Seit Donnerstag ist der Berliner Fußball Verein „Hertha BSC“ in den Sog der sogenannten Lolita-Affäre geraten. Presserechtlich gibt es einige interessante Aspekte, die hier beleuchtet werden sollen. Hintergrund ist ein Bericht der Zeitung BZ, in dem behauptet wird, ein 16-jähriges Mädchen habe eine zum Teil sehr intime Beziehung zu Hertha-Profis gehabt. Was an der Geschichte wahr ist oder nicht, kann im Moment kaum geprüft werden – die Aussagen widersprechen sich. Der Fall zeigt aber deutlich, vor welchen presserechtlichen Herausforderungen Juristen nun stehen. Hertha hat bereits angekündigt, juristische Schritte gegen die Veröffentlichungen einzuleiten. Doch wie könnten solche Schritte aussehen?
Gegendarstellungsansprüche
Die BZ wird in Berlin durch die Axel Springer AG verlegt, weshalb das Berliner Pressegesetz anwendbar ist. Nach § 10 Abs. 1 BlnPrG ist eine Gegendarstellung nur gegen Tatsachenbehauptungen möglich. Tatsachenbehauptungen sind von Meinungsäußerungen abzugrenzen und kennzeichnen sich dadurch, dass sie einen objektiv nachprüfbaren Tatsachenkern enthalten. Hierin liegt schon ein Problem. Die BZ hat bewusst keine Namen genannt, nannte die Spieler nur „Spieler 1“, „Spieler 2“ usw.
Es könnten also nur die einzelnen Spieler gegen die Veröffentlichung vorgehen, doch hier wird es wohl daran scheitern, dass sie in den Artikeln individualisiert werden konnten. Es wird sich jetzt wohl keiner der Spieler durch eine Gegendarstellung outen wollen. Da bereits den Spielern kein Gegendarstellungsanspruch zusteht, wird wohl auch dem Verein Hertha BSC kein Anspruch zustehen, gegen die Veröffentlichungen vorzugehen. Der Verein als juristische Person spielt bei den Artikeln lediglich eine nebensächliche Rolle.
Widerruf, Berichtigung usw.
Inwieweit presserechtliche Ansprüche auf Widerruf bzw. Berichtigung einer falschen Berichterstattung bestehen, ist momentan sehr unklar. Dennoch ist eine Tendenz darin zu sehen, dass auch hier die Durchsetzung sehr schwer sein wird. Durch die bewusste Sprachwahl der BZ ist keiner der Spieler individuell hervorgetreten, also erkennbar. Natürlich stellt der Vorwurf, intime Beziehungen zu einer Minderjährigen gepflegt zu haben, einen schwerwiegenden Vorwurf dar. Keiner der Spieler wird nun aber jedoch öffentlich zugeben wollen, was wirklich geschah.
Bildnisveröffentlichungen
Die 16-jährige Schülerin hat mittlerweile eine Berliner Rechtsanwaltskanzlei mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt. Es ist möglich, dass diese durchsetzt, dass die Bilder der 16-Jährigen nicht wieder veröffentlicht werden. Der Eingriff in das Recht am eigenen Bild ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, sondern verpflichtet die Teenagerin dazu, den Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte zu dulden. Damit hätte es nach § 107 BGB zur wirksamen Einwilligung in die Bildnisveröffentlichungen auch der Zustimmung der Eltern bedurft. Diese kann im Nachhinein angefochten werden, falls sie denn überhaupt wirksam vorlag.
Eidesstattliche Versicherungen
Wie aus den verschiedenen Berichten hervorgeht, wurden bereits unzählige eidesstattliche Versicherungen abgegeben. Doch wofür sind diese gut? In einem drohenden einstweiligen Verfügungsverfahren kann das Gericht keine vollständige Beweisaufnahme und Beweiswürdigung durchführen. Daher sind in einstweiligen Verfügungsverfahren immer eidesstattliche Versicherungen als „Beweis“ (juristisch korrekt: zur Glaubhaftmachung) zugelassen. Diese können dem Gericht beim Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorgelegt werden.
Die Angelegenheit zeigt, wie schwierig die Gratwanderung zwischen Pressefreiheit und dem Schutz von Persönlichkeitsrechten ist.