Der Abgasskandal rund um den Automobilhersteller Volkswagen schlug im Herbst 2015 hohe Wellen. Dem Konzern wurde vorgeworfen, er habe eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung seiner Diesel-Fahrzeuge verwendet, um die US-amerikanischen Abgasnormen zu umgehen. Auch in Deutschland zugelassene Fahrzeuge sind betroffen – darunter auch Modelle der Marken Audi, Seat und Skoda.
Wegweisendes Urteil des Landgerichts Hildesheim
Mit Urteil vom 17.01.2017 (Az. 3 O 139/16) hat das Landgericht Hildesheim nun als erstes Gericht in Deutschland entschieden, dass dem Käufer eines Dieselfahrzeuges der Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW zurückzuzahlen ist. Die Kammer sah es dabei als erwiesen an, dass der Käufer durch den Einsatz der sogenannten „Schummelsoftware“ vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden war.
Der zugrunde liegende Sachverhalt
Der Kläger hatte im Jahr 2013 einen Skoda Yeti 2.0 TDI (Elegance Plus Edition) erworben, der mit einem Dieselmotor (EA 189) von Volkswagen ausgestattet war. Dabei war die Motorsteuerung des Fahrzeugs so programmiert, dass diese erkannte, wenn die Messungen der Schadstoffemissionen auf einem Prüfstand erfolgten, und in der Folge weniger Stickoxide abgab als im Normalbetrieb auf der Straße. Darin sah das Landgericht Hildesheim eine gegen das Gesetz verstoßende Manipulation der Motorsteuerung, die zugleich europäische Vorgaben zur Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen nicht erfülle. Eine Absage erteilte die Kammer dem Vortrag von Volkswagen, dass es nicht auf die Emissionswerte des Fahrzeugs im Straßenbetrieb, sondern allein auf die Emissionswerte unter Laborbedingungen im Prüfbetrieb ankomme. Vielmehr sei eine ausschließlich auf den Testzyklus zugeschnittene Programmierung der Abgasbehandlung eine unzulässige Umgehung der einschlägigen Vorschriften.
Die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung
Dadurch habe Volkswagen den Tatbestand einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung im Sinne von § 826 BGB sowie zugleich den Tatbestand des Betruges erfüllt. Denn kein verständiger Käufer würde ein Fahrzeug mit einer nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware erwerben. Letzten Endes habe der Kläger nicht das bekommen, was ihm aus dem Kaufvertrag zustand – ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug. Nach Ansicht des Gerichts konnte Volkswagen nicht darlegen, dass die Manipulationen an der Software nicht vorsätzlich erfolgten.
Ungeklärt blieb somit die zentrale Frage, wie es zur Entwicklung und zum Einbau der Software gekommen ist, wer dies entschieden oder zumindest davon gewusst hatte. Vor allem im Hinblick auf den langen Zeitablauf seit der ersten Entdeckung der Manipulation wertete die Kammer das Fehlen konkreter Ergebnisse zur Aufklärung als unglaubwürdig. Bei dem Einsatz der Motorsteuerungssoftware handele es sich um eine Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Reichweite. Das Vorgehen stelle eine Verbrauchertäuschung dar, mit der Wettbewerbsvorteile erzielt werden sollten.
Die Rechtsfolge: Kaufpreisrückerstattung gegen Fahrzeugrückgabe
Im Ergebnis wurde dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises, nicht nur ein Anspruch auf Minderung zugesprochen. Denn die technischen Folgen der Softwaremanipulation und des dadurch erforderlich gewordenen Updates seien zum jetzigen Zeitpunkt noch überhaupt nicht abzusehen. So sei das Risiko eines erhöhten Wartungsaufwandes oder vorzeitiger Motorschäden nicht auszuschließen. Volkswagen konnte nichts vortragen, um diese Szenarien zu entkräften. Daher muss der Konzern die wirtschaftlichen Folgen des Kaufes dadurch ungeschehen machen, dass er den Kaufpreis gegen Rückgabe des Fahrzeuges erstattet.
Achtung: Verjährung droht 2018!
Das Urteil des Landgerichts Hildesheim darf durchaus als sensationell bezeichnet werden. Denn grundsätzlich gibt es allen Käufern eines Fahrzeugs mit dem Dieselmotor EA 189 (u.a. Volkswagen, Audi, Porsche, Seat und Skoda) die Möglichkeit, den PKW zurückzugeben und den vollen Kaufpreis erstattet zu bekommen. Fällig wird dann lediglich eine Nutzungsentschädigung. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang die Verjährungsfrist, die mit Ende des Jahres 2018 abläuft. Beachtet werden muss zudem, dass die dargelegte Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist und Volkswagen Berufung eingelegt hat. Es bleibt also abzuwarten, ob das Urteil in der nächsten Instanz bestätigt wird.
In vielen Fällen übernehmen mittlerweile die Rechtsschutzversicherungen die Kosten für das weitere Vorgehen gegen die Volkswagen AG. Die Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN vertritt zahlreiche Mandanten gegen die Volkswagen AG. Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.