass die Einrichtung zur Manipulation deaktiviert wird, sodass die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden. Gelingt das nicht, könnte es sein, dass Audi die Fahrzeuge von seinen Kunden zurückkaufen muss. Das dürfte sehr teuer werden.

Für Besitzer älterer Euro 4-Diesel von Audi kommt dieser Rückruf möglicherweise zu spät, weil Schadensersatzansprüche bereits verjährt sein könnten. Wenn man von einem Schaden keine Kenntnis hat, gilt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren. Entscheidend ist dabei der Abschluss des Kaufvertrags. Bleibt zu hoffen, dass Audi den Betroffenen entgegenkommt, falls keine Nachrüstung für Euro 4-Fahrzeuge möglich sein sollte.

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